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Ehrebeleidigung gegenüber Privatdetektiv des Beleidigten

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: § 1330

Ausnahmsweise kann die Tatbestandsmäßigkeit nach § 1330 ABGB trotz Zugänglichkeit der Äußerung für mehrere Personen auch dann entfallen, wenn nach den konkreten Umständen damit zu rechnen ist, dass keine Weitergabe an außenstehende Personen erfolgen werde, etwa weil dies aufgrund von Geheimhaltungspflichten oder aus anderen besonderen Gründen zu erwarten ist. Entscheidend ist jedoch in diesem Fall, dass der Mitteilende mit der vertraulichen Behandlung durch den Mitteilungsempfänger rechnen musste. Dass objektiv zwischen dem Empfänger der Äußerung (hier: ein vom Beleidigtem beauftragter Privatdetektiv) und dem Beleidigten ein (dem Äußernden nicht bekanntes) besonderes Naheverhältnis besteht, das (allenfalls auch) durch vertragliche Verschwiegenheitspflichten gekennzeichnet ist, reicht demgegenüber allein noch nicht aus, die Tatbestandsmäßigkeit des § 1330 ABGB zu verneinen. Entscheidend ist vielmehr der äußere Eindruck, der sich dem Äußernden bei Abgabe der Äußerung darbietet.

OGH 21. 12. 2017, 6 Ob 238/17v

Sachverhalt

Nach den Feststellungen traf der Bekl am 2. 2. 2016 und am 12. 2. 2016 mit einem Privatdetektiv zusammen, der von der Kl beauftragt worden war. Letzteres Treffen fand in einem Gasthaus statt. Der Bekl bezeichnete in diesen Gesprächen die Kl mit bestimmten Schimpfworten. Ob im Gasthaus andere Gäste das Gespräch mitgehört haben, konnte das ErstG nicht feststellen. Der Privatdetektiv fertigte von beiden Gesprächen heimlich Tonaufzeichnungen an, die er anschließend in Schriftform übertrug.

Die Vorinstanzen gaben dem auf § 1330 ABGB gestützten Begehren auf Unterlassung der inkriminierten Äußerungen statt. Es handle sich um Ehrenbeleidigungen, die keinem Wahrheitsbeweis zugänglich seien. Die Wiederholungsgefahr sei bereits bei einem einmaligen Verstoß zu vermuten.

Der OGH wies die dagegen erhobene Revision zurück.

Entscheidung

Hinsichtlich des Gesprächs am 12. 2. 2016 in einer Gaststube, weist der OGH darauf hin, dass nicht die tatsächliche Wahrnehmung durch einen vom Äußernden und Beleidigten verschiedenen Dritten entscheidend ist, sondern die Wahrnehmbarkeit. Waren bei einem Gespräch zwischen zwei Personen weitere Personen zugegen und waren die Äußerungen wahrnehmbar, kommt es nicht darauf an, ob diese weiteren Personen die beleidigende Äußerung auch tatsächlich vernommen haben (6 Ob 101/07g). Die erforderliche Öffentlichkeit ist daher für die Äußerungen am 12. 2. 2016 schon deshalb zu bejahen, weil sie in einer Gaststube abgegeben wurden, in der auch andere Personen anwesend waren. Dass das Gespräch zwischen dem Bekl und dem Privatdetektiv derart leise geführt worden wäre, dass eine Wahrnehmbarkeit durch andere Personen von vornherein ausschied, ist den Feststellungen nicht zu entnehmen.

Der Ausnahmetatbestand der „beleidigungsfreien Intimsphäre“ kommt dem Bekl nicht zugute: Voraussetzung dafür ist, dass das besondere Naheverhältnis zwischen dem Äußernden und dem Empfänger der Äußerung besteht. Hingegen vermag ein allfälliges Naheverhältnis zwischen dem Empfänger der Äußerung und dem Beleidigten an der Tatbestandsmäßigkeit des § 1330 ABGB nichts zu ändern (vgl etwa 6 Ob 249/16k, Rechtsnews 23317, betr Äußerungen gegenüber der Lebensgefährtin des Beleidigten).

Hinsichtlich der Ausnahme für den Fall, dass der Mitteilende mit der vertraulichen Behandlung durch den Mitteilungsempfänger rechnen musste (6 Ob 40/09i, Rechtsnews 7462 = RdW 2009/569; 4 Ob 338/87, RdW 1988, 34; 6 Ob 37/95 ua), erinnert der OGH daran, dass dem Bekl nach den Feststellungen der Vorinstanzen die Rolle des Privatdetektivs nicht bekannt war; er wurde von ihm zu den abgegebenen Äußerungen auch in keiner Weise provoziert. Dafür, dass der Empfänger der beleidigenden Äußerungen diese allenfalls aufgrund seines Vertragsverhältnisses zur Beleidigten nicht weiterverbreiten würde, hatte der Bekl bei Abgabe seiner Äußerung nicht den geringsten Anhaltspunkt. Der OGH findet die Einschätzung der Vorinstanzen daher nicht zu beanstanden, dass den inkriminierten Äußerungen die nach § 1330 ABGB erforderliche Mindestpublizität zukam.

Abschließend hält der OGH fest, dass auch ein (vorbeugender) Unterlassungsanspruch gegeben wäre, selbst wenn man davon ausginge, dass infolge des Vertragsverhältnisses zwischen der Kl und dem Privatdetektiv die erforderliche Mindestpublizität der Äußerung des Bekl noch nicht gewährleistet wäre: Eine entsprechende (Erstbegehungs-)Gefahr wäre nämlich jedenfalls gegeben, wenn der Bekl die Kl gegenüber einer Person beleidigt, die er für einen Außenstehenden hält.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 25241 vom 10.04.2018