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Änderung von SPG, StVO und TKG – BGBl

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, die Straßenverkehrsordnung 1960 und das Telekommunikationsgesetz 2003 geändert werden

BGBl I 2018/29, ausgegeben am 16. 5. 2018

Zur abgeänderten RV 15 BlgNR 26. GP siehe Rechtsnews 25025.

Hinweis: Im Innenausschuss wurde ein gesamtändernder Abänderungsantrag eingebracht und angenommen, der neben den in der RV vorgesehenen Änderungen insb die terminologische Anpassung des SPG an die DS-RL sowie deren innerstaatliche Umsetzung durch das 3. Hauptstück des DSG umfasst (diese Änderungen waren ursprünglich in der RV 65 vorgesehen).

Durch die Änderung des SPG sollen va Maßnahmen zur Stärkung der Sicherheit implementiert werden – sowohl in subjektiver Hinsicht (etwa durch „Sicherheitsforen“ auf regionaler Ebene) als auch in objektiver Hinsicht (etwa durch Abgleich der Daten aus Section Control-Strecken mit den Fahndungsevidenzen oder Melde-, Übermittlungs- und Aufbewahrungsverpflichtungen von Rechtsträgern wie Verkehrsbetrieben oder Bahnhofs- oder Flughafenbetreibern betr Bildaufnahmen an öffentlichen Orten). Außerdem wird im SPG die Kostenersatzpflicht bei sicherheitspolizeilichen Einsätzen erweitert und im TKG 2003 die Registrierung von Prepaid-SIM-Wertkarten zwecks Gefahrenabwehr und Strafverfolgung verankert.

In Kraft treten die Änderungen überwiegend mit 25. 5. 2018, teilweise aber auch erst mit 1. 1. 2019 und 1. 3. 2019.

Hauptgesichtspunkte der Änderungen sind va:

1. SPG

1.1. Sicherheit, Überwachung und Datenschutz:

-Möglichkeit zur Bildung von „Sicherheitsforen“ auf regionaler Ebene, in deren Rahmen (situationsbezogen) von und mit „Sicherheitspartnern“ Maßnahmen angeregt und koordiniert werden sollen (§ 25 SPG). Als Sicherheitspartner kommen je nach konkretem Anlassfall private Vereine (etwa Jugend- oder Elternvereine) in Frage, NGOs, Wohnpartner oder auch Menschen, die im Rahmen von „Community Policing“-Projekten freiwillig an der Präventionsarbeit teilnehmen.
-Verlängerung der Speicherfrist für Daten von Verdächtigen (§ 53a Abs 6 SPG) von 3 auf 5 Jahre, weil sich die bisherige Frist für eine erfolgreiche Ermittlungstätigkeit, insb im Bereich der organisierten Kriminalität, als zu kurz erwiesen hat.
-Die Erfahrungen seit der Einführung der Kennzeichenerkennungsgeräte im Jahr 2005 (vgl BGBl I 2004/151) haben gezeigt, dass es für die Anhaltung der Fahrzeuge im Trefferfall unbedingt erforderlich ist, über das Kennzeichen hinausgehende Informationen zum Fahrzeug zu erhalten, insb zur Fahrzeugmarke, Fahrzeugtype und Fahrzeugfarbe. Zudem sind im Trefferfall auch Informationen zum Fahrzeuglenker zum Zweck der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung von wesentlicher Bedeutung (Ausweitung in § 54 Abs 4b SPG). Die Ermittlungsmaßnahme obliegt weiterhin der nachprüfenden Kontrolle durch den Rechtsschutzbeauftragen (§ 91c Abs 1 SPG).
-Mit der Einfügung eines Abs 2a in § 57 SPG wird die Rechtsgrundlage geschaffen, um gem § 98a StVO 1960 ermittelte Daten („Section Control“) mit den Fahndungsevidenzen für die Zwecke des § 54 Abs 4b SPG abzugleichen (Fahndung, Abwehr und Aufklärung gefährlicher Angriffe und Abwehr krimineller Verbindungen). Vgl dazu unten auch die Änderungen der StVO.
Die Speicherdauer dieser Daten (Löschung spätestens zwei Wochen nach der Übermittlung; § 58 Abs 3 SPG) sowie die Protokollierung im Trefferfall (§ 63 Abs 3 SPG) werden wie beim Einsatz von polizeieigenen Kennzeichenerkennungssystemen gem § 54 Abs 4b SPG festgelegt.

