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Betrugsbekämpfung: Amtshilfe in Strafsachen – BGBl

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

Abkommen über die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits zur Bekämpfung von Betrug und sonstigen rechtswidrigen Handlungen, die ihre finanziellen Interessen beeinträchtigen

BGBl III 2018/66, ausgegeben am 23. 4. 2018

Mit diesem Abkommen werden Amtshilfe und Rechtshilfe in Strafsachen zwischen der EU und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits ausgedehnt. Das Abkommen wurde bereits vor einigen Jahren abgeschlossen, für sein Inkrafttreten ist jedoch die Ratifikation bzw Genehmigung aller Vertragsparteien erforderlich. Da nicht absehbar ist, wann diese Voraussetzung erfüllt sein wird, hat die Republik Österreich am 21. 12. 2017 – wie auch einige andere Mitgliedstaaten – eine Erklärung über die vorläufige Anwendung abgegeben.

Das Abkommen ist daher zwischen Österreich und folgenden Vertragsparteien ab 21. 3. 2018 vorläufig anwendbar: Belgien, Bulgarien, Deutschland, Estland, EU, Finnland, Frankreich, Kroatien, Niederlande, Polen, Portugal, Rumänien, Slowakei, Schweden, Schweiz, Vereinigtes Königreich.

Das Abkommen findet in folgenden Bereichen Anwendung:

1.verwaltungs- und strafrechtliche Verhinderung, Aufdeckung, Untersuchung, Verfolgung und Ahndung von Betrug und sonstigen rechtswidrigen Handlungen, die die finanziellen Interessen der Vertragsparteien beeinträchtigen, in Bezug auf:
  • den Warenverkehr, der gegen zoll- und agrarrechtliche Vorschriften verstößt;
  • den Waren- und Dienstleistungsverkehr, der gegen steuerrechtliche Vorschriften auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer, der besonderen Verbrauchssteuern und der Verbrauchssteuern verstößt (Anm: die direkten Steuern sind vom Anwendungsbereich des Abkommens ausgeschlossen);
  • die Vereinnahmung oder die Zurückbehaltung von Mitteln – einschließlich der Verwendung dieser Mittel für andere als die Zwecke, für die sie ursprünglich bewilligt wurden –, die aus dem Haushalt der Vertragsparteien oder aus Haushalten stammen, die von ihnen oder für ihre Rechnung verwaltet werden, zB Subventionen und Erstattungen;
  • die Ausschreibungsverfahren für die von den Vertragsparteien vergebenen Aufträge;
2.Beschlagnahme und Einziehung geschuldeter oder zu Unrecht vereinnahmter Beträge, die sich aus den genannten rechtswidrigen Handlungen ergeben.

Das Waschen der Erträge aus den unter dieses Abkommen fallenden Handlungen fällt in seinen Anwendungsbereich, sofern die zugrunde liegenden Taten nach dem Recht beider Vertragsparteien mit einer Freiheitsstrafe oder einer „die Freiheit beschränkenden Maßregel der Sicherung und Besserung“ im Höchstmaß von mehr als 6 Monaten bedroht sind.

Die Zusammenarbeit iSd Titel II (Amtshilfe) und III (Rechtshilfe) kann nicht allein mit der Begründung abgelehnt werden, dass das Ersuchen eine Straftat betrifft, die in der ersuchten Vertragspartei als Steuerdelikt eingestuft ist, oder dass das Recht der ersuchten Vertragspartei eine bestimmte Art von Abgaben oder Ausgaben nicht kennt oder nicht dieselbe Art von Rechtsvorschriften oder dieselbe rechtliche Einstufung der Taten enthält wie das Recht der ersuchenden Vertragspartei.

Die Behörde der ersuchten Vertragspartei kann ein Ersuchen um Zusammenarbeit ablehnen, wenn der verkürzte oder erschlichene Betrag 25.000 € oder der Wert der unerlaubt ein- oder ausgeführten Waren 100.000 € voraussichtlich nicht übersteigt, es sei denn, die Tat wird wegen ihrer Art oder wegen der Person des Verdächtigen von der ersuchenden Vertragspartei als sehr schwerwiegend betrachtet.

Titel II des Abkommens definiert den Geltungsbereich, die Vorgangsweise und die Modalitäten bei der gegenseitigen Amtshilfe auf Ersuchen und ohne Ersuchen und regelt die besonderen Formen der Zusammenarbeit sowie die Einbringungshilfe. Die Vertragsparteien werden verpflichtet, ausländische Ersuchen den eigenen Interessen gleichzustellen und zentrale Dienststellen zu ernennen, die für die Bearbeitung aller Amtshilfeersuchen zuständig sind. Grenzüberschreitende Maßnahmen können für besonders schwierige Ermittlungen auch die Errichtung eines Sonderermittlungsteams beinhalten.

Titel III des Abkommens listet die Verfahren auf, in denen Rechtshilfe geleistet wird, und regelt die Modalitäten bei der Übermittlung von Rechtshilfeersuchen und bei deren Erledigung. Hervorzuheben sind insb die Bestimmungen betreffend Rechtshilfeersuchen um Durchsuchung und Beschlagnahme und über die Durchführung kontrollierter Lieferungen im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen sowie die vorgesehene Verpflichtung zur Bekanntgabe aller Bankkonten eines Tatverdächtigen zur Aufklärung schwerwiegender Straftaten und zur Überwachung (auch künftiger) Bankgeschäfte während eines bestimmten Zeitraums.

Ein eigens eingesetzter Gemischter Ausschuss wird für die ordnungsgemäße Anwendung dieses Abkommens zuständig sein. Er soll mindestens einmal jährlich zusammentreten, um Empfehlungen abzugeben. Jeder Mitgliedstaat kann den Gemischten Ausschuss mit Streitigkeiten über die Auslegung oder Anwendung dieses Abkommens befassen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 25309 vom 24.04.2018