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Wettbewerbsbeschränkende Absprachen – Begriff „Vergabeverfahren“

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

StGB: § 168b

Gem § 168b Abs 1 StGB ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen, wer „bei einem Vergabeverfahren einen Teilnahmeantrag stellt, ein Angebot legt oder Verhandlungen führt, die auf einer rechtswidrigen Absprache beruhen, die darauf abzielt, den Auftraggeber zur Annahme eines bestimmten Angebots zu veranlassen“. § 168b Abs 1 StGB meint auch „Vergabeverfahren“, die private „Auftraggeber“ außerhalb des sachlichen Geltungsbereichs des BVergG durchführen-. Zur Ausfüllung der normativen Tatbestandsmerkmale des § 168b Abs 1 StGB („Vergabeverfahren“, „Auftraggeber“) sind – mit Blick auf den (auch beabsichtigten) terminologischen Gleichklang – jedoch die Bestimmungen des BVergG durchaus heranzuziehen.

OGH 21. 11. 2023, 11 Os 112/23i

Entscheidung

Der in § 168b Abs 1 StGB gebrauchte Begriff (Vergabe-)„Verfahren“ kann nicht nur ein Procedere bezeichnen, das an formalrechtliche Regeln gebunden ist, sondern – in einem weiteren Verständnis – auch sonst eine Vorgangsweise.

Ebenso wenig beschränkt sich der Gesetzeswortlaut auf Verfahren nach dem BVergG (erst 1997, dann 2002, dann 2006, nun 2018). In der bloßen Übernahme dessen Terminologie kann eine (gar dynamische) Verweisung auf jenes Gesetz (iS einer ausschließlichen Erfassung dessen Geltungsbereichs) keineswegs erblickt werden .

Angesichts der insoweit neutralen Tatbestandsformulierung unterscheidet der Wortlaut des § 168b Abs 1 StGB auch nicht zwischen öffentlichen und privaten „Auftraggeber[n]“.

Hievon ausgehend wird die Wortlautgrenze des § 168b Abs 1 StGB weder durch dessen Anwendung auf andere „Vergabeverfahren“ als nach dem BVergG noch durch die Annahme überschritten, die Strafnorm erfasse auch private „Auftraggeber“.

Im Übrigen erweist sich die Auffassung der Generalprokuratur als zutreffend, wonach sich entsprechende Tatbestandsbeschränkungen im Auslegungsweg auch sonst nicht ergeben.

Dies ändert nichts daran, dass zur Ausfüllung der normativen Tatbestandsmerkmale des § 168b Abs 1 StGB („Vergabeverfahren“, „Auftraggeber“) – mit Blick auf den (auch beabsichtigten) terminologischen Gleichklang – Bestimmungen des BVergG durchaus heranzuziehen sind (Kirchbacher/Ifsits in WK2 StGB § 168b Rz 10 und 14).

Vergabeverfahren“ iSd § 168b Abs 1 StGB können „Verfahren zur Beschaffung von Leistungen“ (vgl § 1 Z 1 und 2 BVergG) allerdings auch dann sein, wenn sie weder den „öffentlichen Bereich“ noch den „Sektorenbereich“ iSd BVergG betreffen.

Als „Auftraggeber“ iSd § 168b Abs 1 StGB wiederum ist „jeder Rechtsträger“ zu verstehen, der „vertraglich an einen Auftragnehmer einen Auftrag zur Erbringung von Leistungen gegen Entgelt erteilt oder zu erteilen beabsichtigt“ (§ 2 Z 5 BVergG), und zwar auch dann, wenn er nicht „öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber“ iSd BVergG ist.

Demzufolge meint § 168b Abs 1 StGB auch „Vergabeverfahren“, die private „Auftraggeber“ außerhalb des sachlichen Geltungsbereichs des BVergG durchführen (so auch Urlesberger/Ruech in Petsche/Urlesberger/Vartian, KartG 20052 § 168b StGB Rz 10 und 18 sowie Gugerbauer, KartG und WettbG3 § 168b StGB Rz 3 und 8).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34827 vom 07.12.2023