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Verbotene Einlagenrückgewähr – Abschichtung von Altgesellschaftern

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

GmbHG: §§ 82 f

1. Für einen Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr und damit auch für den Rückgewähranspruch ist nur auf den unzulässigen Vermögenszufluss an die Gesellschafter und nicht etwa auf einen kongruenten Schaden der Gesellschaft abzustellen. Die §§ 82 f GmbHG sind weder schadenersatzrechtlicher noch bereicherungsrechtlicher, sondern gesellschaftsrechtlicher Natur; sie zielen darauf ab, das Gesellschaftsvermögen im Interesse der Gläubiger vor einem ungehinderten Rückfluss an die Gesellschafter zu sichern. Maßgeblich ist daher lediglich, dass dem Gesellschafter etwas zufließt, das einem außenstehenden Dritten in dieser Form, ohne gegen den Sorgfaltsmaßstab der Geschäftsführer zu verstoßen, nie gewährt worden wäre.

2. Das Verbot, eigene Geschäftsanteile zu erwerben oder sonst (Alt-)Gesellschafter aus Gesellschaftsmitteln abzufinden, kann nicht dadurch umgangen werden, dass ein zukünftiger Gesellschafter dazwischengeschaltet wird, dem die Gesellschaft die notwendigen Mittel unter Verstoß gegen § 82 GmbHG zur Verfügung stellt.

OGH 15. 12. 2014, 6 Ob 14/14y

Ausgangslage

Über das Vermögen der H***** GmbH (im Folgenden H*****) wurde Anfang 2012 das Konkursverfahren eröffnet und der Kl zum Masseverwalter bestellt.

Nach dem Firmenbuchauszug waren an der H***** von 17. 10. 2002 bis 24. 5. 2011 Dr. K***** B*****, A***** B***** sowie der Erstbeklagte und der Zweitbeklagte beteiligt. Seit 24. 5. 2011 ist neben Dr. K***** B***** und A***** B***** nur noch die B***** GmbH Gesellschafter der H*****.

Der Gesellschafterwechsel erfolgte in der Weise, dass die beiden Bekl zunächst mit einem Abtretungsvertrag vom 7. 7. 2010 ihre Geschäftsanteile aufschiebend bedingt durch die Bezahlung des Abtretungspreises von jeweils 1.000.000 € an Dr. K***** B***** abtraten und Dr. K***** B***** diese Anteile mit Übertragungsvereinbarung vom 21. 12. 2010 an die B***** GmbH übertrug. Die B***** GmbH befand sich damals in Gründung und wurde durch ihre Gründungsgesellschafter Dr. K***** B***** und A***** B***** vertreten.

Am 3. 12. 2010 schlossen die A***** KG (im Folgenden: A*****) als Beteiligungsgeberin und die H***** als Beteiligungsnehmerin einen Vertrag über die Errichtung einer (typischen) stillen Gesellschaft.

In diesem Vertrag ist ua festgehalten, dass A***** der H***** eine einmalige Vermögenseinlage iHv insg € 4.500.000 für die Umsetzung der Abschichtung von ehemaligen Gesellschaftern sowie für das weitere Wachstum der H***** und ihrer Tochtergesellschaften zur Verfügung stellt, wobei für die Abschichtung von ehemaligen Gesellschaftern maximal ein Betrag von € 2.000.000 zu verwenden ist.

Zudem ist in dem Vertrag vorgesehen, dass iZm mit dem Erwerb der Geschäftsanteile des Erst- und Zweitbekl an der H***** von Dr. K***** B***** und A***** B***** eine GmbH gegründet wird (im folgenden 'NewCO' = B***** GmbH). NewCO erwerbe die Geschäftsanteile der ehemaligen Gesellschafter der H***** und erhalte von der H***** ein Darlehen iHv maximal € 2.000.000, um den Abtretungspreis bezahlen zu können. In der Folge würden Dr. K***** B***** und A***** B***** ihre Geschäftsanteile an der H***** in die NewCO einbringen.

Die Abwicklung der Abschichtung der Bekl erfolgte über ein Treuhandkonto eines Rechtsanwalts in der Zeit von 13. 12. 2010 bis 8. 6. 2011.

