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Wirtschaftstreuhänder - Exzedentenhaftpflichtversicherung

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: §§ 914 f

1. Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat mit dem bekl Versicherer einen Exzedentenhaftpflichtversicherungsvertrag abgeschlossen, nach dessen Abschnitt II Art 9.3. jedem versicherten Mitglied selbst die Rechte und Pflichten eines Versicherungsnehmers zukommen. Bei dieser Sachlage ist ein direkter Anspruch eines Wirtschaftstreuhänders gegen die Versicherung zu bejahen; das Begehren auf Feststellung der Deckungspflicht ist zulässig.

2. Nach Art 6.1.1 des Versicherungsvertrags ist der Versicherungsschutz gegeben, wenn der Verstoß während der Wirksamkeit des Versicherungsschutzes begangen wird. Im vorliegenden Fall hat ein Wirtschaftstreuhänder die AfA für die Liegenschaft eines Kunden auf Basis der jedenfalls unrichtigen historischen Anschaffungskosten geltend gemacht anstatt auf Basis des möglichen, aber nicht vorteilhaften Einheitswerts oder auf Basis der optimalen fiktiven Anschaffungskosten, wozu ein Antrag notwendig gewesen wäre. Dem Wirtschaftstreuhänder ist daher nicht schlichte Untätigkeit vorzuwerfen, sondern ein aktives Tun, nämlich die Vorbereitung einer inhaltlich unrichtigen Einkommensteuererklärung, die den Verstoß iSd Pkt 6.1.1 des Versicherungsvertrags bildet. Damit hat das pflichtwidrige Verhalten des Wirtschaftstreuhänders begonnen. Dass dieser einen Antrag, die Absetzung von den fiktiven Anschaffungskosten vorzunehmen, im steuerlichen Rechtsmittelverfahren nicht nachgetragen hat, begründet keinen selbstständigen Versicherungsfall, weil es auf den ersten Verstoß ankommt.

OGH 27. 4. 2016, 7 Ob 232/15s

Entscheidung

Zur Bedeutung der Negativfeststellung betreffend Entgeltvereinbarung zwischen dem Wirtschaftstreuhänder und dessen Kunden verwies der OGH auf § 354 Abs 1 UGB, wonach ein Unternehmer (auch im einseitig unternehmensbezogenen Geschäft) im Zweifel entgeltlich tätig ist. Wirtschaftstreuhändern steht im Zweifel ein angemessenes Honorar zu, auch wenn es nicht ausdrücklich vereinbart wurde (RIS-Jusitz RS0038261).

Trotz der Negativfeststellung ist hier daher nach Ansicht des OGH davon auszugehen, dass der Bekl den Kl nicht selbstlos beraten hat, war doch hier nicht ein bloßer Rat zu erteilen, sondern die Steuererklärung eines Selbstständigen zu erstellen. Die aufgeworfene Frage, ob eine Haftung nach § 1300 ABGB erster Satz („gegen Belohnung“) oder nach dem zweiten Satz in Betracht kommt, stellt sich daher nicht.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 21837 vom 21.06.2016