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Urheberrechts-Novelle 2015 - RV

Bearbeiter: Sabine Kriwanek

Bundesgesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz und das Verwertungsgesellschaftengesetz 2006 geändert werden sollen (Urheberrechts-Novelle 2015 - Urh-Nov 2015)

RV 16. 6. 2015, 687 BlgNR 25. GP

Gesetzwerdung bleibt abzuwarten.

Zum ME siehe LN Rechtsnews 19612 vom 3. 6. 2015. Die dort angeführten Punkte wurden in der RV nur geringfügig abgeändert (siehe weiter unten).

Ausgangslage:

Geänderte wirtschaftliche, technische und rechtliche Rahmenbedingungen haben zu einer Reihe von Reformanliegen geführt, die die Regierungsparteien dazu veranlasst haben, eine Reform des Urheberrechts in das Arbeitsprogramm für die Jahre 2013 - 2018 aufzunehmen. In dessen Umsetzung greift der Entwurf dieses Vorhaben - aufbauend auf Vorarbeiten der vorangegangenen Legislaturperiode - auf.

Änderung gegenüber dem ME

Als wesentlichste Änderung ist hervorzuheben, dass das Leistungsschutzrecht für Presseverleger in der RV wieder aus der Novelle herausgenommen wurde.

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs

-Verwertungsrechte am Filmwerk - Änderung des § 38 UrhG:
Aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchen des HG Wien hat der EuGH in seiner Entscheidung C-277/10 (= LN Rechtsnews 12517 vom 10. 2. 2012 = RdW 2012/164) die Ansicht vertreten, dass die gesetzliche Übertragung der Rechte des Hauptregisseurs als Filmurheber auf den Filmproduzenten („cessio legis“) dem Unionsrecht widerspricht und durch eine Vermutungslösung zu ersetzen wäre. Dies bedeutet zunächst nur, dass § 38 Abs 1 UrhG für den Hauptregisseur nicht mehr iS einer gesetzlichen Rechteeinräumung, sondern als widerlegbare Vermutungsregel zu interpretieren ist. Dennoch soll nun die cessio legis des § 38 Abs 1 UrhG für alle Filmurheber überarbeitet und die deutsche Regelung einer widerlegbaren Vermutung verbunden mit dem Verbot einer Vorausabtretung übernommen werden.
-Vergütungen für private Vervielfältigungen - Neuregelung in § 42b UrhG:
Das UrhG gestattet die Vervielfältigung von Werken zum eigenen und privaten Gebrauch und sieht dafür in § 42b zwei Vergütungsansprüche vor, die den Urhebern Einnahmen aus der privaten Vervielfältigung sichern sollen. Die „Leerkassettenvergütung“ wird auf Trägermaterial eingehoben und soll die Urheber für private Vervielfältigungen auf Bild- und Schallträgern (also für „Aufnahmen“) entlohnen. In Orientierung an der deutschen Rechtslage sollen nun Speichermedien jeglicher Art in die „Leerkassettenvergütung“ einbezogen und anlässlich dessen § 42b UrhG auch in anderen Aspekten überarbeitet werden.
Eine Rückzahlung der Vergütung kommt nur mehr für Letztverbraucher in Betracht, die glaubhaft machen, dass sie die Speichermedien überhaupt nicht für Vervielfältigungen zum eigenen oder privaten Gebrauch nutzen oder nutzen lassen. Dafür wird nach den EB „idR wohl die Vorlage der Rechnung für die Speichermedien und die Ausfüllung eines von der Austro-Mechana auf ihrer Website angebotenen Formulars ausreichen“.
Dieser Rückzahlungsanspruch soll darüber hinaus iSd Praxis der Austro-Mechana sowie der Vorgaben der Entscheidungen des EuGH in den Rechtssachen C-467/08, Padawan (= LN Rechtsnews 9996 vom 22. 10. 2010 = RdW 2010/782), und C-521/11, Amazon (= LN Rechtsnews 15483 vom 12. 7. 2013 = RdW 2013/439), um eine Regelung ergänzt werden, nach der eine Vergütungspflicht von vornherein entfällt, wenn der Zahlungspflichtige glaubhaft macht, dass die Speichermedien weder von ihm selbst noch von Dritten für vergütungspflichtige Vervielfältigungen verwendet werden.
Mit der Neuregelung des Rückersatzanspruchs und der Ausnahme von der Vergütungspflicht sollen auch sprachlich die Anforderungen umgesetzt werden, die der EuGH in der Rs C-521/11, Amazon, an ein System der Einhebung der Leerkassettenvergütung bei den Produzenten und Importeuren gestellt hat. Dabei ordnet der Entwurf ausdrücklich an, dass die Verwertungsgesellschaft auf ihrer Website einen einfachen, verständlichen und für den durchschnittlichen Nutzer nachvollziehbaren Weg für die Geltendmachung des Rückersatzanspruchs und der Befreiung von der Zahlungspflicht anzubieten hat, der eine wirksame Geltendmachung ermöglicht und mit keiner übermäßigen Erschwernis verbunden ist. Die Verwertungsgesellschaft wird daher bereits auf der Startseite ihrer Website ein für den Rückzahlungswerber leicht auffindbares Formular anzubieten haben, aus dem sich die Anforderungen ebenso ergeben wie die Stelle, bei der das Rückzahlungsbegehren einzubringen ist.
