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Verbandsklage: Unzulässige AGB eines Kreditunternehmens

ABGB § 879

KSchG: § 6, § 28, § 29

Dem Kunden unabhängig von den Umständen stets einen Sorgfaltsverstoß anzulasten, wenn die Bankomatkarte im abgestellten Fahrzeug aufbewahrt wird, bedeutet jedenfalls eine gröbliche Benachteiligung iSd § 879 Abs 3 ABGB, die schon allein zur Ungültigkeit der Klausel führt.

Als ebenso unzulässig erachtet der OGH ua das Verbot, den PIN Code für die Bankomatkarte zu notieren. Die Geheimhaltungsverpflichtung schließt selbstverständlich ein, dass der Kunde einen allenfalls notierten Code so sicher zu verwahren hat, dass soweit wie möglich Gewähr dafür geboten wird, dass er unberechtigten Dritten nicht zugänglich wird. Notiert der Kunde den Code und kommt dieser aufgrund unsorgfältiger Verwahrung einem Dritten zur Kenntnis, liegt ohnehin ein Verstoß gegen das (unbedenkliche) Gebot vor, den persönlichen Code geheim zu halten. Notiert der Kunden den Code selbst, wird dadurch zumindest kein höheres Risiko herbeigeführt als beim (zulässigen) Aufbewahren der schriftlichen Benachrichtigung der Bank über den zugewiesenen Code.

OGH 27. 11. 2014, 1 Ob 88/14v

Entscheidung

Die Bundesarbeitskammer beantragte in ihrer Verbandsklage gegen eine Bank, insgesamt 36 Klauseln in deren AGB für unwirksam zu erklären und die Bekl zur Unterlassung ihrer Verwendung zu verurteilen. Nachdem die Vorinstanzen zahlreiche Klauseln als unzulässig beurteilt hatten, hatte der OGH noch über 5 Klauseln zu entscheiden, von denen das BerufungsG drei für zulässig erklärt hatte. Der OGH trat dieser Beurteilung nicht bei, sondern beurteilte letztlich alle 5 Klauseln als gesetzwidrig und damit unwirksam.

Klausel 14a:

„Der Karteninhaber ist auch im eigenen Interesse verpflichtet, die Bezugskarte sorgfältig zu verwahren. Nicht sorgfältig ist insb die Aufbewahrung der Bezugskarte in einem abgestellten Fahrzeug.“

Nach Ansicht des OGH stellt es nach den heutigen Zahlungs- und Mobilitätsgepflogenheiten den Regelfall dar, dass Bankkunden ihre Bank- und Kreditkarten - häufig in der Geldbörse - mitnehmen, wenn sie mit einem Fahrzeug unterwegs sind. Ob es im Einzelfall sorgfaltswidrig ist, bei Abstellen des Fahrzeugs die Karte in diesem zu belassen, hänge stets von den konkreten Umständen ab.

Der in vorliegenden AGB verwendete Begriff der „Aufbewahrung“ decke ein größeres Spektrum an möglichen Sachverhalten ab, setze er doch nicht voraus, dass das Fahrzeug verlassen wird. Auch ein LKW-Fahrer, der die Nacht in der Schlafkoje seines Fahrzeugs verbringt, oder ein Urlauber, der sich - tagsüber oder in der Nacht - in seinem Wohnmobil aufhält, handelt regelmäßig nicht sorgfaltswidrig, wenn er die Bankkarte während dieser Zeit im Fahrzeug aufbewahrt, so der OGH.

Aber auch bei Verlassen des Fahrzeugs muss im Aufbewahren der Karte - etwa im versperrten Handschuhfach des versperrten Fahrzeugs - nicht stets eine Sorgfaltswidrigkeit liegen, kommt es doch auf die dem Karteninhaber in concreto zur Verfügung stehenden Handlungsalternativen an, so der OGH weiter. Fährt jemand zum Baden an einen See oder ans Meer, könne es durchaus sorgfältiger sein, seine „Wertsachen“ im Fahrzeug zu verschließen, als diese an den Strand mitzunehmen und dann beim Schwimmen unbeaufsichtigt zu lassen. Auch das Verschließen der Karte in einem Garderobekästchen beim Besuch eines Schwimmbads oder einer Sauna müsse nicht notwendigerweise weniger risikoreich sein als ein Belassen im versperrten Fahrzeug. Die Pflicht zur (möglichst) sorgfältigen Verwahrung ergebe sich bereits aus dem (unbedenklichen) ersten Satz der Vertragsbestimmung.

