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Zwischensteuer bei ausländischen Begünstigten

Bearbeiter: Franz Wallig

KStG 1988: § 13 Abs 3

OECD-MA: Art 10, Art 21

Abstract

Das BFG hatte sich mit der Frage zu befassen, ob die Neuregelung des § 13 Abs 3 letzter UAbs KStG durch das AbgÄG 2015 weiterhin unionsrechtswidrig ist. Der EuGH hatte zur alten Rechtslage in der Rs F.E. Familienprivatstiftung Eisenstadt erkannt, dass die mangelnde Möglichkeit zur Anrechnung von Zuwendungen an ausländische Begünstigte auf die Zwischensteuerbemessungsgrundlage unionsrechtswidrig ist. Nach Ansicht des BFG ist auch die Neufassung der Bestimmung unionsrechtswidrig, da in den meisten Fällen weiterhin keine Anrechnung der Zuwendungen an ausländische Begünstigte möglich ist.

BFG 5. 1. 2024, RV/4100535/2016

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin (Bf), eine in Österreich (Ö) ansässige Privatstiftung, leistete in den Jahren 2013 und 2014 Zuwendungen an ihre Begünstigten. Die Begünstigten waren tw in Ö und tw in anderen europäischen Staaten ansässig. Die Bf rechnete ursprünglich nur die an die in Ö ansässigen Begünstigten geleisteten Zuwendungen auf ihre Bemessungsgrundlage für die Zwischensteuer an, da § 13 Abs 3 KStG idF vor dem AbgÄG 2015 eine Anrechnung nur insofern ermöglichte, als die Zuwendungen nicht aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens oder nach § 240 Abs 3 BAO von der Kapitalertragsteuer entlastet werden. § 13 Abs 3 KStG idF vor dem AbgÄG 2015 wurde aber durch die Entscheidung F.E. Familienprivatstiftung Eisenstadt (EuGH 17. 9. 2015, C-589/13, EU:C:2015:612) als mit der Kapitalverkehrsfreiheit unvereinbar anerkannt, weil eine ungerechtfertigte Diskriminierung von ausländischen Begünstigten vorliegt. Die nF des § 13 Abs 3 KStG nach dem AbgÄG 2015 ermöglicht weiterhin nur eine eingeschränkte Anrechnung von Zuwendungen an ausländische Begünstigte, weshalb die Bf eine Anrechnung der Zuwendungen an ausländische Begünstigte in ihren Körperschaftsteuerbescheiden für die Jahre 2013 und 2014 beantragte.

Entscheidung des BFG

§ 13 Abs 3 letzter UAbs KStG idF AbgÄG 2015 erlaubt eine Anrechnung von Zuwendungen an ausländische Begünstigte insofern, als diese Zuwendungen nicht endgültig mit KESt belastet sind. Sieht ein DBA ein anteiliges Besteuerungsrecht von Ö vor (zB in Art 10 DBA Ö-D, welches Zuwendungen von Privatstiftungen explizit als „Dividende“ anerkennt), können die Zuwendungen auch anteilig von der Bemessungsgrundlage für die Zwischensteuer in Abzug gebracht werden. Ein vollständiger Abzug ist weiterhin nicht möglich. Folgt ein von Ö abgeschlossenes DBA dem OECD-MA, sind Zuwendungen grundsätzlich nicht vom Dividendenbegriff des Art 10 OECD-MA umfasst. In diesen Fällen stellen die Zuwendungen sonstige Einkünfte dar, die gem Art 21 OECD-MA nur im Ansässigkeitsstaat besteuert werden können. Im vorliegenden Fall war daher ein (gänzlicher) Abzug der Zuwendungen an ausländische Begünstigte auch nach der Neuregelung des § 13 Abs 3 KStG weiterhin nicht möglich, weil kein oder nur ein eingeschränktes Besteuerungsrecht von Ö vorlag.