Letztlich sieht der Entwurf eine Verpflichtung vor, in Rechnungen über die Veräußerung von Geräten und Speichermedien auf die Vergütung hinzuweisen. Dies soll die Durchsetzung des Rückersatzanspruchs erleichtern.
-Neuregelung des Zitatrechts, Einführung einer freien Werknutzung für das „unwesentliche Beiwerk“:
Das Zitatrecht soll großzügiger formuliert (§ 42f UrhG) und eine Ausnahme für „unwesentliches Beiwerk“ nach deutschem Vorbild geschaffen werden (§ 42e UrhG); danach dürfen Werke „vervielfältigt, verbreitet, durch Rundfunk gesendet, der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt und zu öffentlichen Vorträgen, Aufführungen und Vorführungen benutzt werden, wenn sie dabei nur zufällig oder beiläufig und ohne Bezug zum eigentlichen Gegenstand der Verwertungshandlung genutzt werden.“
-Erleichterungen für Schulen, Universitäten und andere Bildungseinrichtung:
In § 42a UrhG soll klargestellt werden, dass der Versand von Kopien durch Bibliotheken auf Bestellung auch in digitaler Form möglich ist.
Darüber hinaus soll die freie Werknutzung der Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch von Sammlungen geringfügig erweitert werden, um die Anfertigung von Sicherungskopien auf gesicherte Grundlagen zu stellen (§ 42 Abs 7 und 8 UrhG).
In § 42g UrhG soll eine Rechtsgrundlage für die Zuverfügungstellung von Lehrmaterialien in einem Intranet für Bildungszwecke geschaffen werden.
Um die Nutzung von Werken in Prüfungsaufgaben („Zentralmatura“) zu vereinfachen, soll § 59c UrhG um einen darauf Bezug nehmende Bestimmung ergänzt werden, die eine Verwertungsgesellschaftenpflicht mit Außenseiterwirkung vorsieht.
-Zweitverwertungsrecht für Urheber wissenschaftlicher Beiträge:
Zur Förderung von Zweitveröffentlichungen im Weg des Open Access soll für wissenschaftliche Urheber ein Zweitverwertungsrecht für die Ergebnisse hauptsächlich öffentlich-finanzierter Forschung eingeführt werden.
-Grenzüberschreitenden Austauschs von Werken in Formaten für Menschen mit Behinderungen:
In vorweggenommener Umsetzung des WIPO-Marrakesch-Abkommens zur Erleichterung lesebehinderter Personen zu veröffentlichten Werken soll die freie Werknutzung nach § 42d UrhG zugunsten behinderter Menschen erweitert und auch sonst an die Vorgaben des Vertrags angepasst werden.
-Ausübende Künstler und Veranstalter:
Der I. Abschnitt des II. Hauptstücks (§§ 66 bis 72 UrhG) über das verwandte Schutzrecht für die Leistungen der ausübenden Künstler und der Veranstalter soll sprachlich und systematisch modernisiert werden. Inhaltlich sollen dabei aber nur die Persönlichkeitsrechte der ausübenden Künstler an die der Urheber angenähert werden.
-Auflassung des „Urheberregisters“:
Um in den Genuss der Regelschutzfrist (70 Jahre nach dem Tod des Urhebers) zu kommen, müssen die Urheber anonym erschienener Werke innerhalb der für sie geltenden Schutzfrist (70 Jahre nach Erstveröffentlichung) in das Urheberregister eingetragen und im Amtsblatt zur Wiener Zeitung veröffentlicht werden. Die Revidierte Berner Übereinkunft und die Schutzdauerrichtlinie hingegen lassen hiefür die Offenbarung der Identität des Urhebers genügen.
Derzeit wird das Urheberregister so gut wie gar nicht genutzt. Es wird daher vorgeschlagen, das Urheberregister abzuschaffen und nach den konventions- und gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben für den Lauf der Regelschutzfrist nur noch die Offenbarung der Identität des Urhebers vorzusehen.

Hinweis:

ORF online (http://orf.at/stories/2284250/ - Leistungsschutzrecht wird vorerst nicht beschlossen) meldet am 15. 6. 2015 unter Berufung auf die APA, dass die „Gesetzespassagen zum Leistungsschutzrecht [...] auf Basis der vorliegenden Stellungnahmen aus dem Begutachtungsverfahren überarbeitet und danach vor einem Beschluss durch Regierung und Parlament zwecks Notifizierung durch die EU-Kommission nach Brüssel geschickt werden [sollen]“.

Inkrafttreten:

Als Datum des Inkrafttretens ist grds der 1. 10. 2015 vorgesehen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 19695 vom 18.06.2015