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Verbandsklage: (Un-)Zulässige AGB einer Bank

Bearbeiter: Sabine Kriwanek

ABGB: § 864a, § 879

KSchG: § 6, § 28, § 29

In einem Verbandsprozess betr die AGB einer Bank hat der OGH als unzulässig ua die Klausel beurteilt, wonach die PIN vom Kunden regelmäßig, jedoch spätestens jeweils nach Ablauf von zwei Monaten, selbstständig zu ändern ist, sofern der Kunde das eBanking per Internet nutzt. Diese Klausel lässt es zu, den Aufwand für die wünschenswerte regelmäßige Erneuerung der Zugangsdaten ohne erkennbare Notwendigkeit zur Gänze auf den Kunden zu überwälzen, obwohl die technische Sicherheit eines Zahlungsinstruments im Allgemeinen in den Verantwortungsbereich des Anbieters fällt und es der Bank durch eine einmalige Anpassung der von ihr zur Verfügung gestellten Software ohne weiteres möglich wäre, automatisch bei Einstieg in das Onlinebanking nach Ablauf von jeweils zwei Monaten eine Änderung der PIN abzuverlangen. Damit erfüllt die beanstandete Klausel jedenfalls das Kriterium der gröblichen Benachteiligung iSd § 879 Abs 3 ABGB.

OGH 27. 5. 2015, 8 Ob 58/14h

Entscheidung

Unzulässige Klauseln

Im vorliegenden Verbandsprozess wurden folgende Klauseln (insb wegen Verstoß gegen das Transparenzgebot iSd § 6 Abs 3 KSchG und gröblicher Benachteiligung iSd § 879 Abs 3 ABGB) als unzulässig beurteilt:

