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VwGH zur Besteuerung von Vergütungen für Diensterfindungen

Bearbeiter: Benjamin Beer

EStG 1988 idF BudBG 2007(BGBl I 2007/24): § 37 Abs 1 TS 3, § 38

PatG 1970: § 8

Abstract

Der VwGH hatte zu beurteilen, ob die gewinnabhängige Erfolgsprämie, die einem Mitarbeiter einer GmbH ausbezahlt wurde, teilweise dem Hälftesteuersatz des § 37 Abs 1 TS 3 EStG unterliegt. Nach Ansicht des VwGH ist das nur möglich, wenn aus einer Begleitrechnung hervorgeht, zu welchem Anteil die Erfolgsprämie eine Vergütung für eine patentrechtlich geschützte Diensterfindung iSd § 38 EStG darstellt. In der Höhe dieses Anteils kann dann der Hälftesteuersatz zur Anwendung kommen. Unbeachtlich ist dabei, ob dieser Anteil als Teil einer allgemeinen und gewinnabhängigen Erfolgsprämie oder unabhängig von einem Gewinn bezahlt wird.

VwGH 11. 10. 2023, Ra 2022/15/0044

Sachverhalt

Der Rw war Mitarbeiter der V GmbH. Seit 1. 2. 1996 war er als Prokurist tätig, ab 1. 10. 1999 dann als Gf. Gemeinsam mit anderen Mitarbeitern schuf er eine Diensterfindung, bzgl derer am 13. 3. 1998 ein Patent angemeldet und am 19. 5. 2004 die Patentschrift erteilt wurde. Im März 2018 endete der Patentschutz.

Strittig sind die Einkünfte des Rw in den Jahren 2016–2018. In diesem Zeitraum hatte er auf Basis des Gf-Vertrags eine gewinnabhängige Erfolgsprämie von 7 % erhalten, die laut einer vom Rw vorgelegten Begleitrechnung teilweise auf die Diensterfindung zurückzuführen war. Für diese Anteile der Erfolgsprämie beantragte der Rw die Anwendung des Hälftesteuersatzes nach § 37 Abs 1 TS 3 iVm § 38 EStG. Im früheren Vertrag waren noch eine getrennte, gewinnabhängige Erfolgsprämie von 3 % und eine separate, nicht gewinnabhängige Diensterfindungsprämie vorgesehen.

Mit den ESt-Bescheiden 2016–2018 versagte das FA jedoch die Anwendung des Hälftesteuersatzes mit der Begründung, die gewährte Erfolgsprämie stelle zur Gänze kein gesondertes Entgelt zur Abgeltung der Verwertung der Diensterfindung dar. Die gegen diese Bescheide erhobene Beschwerde wies das FA mittels BVE ab. Aufgrund eines Vorlageantrags des Rw hatte das BFG zu entscheiden. Auch dieses wies die Beschwerde ab, ebenfalls mit der Begründung, die Erfolgsprämie sei dem Rw unabhängig von Vorliegen und Wert einer Diensterfindung zugestanden. Die Revision erklärte das BFG für nicht zulässig.

Der Rw erhob daraufhin eine ao Revision. Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung erblickte er in der Frage, inwieweit die in § 8 PatG vorausgesetzte angemessene, besondere Vergütung maßgeblich für das Vorliegen steuerrechtlich begünstigter Einkünfte iSd § 38 EStG ist.

Entscheidung des VwGH

Nach Ansicht des VwGH ist die ao Revision zulässig und begründet. Der VwGH stellt zunächst fest, dass nach § 37 Abs 1 TS 3 EStG der Steuersatz für Einkünfte aus der Verwertung patentrechtlich geschützter Erfindungen iSd § 38 EStG auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittsteuersatzes reduziert wird.

Außerdem bestand für Vergütungen für Diensterfindungen bis zum StRefG 2015/16 (BGBl I 2015/118) mit § 67 Abs 7 EStG eine lohnsteuerliche Ermäßigung für Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit. Hiernach waren Vergütungen an Arbeitnehmer für Diensterfindungen im Ausmaß eines um 15 % erhöhten Sechstels mit einem ermäßigten Steuersatz von 6 % zu besteuern. Mit dem StRefG 2015/16 ist jedoch § 67 Abs 7 EStG ersatzlos entfallen.

