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VfGH: Linzer PlakatierungsV unverhältnismäßig

Bearbeiter: Sabine Kriwanek

EMRK: Art 10

Linzer PlakatierungsV: § 1

MedienG: § 48

§ 1 Abs 1 und 2 der Verordnung der Bundespolizeidirektion Linz vom 1. 2. 1983 betreffend das Anschlagen von Druckwerken an öffentlichen Orten waren gesetzwidrig.

Die Regelungen der Linzer PlakatierungsV führen vor dem Hintergrund der gegenwärtig bestehenden tatsächlichen Verhältnisse nach dem im Verfahren vor dem VfGH nicht widerlegten Vorbringen des Bf – wonach im gesamten Stadtgebiet überhaupt nur noch vier Flächen für das "freie" Anschlagen von Druckwerken bestehen und im Bereich der Innenstadt das Plakatieren unmöglich ist – im Bereich ihrer Anwendung zu einem weitreichenden Plakatierungsverbot.

Damit überschreitet die in Prüfung gezogene Verordnung die gesetzliche Grundlage des § 48 MedienG insofern, als eine derart weitreichende Einschränkung der grundsätzlich gewährleisteten Plakatierfreiheit nicht zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung erforderlich ist und eine unverhältnismäßige Einschränkung derselben darstellt. Das legitime Ziel des Ortsbildschutzes vermag nicht Eingriffe jedweder Intensität in die Plakatierfreiheit zu rechtfertigen. Ein derart weit gehendes Verbot ist der Bedeutung des verfolgten Zieles nicht mehr adäquat und sohin unverhältnismäßig.

VfGH 26. 9. 2019, V 20/2019

Entscheidung

Es wurde auch der vorläufigen Annahme des VfGH, dass in Bezug auf die in Prüfung gezogene PlakatierungsV keine gesetzlich gebotene Prüfung hinsichtlich der weiteren Erforderlichkeit der Einschränkung der Plakatierungsfreiheit auf die in der Verordnung genannten Örtlichkeiten im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung vor dem Hintergrund geänderter Tatsachen vorgenommen worden sei (vgl hiezu VfSlg 16.330/2001), im Verordnungsprüfungsverfahren nicht entgegengetreten; es wurden auch keine entsprechenden Akten vorgelegt, aus denen ersichtlich ist, dass sich der Verordnungsgeber regelmäßig vom Bestehen der tatsächlichen Grundlagen der Verordnung überzeugt und die erforderliche Interessenabwägung – im Lichte geänderter tatsächlicher Verhältnisse – durchgeführt hätte.

Da damit auch keine – iSd Judikatur des VfGH – nachvollziehbaren Erwägungen angestellt wurden, ist festzustellen, dass die in Prüfung gezogene PlakatierungsV nicht zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung erforderlich war.

§ 1 Abs 1 und 2 der Verordnung der Bundespolizeidirektion Linz vom 1. 2. 1983 betreffend das Anschlagen von Druckwerken an öffentlichen Orten, Pr-4157, kundgemacht in der Amtlichen Linzer Zeitung, Folge 5/1983, 22 f, waren wegen Verstoßes gegen § 48 MedienG gesetzwidrig; der PlakatierungsV wurde durch die am 14. 3. 2019 erlassene Verordnung der Landespolizeidirektion Oberösterreich (Wiederverlautbarung) derogiert.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 28121 vom 21.10.2019