Erst mit 1. 3. 2019 treten folgende Änderungen in Kraft:

-Hinsichtlich der Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Sicherheitsbehörden zur sicherheitspolizeilichen Aufgabenerfüllung (Zwecke des § 53 SPG) wird die Berechtigung zur Verarbeitung freiwillig übergebener Bilddaten auch auf Tondaten ausgeweitet; nach wie vor nicht zulässig ist die Verwendung von Daten über nichtöffentliches Verhalten (§ 53 Abs 5 SPG).
-Für bestimmte Rechtsträger wird darüber hinaus in § 53 Abs 5 SPG die Verpflichtung geschaffen, unverzüglich Ton- und Bilddaten auf Ersuchen der Sicherheitsbehörde zu übermitteln bzw für den Fall der Notwendigkeit eines Echtzeitstreamings unverzüglich Zugang zu den gerade erst anfallenden Bilddaten zu gewähren, damit die Sicherheitsbehörde diese Daten für die taxativ genannten Zwecke weiterverwenden kann. Umfasst von der Verpflichtung sind Rechtsträger des öffentlichen oder des privaten Bereichs mit öffentlichem Versorgungsauftrag (etwa öffentliche Verkehrsbetriebe, Bahnhofs- oder Flughafenbetreiber oder auch die ASFINAG), die nach den Bestimmungen des DSG zulässigerweise Ton- und Bildaufzeichnungsgeräte an öffentlichen Orten (§ 27 SPG) verwenden. Zudem wird ein Löschungsverbot für diese Rechtsträger ab Kenntnisnahme von der Herausgabepflicht statuiert sowie zur Durchsetzung der Herausgabepflicht eine Verwaltungsstrafbestimmung eingeführt (§ 84 Abs 1 Z 7 SPG). Der Rechtsschutz für diese Maßnahme richtet sich nach § 91c Abs 1 SPG (Verständigung des Rechtsschutzbeauftragten durch die Sicherheitsbehörde zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme).
-Für die Verwaltungsübertretungen nach § 84 Abs 1 SPG (ua zB iZm Betretungsverboten von Schutz- und Sicherheitszonen) wird eine Strafdrohung für den Wiederholungsfall eingeführt (Geldstrafe bis zu 2.300 €).
-Mit einem neuen § 93a SPG wird eine „Informationspflicht bei Bildaufnahmen an öffentlichen Orten“ eingeführt. Überwachen Rechtsträger des öffentlichen Bereichs bzw Rechtsträger des privaten Bereichs mit öffentlichem Versorgungsauftrag (etwa Verkehrsbetriebe oder Bahnhofs- oder Flughafenbetreiber) zulässigerweise einen öffentlichen Ort, werden sie nun verpflichtet, davon die örtlich zuständige Sicherheitsbehörde zu informieren. Soweit dies auf Grundlage einer ortsbezogenen Risikoanalyse zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder zur Strafverfolgung erforderlich ist, hat die Sicherheitsbehörde sodann mit Bescheid eine Aufbewahrungsverpflichtung von bis zu 4 Wochen festzulegen. Durch die Festlegung einer längeren Aufbewahrungsverpflichtung wird der Rechtsträger nicht daran gehindert, die Videoüberwachung wieder einzustellen; er hat darüber nur die Sicherheitsbehörde zu informieren.

1.2. Kostenersatz für sicherheitspolizeiliche Einsätze

Hinsichtlich der Auslösung eines Einsatzes durch eine technische Alarmeinrichtung (§ 92a Abs 1 SPG) wird ausdrücklich klargestellt, dass von der Regelung im Fall eines Fehlalarms auch Alarmeinrichtungen umfasst sind, die nicht nur dem Schutz von Eigentum und/oder Vermögen dienen, sondern dem Schutz anderer Rechtsgüter, wie etwa Leben oder Gesundheit von Menschen (Kostenersatz iH des Pauschalbetrags gem Verordnung des BMI).