Das BFG verweist in weiterer Folge auf die Rsp des EuGH in der Rs F.E. Familienprivatstiftung Eisenstadt. Demnach sind Zuwendungen von Privatstiftungen grundsätzlich als Kapitalverkehrsvorgänge iSd Art 63 Abs 1 AEUV einzuordnen und von der Kapitalverkehrsfreiheit umfasst. Eine Zuwendung an ausländische Begünstigte ist nach Ansicht des EuGH mit einer Zuwendung an inländische Begünstigte objektiv vergleichbar. Ö hat sich für die mangelnde Besteuerungsmöglichkeit entschieden, als es die Doppelbesteuerungsabkommen mit den Ansässigkeitsstaaten der ausländischen Begünstigten abgeschlossen hat. Daher akzeptierte der EuGH auch nicht die vorgebrachten Rechtfertigungsgründe der ausgewogenen Aufteilung der Steuerhoheit, der Einmalbesteuerung und der Kohärenz der nationalen Steuerregelung. Der EuGH kam in der Rs F.E. Familienprivatstiftung Eisenstadt zu dem Ergebnis, dass eine ungerechtfertigte Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit vorlag.

Nach Ansicht des BFG widerspricht die Neufassung des § 13 Abs 3 letzter UAbs KStG weiterhin dem Unionsrecht. Die Möglichkeit zur anteiligen Berücksichtigung von Zuwendungen an ausländische Begünstigte führt zu keiner Änderung bei Begünstigten in einem Ansässigkeitsstaat, dessen Doppelbesteuerungsabkommen mit Ö dem OECD-MA folgt und kein Besteuerungsrecht zugunsten von Ö für die Zuwendungen vorsieht. Selbst dann, wenn ein Besteuerungsrecht zugunsten von Ö im anwendbaren DBA vorgesehen ist (zB im DBA Ö-D), wird eine Privatstiftung bei Zuwendungen an ausländische Begünstigte durch die nur anteilige Möglichkeit zur Anrechnung der Zwischensteuer im Verhältnis zu den in voller Höhe anrechenbaren Zuwendungen an inländische Begünstigten benachteiligt. Das BFG erkannte daher auch die Neufassung des § 13 Abs 3 KStG als unionsrechtswidrig und gab der Beschwerde folge.

Conclusio

Die Entscheidung des BFG kommt wenig überraschend. Bereits seit der Einführung der Neuregelung durch das AbgÄG 2015 wurde diese in der Lit kritisiert (siehe bspw Moritz, Zuwendungen an ausländische Begünstigte: Neuregelung als der Weisheit letzter Schluss? PSR 2015, 164; Hayden/Hayden, (Verschärfte) Unionsrechtswidrigkeit der Zwischenbesteuerung bei Privatstiftungen - Lösungsmöglichkeiten de lege ferenda, PSR 2016, 143). Die Lösung des BFG besteht darin, eine Anrechnung der Zuwendungen an ausländische Begünstigte auf die Zwischensteuer zu erlauben. Diese Vorgehensweise löst die Unionsrechtswidrigkeit, ist aber aus steuerpolitischer Sicht wohl unerwünscht. Werden die Zuwendungen im Ausland nicht besteuert, bleiben die Zuwendungen an ausländische Begünstigte zur Gänze steuerfrei. Es bleibt abzuwarten, ob und wie der Gesetzgeber auf die Entscheidung reagieren wird. In der Lit wurde etwa die Anrechnung einer ausländischen Zuwendungsbesteuerung (Hayden/Hayden, PSR 2016, 143 [147]) oder die Einführung einer Einmalbesteuerung auf Stiftungsebene unter gänzlichem Entfall der Zuwendungsbesteuerung (Beiser, Privatstiftungen im Licht des Unionsrechts und Markteinkommensbesteuerung, RdW 2014, 101 [102]) vorgeschlagen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35236 vom 28.03.2024