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Kündigung im Krankenstand – Krankenentgelt für Sonderzahlungen?

Bearbeiter: Manfred Lindmayr / Bearbeiter: Barbara Tuma

EFZG: § 5

KV-Gastgewerbe/Arbeiter: Pkt 14

Sieht ein Kollektivvertrag (hier: KV-Gastgewerbe/Arbeiter) vor, dass der Anspruch auf eine Jahresremuneration dem Grunde nach erst nach einer bestimmten Dauer des Arbeitsverhältnisses entsteht, und endet das Dienstverhältnis noch vor Ablauf der erforderlichen Zeit, dann umfasst der Fortzahlungsanspruch nach § 5 EFZG auch im weiter dauernden Krankenstand nur das Entgelt, das vor der Beendigung regelmäßig gebührt hat. Ein Anspruch, der nur dann entstanden wäre, wenn das Arbeitsverhältnis fiktiv über den Termin der (rechtmäßigen) Beendigung hinaus gedauert hätte, ist bei einer Entgeltfortzahlung nach § 5 EFZG nicht zu berücksichtigen. Anders als die Urlaubsersatzleistung, die sozusagen einen Urlaubsverbrauch in einem aufrechten Arbeitsverhältnis fingiert (daher Einbeziehung der anteiligen Sonderzahlungen ohne Rücksicht auf die Fälligkeitstermine), soll § 5 EFZG verhindern, dass sich der Arbeitgeber von der Pflicht zur Entgeltfortzahlung an den Arbeitnehmer dadurch befreit, dass er während der Arbeitsverhinderung das Dienstverhältnis durch Kündigung oder ungerechtfertigte Entlassung löst. § 5 EFZG nimmt dem Arbeitgeber aber nicht die Möglichkeit, einen Kündigungstermin so zu wählen, dass ein von der Dauer der Dienstzeit abhängiger Anspruch nicht mehr entstehen kann.

OGH 23. 2. 2018, 8 ObA 53/17b

Sachverhalt

Die Klägerin war ab 2. 5. 2016 beim beklagten Arbeitgeber beschäftigt. Das Dienstverhältnis, das dem Kollektivvertrag für Arbeiter im Hotel- und Gastgewerbe unterlag, endete durch Dienstgeberkündigung am 23. 5. 2016. Die Klägerin befand sich vom 23. 5. bis 13. 8. 2016 im Krankenstand.

Die Klägerin begehrt nun die Zahlung einer aliquoten Jahresremuneration gemäß Pkt 14 KV-Gastgewerbe unter Berufung auf § 5 EFZG. Dagegen wendet der Arbeitgeber ein, dass der Anspruch auf Jahresremuneration erst entstehe, wenn das Dienstverhältnis mindestens zwei Monate gedauert habe, was bei der Klägerin nicht der Fall gewesen sei.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren mit der Begründung ab, dass ein Anspruch auf Jahresremuneration bis zur arbeitsrechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin noch nicht entstanden gewesen sei. Der OGH ließ die Revision zu, weil die Rechtslage einer Klarstellung bedarf; die Revision war aber nicht berechtigt:

Entscheidung

Krankenentgelt nach Kündigung

Wird der Arbeitnehmer während einer Arbeitsverhinderung gemäß § 2 EFZG gekündigt, ohne wichtigen Grund vorzeitig entlassen oder trifft den Arbeitgeber ein Verschulden am vorzeitigen Austritt des Arbeitnehmers, bleibt gem § 5 EFZG der Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts für die gesetzlich vorgesehene Dauer bestehen, wenngleich das Arbeitsverhältnis früher endet.

Diese Regelung soll verhindern, dass sich der Arbeitgeber von der Pflicht zur Entgeltfortzahlung an den Arbeitnehmer dadurch befreit, dass er während der Arbeitsverhinderung das Dienstverhältnis durch Kündigung oder ungerechtfertigte Entlassung löst. Der Zeitpunkt des rechtlichen Endes des Arbeitsverhältnisses wird durch die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Entgeltfortzahlung nicht hinausgeschoben.