Durch Einführung eines neuen Abs 1a in § 92a SPG können weiters nun auch in zwei abschließend genannten Fällen Personen zum Ersatz der Kosten des Polizeieinsatzes verpflichtet werden, wenn sie ein Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes verursacht haben:

-durch vorsätzlich falsche Notmeldung, etwa durch Notruf oder Notzeichen, ohne Vorliegen einer Gefahrensituation (davon umfasst ist nach den ErläutRV auch der Fall, dass jemand eine Gefahrensituation etwa mittels täuschend echten „Spielzeugwaffen“ vortäuscht und dadurch eine Notmeldung durch Dritte auslöst).
-Wenn sich der Betroffene grob fahrlässig einer Gefahr für Leben oder Gesundheit ausgesetzt hat; grob fahrlässig handelt nach den ErläutRV derjenige, der sich ungewöhnlich und auffallend sorgfaltswidrig verhält, sodass eine Gefahr für Leben oder Gesundheit geradezu wahrscheinlich vorhersehbar war.

2. StVO

In § 98a StVO wird verankert, dass der Einsatz der technischen Einrichtungen der Abschnittsbezogenen Geschwindigkeitsüberwachung („Section Control“) 7 Tage vor seinem Beginn der Landespolizeidirektion zu melden ist, in deren örtlichem Wirkungsbereich die festgelegte Messstrecke endet. Außerdem müssen die ermittelten Daten der Landespolizeidirektion auf Ersuchen übermittelt werden, und zwar ausschließlich für Zwecke des § 54 Abs 4b SPG (Fahndung, Abwehr und Aufklärung gefährlicher Angriffe und Abwehr krimineller Verbindungen) und der Strafrechtspflege. Die weitere Verwendung der Daten richtet sich nach dem SPG bzw der StPO.

In den Mat wird dazu klargestellt, dass die Daten zu übermitteln sind, noch bevor sie nach Errechnung der durchschnittlichen Fahrgeschwindigkeit gefiltert werden.

3. TKG

-Im 12. Abschnitt (Kommunikationsgeheimnis, Datenschutz) wird bei der Definition der Stammdaten in § 92 Abs 3 Z 3 TKG nun auch das Geburtsdatum ergänzt, um eine eindeutige Identifizierung einer Person zu ermöglichen.
-Damit auch Erwerber von Prepaid-SIM-Karten im Anlassfall identifizierbar sind, wird weiters in einem neuen § 97 Abs 1a TKG für die Anbieter (= Betreiber von öffentlichen Kommunikationsdiensten) die Verpflichtung verankert, „vor Durchführung des Vertrags“ (also vor Aktivierung bzw Freischaltung des Anschlusses) die Identität des Teilnehmers zu erheben und die erforderlichen Stammdaten anhand „geeigneter Identifizierungsverfahren“ zu registrieren. Einer Anregung im Begutachtungsverfahren folgend ist eine Registrierung bereits bestehender Kunden vorzunehmen, sobald die erste Wiederaufladung des Wertkartenguthabens nach dem 1. 9. 2019 erfolgt.
Die geeigneten Identifizierungsverfahren werden durch Verordnung des BMVIT im Einvernehmen mit dem BMI festgelegt, um dem raschen technischen Fortschritt und der notwendigen Verlässlichkeit der Identifizierung leichter Rechnung tragen zu können. In Betracht kommt dabei nach den Mat die Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises ebenso wie ein videounterstütztes, elektronisches Verfahren.
Die Speicherung der so ermittelten Daten richtet sich nach den Fristen des § 97 Abs 2 TKG (Löschung der Stammdaten grds spätestens nach Beendigung der vertraglichen Beziehungen).
-Zur Absicherung der neuen Registrierungspflicht für Prepaid-SIM-Karten wird in § 109 Abs 3 Z 22 TKG eine Strafbestimmung normiert (Geldstrafe bis zu 37.000 €, wenn „die erforderlichen Stammdaten nicht, nicht vollständig oder nicht im Rahmen eines geeigneten Identifizierungsverfahrens registriert“ werden).

Da die Verpflichtung zur Erhebung der Identität der Teilnehmer technische und organisatorische Vorkehrungen durch die Anbieter erfordert, treten die Änderungen des TKG erst mit 1. 1. 2019 in Kraft.

Hinweis:

Auch im Bereich der StPO werden bestehende Ermittlungsmaßnahmen erweitert und neue Ermittlungsmaßnahmen eingeführt (Überwachung verschlüsselter Nachrichten und Anlassdatenspeicherung „Quickfreeze“); siehe dazu BGBl I 2018/27 zum Strafprozessrechtsänderungsgesetz 2018, Rechtsnews 25418.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 25419 vom 16.05.2018