-Klausel 1
„Die PIN ist vom Kunden regelmäßig, jedoch spätestens jeweils nach Ablauf von zwei Monaten, selbstständig zu ändern, sofern der Kunde B***** eBanking per Internet nutzt.“
gröbliche Benachteiligung iSd § 879 Abs 3 ABGB
-Klausel 2
„Der Kunde darf seine persönlichen Identifikationsmerkmale und TANs nicht auf anderen Webseiten Dritter eingeben; dies gilt insb dann, wenn sich diese unter Verwendung der vom Kunden angegebenen Daten Zugang in das B***** eBanking des Kunden verschaffen können.“
gröbliche Benachteiligung iSd § 879 Abs 3 ABGB und Verstoß gegen das Transparenzgebot iSd § 6 Abs 3 KSchG
-Klausel 3
„Der Kunde hat regelmäßig, mindestens einmal pro Monat, alle im Wege des eBankings zugegangenen Mitteilungen und Erklärungen der B***** abzurufen.“
Die Klausel ist nicht dort eingeordnet, wo ein durchschnittlich sorgfältiger Leser nach den Umständen mit ihr rechnen muss (RIS-Justiz RS0105643 [T2]; Bollenberger in KBB4 § 864a ABGB Rz 10) und insofern „versteckt“. Die weitere Frage, ob der Inhalt der Klausel 3 an sich zulässig wäre, ist nach Bejahung eines Verstoßes gegen das Überraschungsverbot nicht mehr zu prüfen.
-Klausel 4
„Bei der Nutzung von B***** eBanking per APP ist der Kunde zudem verpflichtet, ein Sicherheitsmuster zu definieren, welches, wenn die APP im eingeloggten Zustand verlassen wird, für den neuerlichen Zugang einzugeben ist.
Bei Nutzung von B***** eBanking per APP ist der Kunde verpflichtet, seine APP sowie das Betriebssystem seines mobilen Endgerätes immer auf dem neuesten Stand (Version) zu halten.“
gröbliche Benachteiligung iSd § 879 Abs 3 ABGB und Verstoß gegen das Transparenzgebot iSd § 6 Abs 3 KSchG
-Klausel 5
„Weichen die Daten in der SMS vom beabsichtigten Auftrag bzw von der beabsichtigten rechtsverbindlichen Willenserklärung ab, hat der Kunde dies unverzüglich der Bank unter der Telefonnummer +***** mitzuteilen.“
gröbliche Benachteiligung iSd § 879 Abs 3 ABGB und Verstoß gegen das Transparenzgebot iSd § 6 Abs 3 KSchG
-Klausel 7 (ab dem hier an den Beginn gestellten 2. Satz)
Haftet die Bank für Schäden, die einem Kunden durch einen Fehler in den Einrichtungen der Bank zur automatisierten Datenverarbeitung verursacht wurden, ohne dass ein von der Bank zu vertretendes Verschulden vorliegt, so ist diese Haftung pro schädigendem Ereignis gegenüber jedem einzelnen Kunden auf höchstens € 10.000,- und insgesamt gegenüber allen Kunden auf höchstens € 1.000.000,- beschränkt. Übersteigt der Gesamtschaden die Höchstgrenze, so verringern sich die Ersatzansprüche der einzelnen Geschädigten anteilsmäßig.
Der Austausch von Daten erfolgt über private Netzwerkanbieter. Für die dem Kunden infolge von Übermittlungsfehlern, technischen Mängeln, Leitungsnterbrechungen, Verspätungen, Störungen oder rechtswidrigen Eingriffen in Einrichtungen privater Netzwerkanbieter entstehenden Schäden und/oder entgangenen Gewinn ist jede Haftung der Bank ausgeschlossen.
Für den aus Übermittlungsfehlern, Irrtümern, Unterbrechungen, Verspätungen, Auslassungen oder Störungen irgendwelcher Art sowie aus - auch rechtswidrigen - Eingriffen in technische Einrichtungen der Bank oder ins übrige System entstehende Schäden haftet die Bank nicht, es sei denn, sie hat den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht, und auch dann nur in dem Maße, in dem sie im Verhältnis zu anderen Ursachen an der Entstehung des Schadens mitgewirkt hat.
gröbliche Benachteiligung iSd § 879 Abs 3 ABGB und Verstoß gegen das Transparenzgebot iSd § 6 Abs 3 KSchG
-Klausel 10
„Eine Änderung der gegenständlichen Bedingungen muss zwischen der Bank und dem Kunden vereinbart werden. Dies erfolgt durch ein Anbot der Bank an den Kunden und durch Nichterhebung eines Widerspruches durch diesen, wobei folgende Form eingehalten werden muss: Das Angebot über die Änderung der Bedingungen erlangt nach Ablauf des zweiten Monates ab Erhalt des Angebotes Rechtsgültigkeit, sofern nicht bis zum Ablauf des zweiten Monates ab Erhalt des Angebotes ein schriftlicher Widerspruch des Kunden bei der Bank einlangt.
Das Angebot an den Kunden kann in jeder Form (Brief, Kontoauszug oder dauerhafter Datenträger bzw durch Einstellen einer elektronischen Nachricht in das ePostfach) erfolgen, die mit ihm im Rahmen der Geschäftsverbindung vereinbart worden ist. Eine mit dem Kunden getroffene Vereinbarung über den Zugang von Erklärungen oder Verständigungen der Bank gilt auch für das Angebot über Änderungen der Bedingungen. Die Bank wird dem Kunden in dem Angebot über die Tatsache der Änderung der Bedingungen aufmerksam machen, dass sein Stillschweigen nach Ablauf von zwei Monaten ab Erhalt des Angebotes als Zustimmung zur Änderung gilt und der Kunde das Recht hat, die Vereinbarung zur Teilnahme am (...) eBanking vor Inkrafttreten der Änderung kostenlos fristlos zu kündigen.“
gröbliche Benachteiligung iSd § 879 Abs 3 ABGB und Verstoß gegen das Transparenzgebot iSd § 6 Abs 3 KSchG

Zulässige Klauseln

Als zulässig wurden folgende Klausel erachtet:

-Klausel 6
Nach erfolgter Auftragsfreigabe ist die SMS, mit welcher dem Kunden die mobile TAN mitgeteilt wurde, umgehend zu löschen.“
-Klausel 7 (erster Satz)
Für allfällige Schäden, die iZm der Hard- oder Software des Kunden oder durch das Nichtzustandekommen des Verbindungsaufbaues mit dem Rechenzentrum der Bank entstehen können, haftet die Bank nur, wenn sie diese Schäden schuldhaft verursacht hat;“
-Klausel:
„Die Bank hat darüber hinaus das Recht, die Vereinbarung über die Teilnahme am eBanking jederzeit bei Vorliegen eines wichtigen Grundes mit sofortiger Wirkung schriftlich zu kündigen.“
(Anm der Red: Diese Klausel ist lediglich im Spruch angeführt. Die Nummer der Klausel ist ebenso wenig wie eine Begründung ersichtlich.)