Dem Kunden unabhängig von den Umständen stets einen Sorgfaltsverstoß anzulasten, wenn die Karte im abgestellten Fahrzeug aufbewahrt wird, bedeutet somit jedenfalls eine gröbliche Benachteiligung iSd § 879 Abs 3 ABGB, die schon allein zur Ungültigkeit der Klausel führt.

Klausel 19:

„Wenn nach Ablauf der Gültigkeit auf der Elektronischen Geldbörse noch ein Betrag geladen ist, ersetzt das Kreditinstitut diesen Betrag, wenn er innerhalb von 3 Jahren nach Ablauf der Gültigkeit geltend gemacht wird. Danach ist dieser Anspruch verjährt.“

Der OGH erachtet auch diese Klausel als gem § 879 Abs 3 ABGB unzulässig.

Klausel 20:

„Abweichend von Punkt 1.9.2. ('Änderungen des Entgelts') und Punkt 1.15. ('Zusendung und Änderung der Kundenrichtlinien') kann ein Angebot an den Kontoinhaber über Änderungen von Bestimmungen der Kundenrichtlinie über das Quick-Service in jeder Form erfolgen, die mit dem Kontoinhaber im Rahmen der Geschäftsverbindung vereinbart worden ist.“

Nach Ansicht des OGH ist diese Klausel iSd § 6 Abs 3 KSchG intransparent und damit ungültig.

Klausel 14b:

„Eine Weitergabe der Bezugskarte an dritte Personen ist nicht zulässig. Der persönliche Code ist geheim zu halten. Er darf nicht, insb nicht auf der Bezugskarte, notiert werden. Der persönliche Code darf niemandem, insb auch nicht Mitarbeitern des Kreditinstitutes, anderen Kontoinhabern oder anderen Karteninhabern bekannt gegeben werden.“

Der OGH gestand zu, dass die Geheimhaltungsverpflichtung selbstverständlich einschließt, dass der Kunde einen allenfalls notierten Code so sicher zu verwahren hat, dass soweit wie möglich Gewähr dafür geboten wird, dass er unberechtigten Dritten nicht zugänglich wird. Notiert der Kunde den Code und kommt dieser aufgrund unsorgfältiger Verwahrung einem Dritten zur Kenntnis, liege ohnehin ein Verstoß gegen das (unbedenkliche) Gebot vor, den persönlichen Code geheim zu halten.

Im Zusammenhang mit der Zumutbarkeit verwies die Bekl ua darauf, dass ein vergessener Code jederzeit kostenfrei wieder erlangt werden könnte. Dazu wies der OGH auf die gängige Bankenpraxis - dass es im vorliegenden Fall anders wäre, wurde nicht behauptet - hin, nach der der Code dem Kunden schriftlich in einem verschlossenen Kuvert zur Verfügung gestellt wird (idS auch Pkt 2.1. der AGB). Der Kunde sei selbstverständlich verpflichtet, dieses Schriftstück keinem Dritten zugänglich zu machen, müsse es aber - nach dem vorliegenden Klauselwerk - auch nicht vernichten, sofern er es sorgfältig verwahrt und damit geheim hält. Warum ihm dann das generelle Verbot auferlegt werden dürfte, den Code selbst zu notieren, ist für den OGH nicht ersichtlich, wird dadurch doch zumindest kein höheres Risiko herbeigeführt als beim Aufbewahren der schriftlichen Benachrichtigung über den ihm zugewiesenen Code.

Da somit der dritte Satz der Klausel 14b keine ausreichende sachliche Rechtfertigung für das damit ersichtlich verfolgte Ziel findet, die Verwendung des Codes durch unbefugte Dritte zu verhindern, nahm der OGH eine Unwirksamkeit nach § 879 Abs 3 ABGB an.

Klausel 30:

„Ergänzende Bedingungen: Im Übrigen gelten die 'Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Bankgeschäfte (AGB)' und für das Wertpapier-Banking die im Internet ersichtlichen Nutzungsbedingungen.“

Der OGH kam zum Ergebnis, dass diese Klausel wegen Intransparenz nach § 6 Abs 3 KSchG unzulässig ist.

Bearbeiterin: Sabine Kriwanek

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 18972 vom 17.02.2015