Die Halbsatzbegünstigung des § 38 EStG ist hiervon jedoch nicht beeinflusst. Diese kann gem § 37 Abs 7 EStG dann nicht angewendet werden, wenn die Einkünfte bereits zum Teil mit dem festen Steuersatz des § 67 EStG besteuert werden. Dies stellte das BFG hier jedoch nicht fest.

Es stellt sich daher die Frage, ob § 38 EStG anwendbar ist, also Einkünfte aus der Verwertung patentrechtlich geschützter Erfindungen vorliegen. Das ist dann der Fall, wenn eine Vergütung als Gegenleistung für die Überlassung der Verwertungsmöglichkeiten an der Erfindung gewährt wird. Davon ist auszugehen, wenn hierdurch die nach § 8 PatG bestehende Pflichtvergütung geleistet wird. Das BFG verneinte die Anwendbarkeit des § 38 EStG mit der Begründung, dass keine explizite Vergütung für die Diensterfindung, sondern lediglich eine allgemeine Erfolgsprämie vereinbart wurde, die wiederum unabhängig von der Diensterfindung gewesen wäre.

Fest steht, dass eine patentrechtlich geschützte Diensterfindung vorliegt. Im Prokuristen-Vertrag mit dem Rw aus dem Geschäftsjahr 1997/1998 war eine Erfolgsprämie von 3 % zzgl einer Prämie für Diensterfindungen vorgesehen. Im neueren Gf-Vertrag sollen auch Diensterfindungen mit einer erhöhten Erfolgsprämie von 7 % abgegolten werden. Diese Voraussetzung eines Gewinns für die Prämiengewährung schließt das Vorliegen einer Diensterfindungsprämie nicht aus, zumal aus dem Vertrag eine Einigung der Parteien dahin gehend zu entnehmen ist, dass dem Rw eine Diensterfindungsvergütung zusteht und dieser Anspruch auch der Vereinbarung einer erhöhten Erfolgsprämie zugrunde lag.

Ist die Diensterfindungsprämie Teil einer allgemeinen Erfolgsprämie muss allerdings eine Begleitrechnung vorgelegt werden, aus der hervorgeht, welcher Anteil der Diensterfindung an der Erfolgsprämie zuteilwird. Nur insoweit kann die Prämie als Gegenleistung für die Überlassung der Verwertungsmöglichkeiten an der Erfindung angesehen werden und dementsprechend der Hälftesteuersatz nach § 38 EStG zur Anwendung gelangen. Eine solche Begleitrechnung liegt vor.

Im Ergebnis muss daher das BFG ermitteln, ob die Anteilsallokation nach dieser Begleitrechnung zutrifft und weiters ergänzende Feststellungen zur Art der Anstellung des Rw und der Diensterfindung treffen. Hierdurch kann ermittelt werden, ob eine besondere Vergütung nach § 8 Abs 1 PatG gebührt oder die Vergütung bereits nach § 8 Abs 2 PatG durch die Art der Anstellung abgegolten wird. Außerdem muss das BFG feststellen, ob und inwieweit die Einkünfte bereits gem § 67 Abs 7 EStG idF vor StRefG 2015/16 besteuert wurden. Das Erk des BFG hob der VwGH wegen prävalierender Rechtswidrigkeit auf.

Conclusio

Der VwGH stellt vorliegend fest, dass auch dann Einkünfte aus der Verwertung patentrechtlich geschützter Erfindungen iSd § 38 EStG vorliegen können, wenn diese als Teil einer gewinnabhängigen Erfolgsprämie gewährt werden. Dagegen spricht auch nicht der Umstand, dass in einem solchen Fall in Verlustjahren keine Prämie gewährt wird, obwohl die patentrechtlich geschützte Erfindung verwertet wird (Verweis auf Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch § 67 Rz 58).

Eine solche Argumentation findet auch Deckung im Wortlaut des § 38 Abs 1 EStG, der sich generell auf Einkünfte aus der Verwertung patentrechtlich geschützter Erfindungen durch andere Personen bezieht. Eine Einschränkung auf Einkünfte, die unabhängig vom Gewinn dieser anderen Person sind, ist hiernach nicht erkennbar. Vielmehr entspricht es der Dispositionsfreiheit Steuerpflichtiger, eine solche Einschränkung nicht vorzunehmen. Diese Dispositionsfreiheit umfasst es auch – betriebswirtschaftlich oft sinnvolle und weit verbreitete – Vergütungsmodelle zu wählen, die teilweise vom Gewinn des Unternehmens abhängig sind.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35288 vom 08.04.2024