Vorabentscheidung

Hinsichtlich einer Klausel (Klausel 9) wird eine Vorabentscheidung abgewartet:

Mitteilungen und Erklärungen (insbesondere Kontonachrichten, Kontoauszüge, Kreditkartenabrechnungen, Änderungsmitteilungen, etc), die die Bank dem Kunden zu übermitteln oder zugänglich zu machen hat, erhält der Kunde, der eBanking vereinbart hat, per Post oder durch Abrufbarkeit oder Übermittlung elektronisch im Wege des B***** eBankings.“

Im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit der Klausel 9 stellt sich die Vorfrage, ob Informationen, die nicht in ein vom Kunden bekanntgegebenes E-Mail-Postfach, sondern in ein nur über die Homepage der Bank zugängliches Onlinebanking-Postfach eingestellt werden, iSd Erwägungsgrundes 27 der RL 2007/64/EG als auf einem dauerhaften Datenträger „mitgeteilt“ gelten, verneinendenfalls ob Informationen auf diesem Weg auf einem dauerhaften Datenträger zugänglich gemacht werden, oder ob es sich nur um ein Zugänglichmachen der Information ohne Verwendung eines dauerhaften Datenträgers handelt.

Zur Klärung dieser Fragen hat der erkennende Senat mit gesondert ausgefertigtem Beschluss ein Ersuchen um Vorabentscheidung an den EuGH gestellt (OGH 27. 5. 2015, 8 Ob 58/14h, LN Rechtsnews 19917 vom 22. 7. 2015). Bis zum Einlangen der Vorabentscheidung wird das Teilverfahren über diesen Spruchpunkt (Klausel 9) gem § 90a Abs 1 GOG ausgesetzt.

Allgemeine Aussagen des OGH

Zudem hat der OGH allgemein ua festgehalten, dass im Verbandsprozess der Einwand unerheblich ist, eine für gesetzwidrig erachtete Klausel werde in der Praxis ohnedies anders gehandhabt: Wenn nach dem Konzept der Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch eine andere Vertragsgestaltung möglich ist, kommt es auf die tatsächliche Geschäftsabwicklung nicht an. Aus diesem Grund sei die Rechtsansicht des BerufungsG nicht zu beanstanden, dass die (überdies jederzeit einseitig änderbare) Gestaltung und tatsächliche Handhabung der Onlinebanking-Anwendungen der Bekl für die Auslegung der Klauseln nicht relevant sein kann. Eine geltungserhaltende Reduktion der Klauseln kam nicht in Betracht.

Urteilsveröffentlichung

Zur Abweisung des Begehrens auf Veröffentlichung des klagsabweisenden Teils des Urteilsspruchs auf Kosten der kl P hält der OGH ua fest:

„Es entspricht einer selbstverständlichen allgemeinen Rechtspflicht, dass Klauseln und Geschäftspraktiken rechtskonform gestaltet werden (10 Ob 28/14m, LN Rechtsnews 18063 vom 23. 9. 2014 = RdW 2014/764), die mit der Erwartungshaltung der Verbraucher einhergeht, im Regelfall gültige Klauseln vorzufinden. Im vorliegenden Fall würde das Publikum aus einer Veröffentlichung (auch) des in eher geringem Umfang klagsabweisenden Teils des Urteilsspruchs lediglich erfahren, dass die Bekl zahlreiche, aber nicht ausschließlich rechtswidrige Klauseln verwendet hat. Ein besonderer Bedarf an dieser Information ist bezüglich der mit dem vorliegenden Teilurteil erledigten Spruchpunkte nicht zu erkennen, auch nicht aus Sicht der Bekl. Andere berücksichtigungswürdige Gründe, die für ein Veröffentlichungsinteresse sprechen könnten, wurden nicht geltend gemacht.“

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 20284 vom 28.09.2015