Im Jahresabschluss der H***** wird auf der Passivseite der Bilanz zum 31. 12. 2010 unter „C. Stille Beteiligung“ ein Betrag von 4.500.000 € ausgewiesen (Einlage der A***** als echter stiller Gesellschafter). Auf der Aktivseite wird unter den Forderungen gegenüber verbundenen Unternehmen ein „Verrechnungskonto B***** GmbH“ mit einem Betrag von 2.002.018,04 € ausgewiesen.

Der kl Masseverwalter begehrte von den Bekl jeweils die Zahlung von 1.000.000 € sA, weil ihre Abschichtung als Altgesellschafter durch die Gesellschaft (H***** GmbH) selbst finanziert worden sei, was in wirtschaftlicher Betrachtungsweise einen Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr gem §§ 82 ff GmbHG darstelle. Durch den Vertrag mit der A***** über die Errichtung einer (typisch) stillen Gesellschaft habe die H*****GmbH die zur Abschichtung erforderlichen Mittel von 2.000.000 € selbst aufgenommen und über ein Darlehen an die B***** GmbH und eine Treuhandkonstruktion an die bekl P durchgereicht.

Anders als das ErstG gaben das BerufungsG und der OGH der Klage statt.

Entscheidung

Verbotene Einlagenrückgewähr

Der OGH bejahte, dass die finanzielle Last der Abschichtung der Altgesellschafter im konkreten Fall durch die Gesellschaft selbst getragen worden ist. Gebundenes Vermögen sei unter Verstoß gegen § 82 GmbHG an die Gesellschafter geflossen.

Zwischenschaltung eines Darlehens

Der OGH hielt ua fest, dass eine (hier vorliegende) typische stille Beteiligung Kreditfunktion hat.

In seiner Begründung wies der OGH darauf hin, dass im vorliegenden Fall die Zielgesellschaft H***** mit A***** eine Beteiligung vereinbarte, die in Hinsicht auf einen Teilbetrag von 2 Mio € ausschließlich den Zweck hatte, den Erwerb der Geschäftsanteile der beiden Bekl an der H***** zu finanzieren. Aufgrund der gewählten Gesamtkonstruktion sei allen Beteiligten klar gewesen, dass die im Vertrag zwischen A***** und H***** erwähnte Darlehensgewährung an die B***** GmbH nie den Zweck hatte, dass die ausbezahlten Gelder bei der B***** GmbH verbleiben sollten.

Durch die gewählte Konstruktion sei letztlich H***** – wenn auch über den Umweg einer Treuhandschaft – die finanzielle Last der „Abschichtung“ ihrer eigenen Altgesellschafter aufgebürdet worden, während Dr. B***** und die B***** GmbH sich die Aufnahme eines Darlehens erspart hätten. Dass der Betrag von 2 Mio € an die B***** GmbH als „Darlehen“ vergeben wurde, vermag daran nichts zu ändern, dass letztlich eine gegen § 82 GmbHG verstoßende Leistung von H***** an die Bekl vorliegt.

Wirtschaftlich sollten – unter Zwischenschaltung eines existenzgefährdenden Darlehens – die Bekl direkt aus dem Vermögen der Gesellschaft abgefunden werden, so der OGH. Leistungen an Dritte, die wirtschaftlich dem Gesellschafter zugute kommen, seien aber ebenfalls vom Ausschüttungsverbot erfasst. Insofern müsse die Leistung an die B***** GmbH den Bekl als eigener Empfang zugerechnet werden. Das Verbot, eigene Geschäftsanteile zu erwerben oder sonst (Alt-)Gesellschafter aus Gesellschaftsmitteln abzufinden, könne nicht dadurch umgangen werden, dass ein zukünftiger Gesellschafter dazwischengeschaltet wird, dem die Gesellschaft die notwendigen Mittel unter Verstoß gegen § 82 GmbHG zur Verfügung stellt.

Für die Richtigkeit dieses Ergebnisses spricht nach Ansicht des OGH auch der Zweck des Verbots der Einlagenrückgewähr, das ja auch dem Schutz der Gläubiger dient. Unter diesem Aspekt wäre es nicht ausreichend, wenn nur die Darlehensgewährung an die B***** GmbH sanktioniert wäre, während die tatsächlichen endgültigen Empfänger der Leistung unbehelligt blieben.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 19122 vom 12.03.2015