Sonderzahlung hier nicht zu berücksichtigen

Im vorliegenden Fall ist entscheidend, ob der Zeitraum des Krankenstands nach dem arbeitsrechtlichen Ende des Dienstverhältnisses bei der Entstehung oder Bemessung der zeitabhängigen Entgeltfortzahlungsansprüche gemäß § 5 EFZG noch einzurechnen ist und anspruchsbegründend wirkt.

Mit diesem Problem hatte sich der OGH zwar nicht in Bezug auf die hier strittige Jahresremuneration zu befassen, aber in anderen Zusammenhängen:

Seit der Entscheidung OGH 22. 10. 2010, 9 ObA 36/10z, ARD 6098/2/2010, entspricht es seiner stRsp, dass § 5 EFZG die Ausschöpfung des noch nicht verbrauchten Kontingents an Entgeltfortzahlungsanspruch für das laufende Arbeitsjahr gewährleistet. Endet jedoch das Arbeitsverhältnis vor Beginn des neuen Arbeitsjahrs und kann daher kein neues Arbeitsjahr zu laufen beginnen, gibt § 5 EFZG trotz fortdauernden Krankenstands keine geeignete Grundlage ab, einen neuen Entgeltfortzahlungsanspruch entstehen zu lassen.

Weiters hat der OGH auch klargestellt, dass der Zeitraum der Entgeltfortzahlung nach dem rechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zur Bemessung der Abfertigung Alt einzurechnen ist. Die Regelung des § 5 EFZG solle (nur) verhindern, dass sich der Arbeitgeber von der Pflicht zur Entgeltfortzahlung an den Arbeitnehmer dadurch befreit, dass er während der Arbeitsverhinderung das Arbeitsverhältnis durch Kündigung oder ungerechtfertigte Entlassung löst (vgl OGH 22. 12. 2010, 9 ObA 123/10v, ARD 6112/3/2011).

Die Rsp zur Berechnung einer Urlaubsersatzleistung ist nicht einschlägig: Der nicht konsumierte Urlaub ist so zu entschädigen, wie wenn er noch in einem aufrechten Arbeitsverhältnis verbraucht worden wäre, sodass Sonderzahlungen anteilig (ohne Rücksicht auf die Fälligkeitstermine) auch in die Urlaubsersatzleistung einzurechnen sind. Diese Betrachtungsweise kann aber auf den Anspruch nach § 5 EFZG nicht übertragen werden. Diese Bestimmung will missbräuchliche Gestaltungen zur Umgehung der Entgeltfortzahlungspflicht als solcher verhindern, normiert aber keine darüber hinaus gehende Einschränkung des Kündigungsrechts. Eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses während des Krankenstands ist zulässig und nicht rechtswidrig. Mit § 5 EFZG wird dem Arbeitgeber auch nicht die Möglichkeit genommen, einen Kündigungstermin so zu wählen, dass ein von der Dauer der Dienstzeit abhängiger Anspruch nicht mehr entstehen kann.

Sieht daher ein Kollektivvertrag – wie hier der KV-Gastgewerbe/Arbeiter – vor, dass der Anspruch auf eine Jahresremuneration dem Grunde nach erst nach einer bestimmten Dauer des Arbeitsverhältnisses entsteht und endet es noch vor Ablauf der erforderlichen Zeit, dann umfasst der Fortzahlungsanspruch nach § 5 EFZG auch im weiter dauernden Krankenstand nur das Entgelt, das vor der Beendigung regelmäßig gebührt hat. Ein Anspruch, der nur dann entstanden wäre, wenn das Arbeitsverhältnis fiktiv über den Termin der (rechtmäßigen) Beendigung hinaus gedauert hätte, ist bei einer Entgeltfortzahlung nach § 5 EFZG nicht zu berücksichtigen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 25328 vom 26.04.2018