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Wochengeld trotz Absinkens des Entgelts unter Geringfügigkeitsgrenze

Bearbeiter: Bettina Sabara / Bearbeiter: Barbara Tuma

ASVG § 122 Abs 3

Der Anspruch auf Wochengeld setzt grundsätzlich eine aufrechte Pflichtversicherung in der Krankenversicherung voraus, besteht aber gemäß § 122 Abs 3 Satz 1 ASVG auch dann, wenn der Versicherungsfall der Mutterschaft zwar nach dem Ende der Pflichtversicherung eintritt, die 32. Woche vor dem Eintritt des Versicherungsfalls aber bei noch aufrechter Pflichtversicherung begonnen hat und die Pflichtversicherung mindestens 13 Wochen bzw 3 Kalendermonate ununterbrochen bestanden hat. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, steht dem Wochengeldanspruch nur eine „schädliche“ Beendigungsart iSd § 122 Abs 3 Satz 2 ASVG entgegen, wie zB die Kündigung durch die Dienstnehmerin. Dabei sind die in § 122 Abs 3 Satz 2 ASVG genannten „schädlichen Auflösungsarten“ nicht im Wege der Analogie auf den Fall zu erweitern, dass eine (hier: freie) Dienstnehmerin zwecks Vermeidung der Gefährdung der Schwangerschaft bzw des Kindes das Arbeitszeitausmaß reduziert, was zu einer Entgeltreduktion und zu einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis führt, nicht aber zu einer Beendigung des Dienstverhältnisses.

OGH 19. 1. 2016, 10 ObS 123/15h

Entscheidung

In seinen Entscheidungsgründen setzt sich der OGH ausführlich mit dem Regelungsinhalt des § 122 Abs 3 Satz 2 ASVG und dessen Zielsetzung auseinander und hält dazu ua fest:

Die Ausschlusstatbestände des § 122 Abs 3 Satz 2 ASVG, die die Erweiterung des Wochengeldanspruchs verhindern, lassen sich dahin zusammenfassen, dass die Dienstnehmerin das Arbeitsverhältnis ohne besonderen Grund von sich aus beendet oder nach dem Ende des Kinderbetreuungsgeldbezugs ihre vorherige Beschäftigung nicht wieder aufnimmt.

Die Erweiterung des Wochengeldanspruchs diene familienpolitischen Zielsetzungen und solle die materielle Absicherung der Mutter und ihres Kindes sicherstellen. Nach dieser im Gesetz zum Ausdruck kommenden Wertung sei aber nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber - wäre ihm der Fall einer Reduktion des Arbeitszeitausmaßes zwecks Vermeidung der Gefährdung der Schwangerschaft bzw des Kindes vor Augen gestanden - daran die Rechtsfolge des Verlusts des Wochengeldanspruchs geknüpft hätte. Nach der Zielsetzung und Wertung des § 122 Abs 3 Satz 2 ASVG sei vielmehr davon auszugehen, dass der Gesetzgeber für eine derartige Vorgehensweise einen rechtlich anerkannten Grund als gegeben angenommen hätte.

Es fehlt somit nach Ansicht des OGH an einer Gesetzeslücke und damit auch an der Grundvoraussetzung einer ergänzenden Rechtsfindung. Die in § 122 Abs 3 Satz 2 ASVG genannten „schädlichen Auflösungsarten“ seien deshalb (auch) nicht im Wege der Analogie auf den vorliegenden Sachverhalt zu erweitern.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 21405 vom 06.04.2016