News

Verbesserungsaufwand bei zugesagter Funktionalität des Werks

Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: § 932, § 932a

1. Wird bei Abschluss eines Werkvertrags einerseits eine bestimmte Ausführungsart festgelegt („konstruktive Leistungsbeschreibung“; hier: Einglättung der Verschleißschicht eines Futtertisches in einem Stall) und andererseits die bedungene Funktion durch die zugesagten Eigenschaften („funktionale Leistungsbeschreibung“; hier: Öl- und Salzbeständigkeit des Futtertisches nach der Bearbeitung), dient die Beschreibung der durchzuführenden Leistungen („konstruktive Leistungsbeschreibung“) lediglich der Information des Bestellers und als Kalkulationsgrundlage für den Werkunternehmer, wenn bei lebensnahem und redlichem Verständnis der Abrede der geschuldete Erfolg in der vereinbarten Funktionalität besteht. Weist dann das geleistete Werk die zugesagten Eigenschaften nicht auf, steht dem Besteller das Instrumentarium des Gewährleistungsrechts zur Verfügung.

2. Sind Funktionalität und Gebrauchstauglichkeit des Werks bedungen, während die „konstruktive Leistungsbeschreibung“ lediglich als informative Beschreibung und Kalkulationsgrundlage dient, und hat der Werkunternehmer die Herstellung des Werks um einen Pauschalpreis versprochen, so ist es unerheblich, wie hoch sein Aufwand ist und mit wie vielen Versuchen er den vereinbarten Erfolg erreicht; er darf den genannten Betrag nicht überschreiten. Abgesehen von Fällen einer Unverhältnismäßigkeit können daher die tatsächlichen Verbesserungsaufwendungen auch den Wert des Werks übersteigen, weil der Unternehmer im Hinblick auf den vereinbarten Pauschalpreis auch keinen Anspruch auf einen höheren Werklohn gehabt hätte, wenn er die Arbeiten von vornherein fachgerecht ausgeführt hätte.

OGH 27. 8. 2015, 1 Ob 132/15s

Sachverhalt

Im vorliegenden Fall hatte ein Mitarbeiter der Bekl für diese mit dem Kl einen Werkvertrag über die Glättung der Verschleißschicht eines Futtertisches aus Beton in einem Stall abgeschlossen und dafür einen Pauschalpreis von knapp unter € 1.500 vereinbart. Dem Kl war erkennbar wichtig, dass der Futtertisch nach den Arbeiten öl- und salzbeständig ist, was ihm der Mitarbeiter der Bekl ausdrücklich zusagte und schriftlich bestätigte. Um diese Eigenschaften zu erreichen, müsste allerdings nach dem Aufrauen der Oberfläche noch eine Kunstharzschicht aufgetragen werden, was Kosten von etwas mehr als € 7.000 hervorrufen würde. Im Innenverhältnis ist der Mitarbeiter der Bekl nur zum Abschluss von „kleinen“ Aufträgen bis ca € 3.000 befugt.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kl von der Bekl die Zahlung der Verbesserungskosten iHv € 7.000.

Das ErstG gab der Klage Folge, das BerufungsG wies das Klagebegehren ab, weil es von einer Vollmachtsüberschreitung des Mitarbeiters der Bekl ausging.

Die Revision des Kl war nach Ansicht des OGH zur Klärung der Rechtslage zulässig und der OGH stellte das Ersturteil wieder her.

Entscheidung

Handlungsvollmacht iSd § 54 UGB

In seinen Entscheidungsgründen bestätigt der OGH zunächst, dass der Werkvertrag - beinhaltend die vereinbarten Eigenschaften des bearbeiteten Betonbodens - rechtswirksam zustande gekommen ist, weil sich die entsprechende Vollmacht des Mitarbeiters der Bekl im Außenverhältnis aus dem Umfang der ihm eingeräumten Handlungsvollmacht iSd § 54 UGB ergibt: Danach erstreckt sich bei einer Ermächtigung zur Vornahme bestimmter Geschäfte (hier: Ermächtigung zum Abschluss von Verträgen über „kleinere“ Bauaufträge) die Handlungsvollmacht auch auf alle Geschäfte und Rechtshandlungen, die „der Betrieb eines derartigen Unternehmens oder die Vornahme derartiger Geschäfte gewöhnlich mit sich bringt“.

Dass der Vertrag mit dem Kl darunter fällt, bejaht der OGH unter Verweis auf seine stRsp (vgl zB RIS-Justiz RS0019707, RS0019636, RS0061457): Die Zusage, dass der Betonboden nach der Bearbeitung öl- und salzbeständig sei, ist sowohl im Betrieb des bekl Bauunternehmens branchenüblich als auch im Rahmen eines Werkvertrags über eine solche Bauleistung üblich. Auch wenn sich die Kosten für die Herstellung der zugesicherten Eigenschaften auf rund € 7.000 belaufen, könne die Verpflichtung zu einer Bauleistung wie der vorliegenden nicht als außergewöhnliches Geschäft bezeichnet werden. In der Einhaltung der Zusage liege keine ungewöhnlich große Verpflichtung und auch aus dem Inhalt der Zusage ergebe sich kein Anhaltspunkt für die Ungewöhnlichkeit des Geschäfts.

Die interne Beschränkung (Ermächtigung nur zum Abschluss von Verträgen bis zu € 3.000) tangiert den Kl nach Ansicht des OGH somit nicht. Dass er diese Beschränkung kannte, steht nicht fest und es liegen auch keine Umstände vor, wonach er davon Kenntnis haben musste.

Keine „Sowieso-Kosten“

Hinsichtlich des begehrten Vorschusses auf den Verbesserungsaufwand erinnert der OGH daran, dass tatsächliche Verbesserungsaufwendungen (außer im Fall der Unverhältnismäßigkeit, worauf sich die Bekl hier nicht berief) auch den Wert des Werks übersteigen können (RIS-Justiz RS0022063).

Von „Sowieso“-Kosten, also Kosten die der Kl auch bei ordnungsgemäßer Erfüllung des Werkvertrags zu tragen gehabt hätte, kann nach Ansicht des OGH hier keine Rede sein: Im vorliegenden Fall war Funktionalität und Gebrauchstauglichkeit des Beton-Futtertisches im Stall des Kl nach Bearbeitung durch die Bekl bedungen, während die „konstruktive Leistungsbeschreibung“ lediglich als informative Beschreibung und Kalkulationsgrundlage diente. Hat aber - so der OGH - die bekl Unternehmerin die Herstellung des Werks um einen Pauschalpreis versprochen, so ist es unerheblich, wie hoch ihr Aufwand ist und mit wie vielen Versuchen sie den vereinbarten Erfolg erreicht; sie darf den genannten Betrag nicht überschreiten. Hätte die Bekl von vornherein die Arbeiten am Betonboden fachgerecht ausgeführt, hätte sie vertragsgemäß erfüllt, ohne Anspruch auf einen höheren Werklohn zu haben.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 20341 vom 06.10.2015