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BMF: Outbound-Pensionsabfindung

Bearbeiter: Barbara Tuma

EStG: § 1, § 25, § 98

DBA-SK: Art 15, Art 18

Solange nicht zweifelsfrei feststeht, dass die Slowakei auf Pensionsabfindungen vor Erreichung des Pensionsalters Art 18 OECD-MA anwendet, darf von der Steuererhebung in Österreich nicht Abstand genommen werden. Bei fehlender Dokumentation über die steuerliche Erfassung in der Slowakei wird der österreichische Arbeitgeber (die österreichische Pensionskasse) daher den Lohnsteuerabzug vorzunehmen haben.

EAS-Auskunft des BMF vom 3. 8. 2018, BMF-010221/0137-IV/8/2018; EAS 3400

Fließt einem in der Slowakei ansässig gewordenen Geschäftsführer einer österreichischen Gesellschaft aus Anlass der Lösung des Dienstverhältnisses eine Abfindung seiner Pensionsansprüche gegenüber der Gesellschaft zu, dann unterliegt diese nach den Vorschriften des EStG der österreichischen Besteuerung. Diese gründet sich bei Aufrechterhaltung eines österreichischen Zweitwohnsitzes auf die hiermit verbundene unbeschränkte Steuerpflicht nach § 1 ESt  1988. Bei Bestand einer bloß beschränkten Steuerpflicht gründet sich die Steuerpflicht auf § 98 Abs 1 Z 4 EStG 1988, denn es liegen diesfalls gem § 25 Abs 1 EStG 1988 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit vor, die im Inland ausgeübt und/oder verwertet worden ist.

Die Geltendmachung dieser Steuerpflicht hat nur dann zu unterbleiben, wenn dies durch das im Verhältnis zur Slowakei anzuwendende DBA-CSSR (BGBl 1979/34 iVm BGBl 1994/1046) verbindlich angeordnet wird. Im vorliegenden Fall würde Österreich als Quellenstaat der Einkünfte das Besteuerungsrecht durch das DBA entzogen, wenn die Abfindung unter Art 18 DBA-CSSR fällt.

Im Hinblick auf den derzeitigen Stand des OECD-Kommentars zu Art 18 OECD-MA und die darin erkennbare unterschiedliche Vorgangsweise ausländischer Staaten kann dies im vorliegenden Fall jedoch nicht als gesichert angesehen werden. Wohl werden Ruhegehälter von Art 18 OECD-MA nicht nur dann erfasst, wenn sie laufend zur Auszahlung gelangen, sondern auch dann, wenn es sich um eine Einmalzahlung (Abfindungszahlung) handelt (siehe zB EAS 860 und OECD-Kommentar Art 18 Z 5). Es hat sich indessen gezeigt, dass viele Staaten die Zuteilungsregel des Art 18 OECD-MA nur dann auf Pensionsabfindungen anwenden, wenn das Pensionsalter erreicht ist. Auch der OECD-Kommentar sieht in Z 6 (Satz 5) zu Art 18 OECD-MA vor, dass das Erreichen des Pensionsalters ein ergänzender Beurteilungsfaktor für die Einbeziehung von Pensionsleistungen in Art 18 OECD-MA sein könnte und dass sonach Pensionsabfindungen vor Erreichung des Pensionsalters nicht von Art 18 OECD-MA erfasst sind. Sie würden daher im Quellenstaat nicht durch das DBA steuerfrei gestellt, sondern dort auf der Grundlage von Art 15 OECD-MA in Anwendung des Kausalitätsprinzips der Besteuerung zugeführt, da dort die zum Entstehen der Pensionsansprüche führende Tätigkeit ausgeübt worden ist.

Solange daher nicht zweifelsfrei feststeht, dass die Slowakei auf Pensionsabfindungen vor Erreichung des Pensionsalters Art 18 OECD-MA anwendet, solange daher nur eine Möglichkeit besteht, dass sich dies so verhält, liegt keine Rechtfertigung vor, von der gesetzlich vorgesehenen Steuererhebung in Österreich Abstand zu nehmen.

Unter den gegebenen Umständen wäre es daher auch nicht gerechtfertigt, aus EAS 3248 (Inbound Pensionsabfindung aus Deutschland vor Erreichung des Pensionsalters) den Schluss zu ziehen, dass die dort angenommene Steuerpflicht im Ansässigkeitsstaat (hier: Österreich) automatisch und ungeprüft auch für den gegenteiligen Fall gilt, sodass bei jeder outbound Pensionsabfindung aus Österreich ebenfalls Steuerberechtigung im Ansässigkeitsstaat (hier: Slowakei) gegeben ist. Denn die im Verhältnis zu Deutschland ergangene EAS 3248 kann nicht als Nachweis dafür dienen, wie in einem Zweifelsfall das DBA-CSSR auszulegen ist.

Der Arbeitgeber (das österreichische Unternehmen im Fall einer Betriebspension nach § 25 Abs 1 Z 1 EStG 1988 oder die Pensionskasse im Fall einer Pensionskassenpension nach § 25 Abs 1 Z 2 EStG 1988) wird daher bei fehlender Dokumentation über die steuerliche Erfassung in der Slowakei den Lohnsteuerabzug vorzunehmen haben. Denn selbst eine vollständige und korrekte Nutzung der in der DBA-Entlastungsverordnung (BGBl III 2005/92 idF BGBl II 2006/44) angebotenen Verfahrenshilfen reicht nicht als Beleg für die DBA-Anwendung durch „Entlastung an der Quelle“ (Steuerfreistellung) aus. Denn alle in der VO vorgesehenen administrativen Erleichterungen setzen voraus, dass die Grundvoraussetzung des Einleitungssatzes in § 1 der VO erfüllt ist, dass nämlich „[...] Einkünfte von im Ausland ansässigen Personen aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen ganz oder teilweise von einer inländischen Abzugsbesteuerung zu entlasten“ sind. Genau dies bedarf aber hier vorweg einer Klärung.

Es steht dem Steuerpflichtigen indessen frei, in seinem Ansässigkeitsstaat (Slowakei) den Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens mit Österreich zu stellen, falls auf slowakischer Seite in seinem Fall auf die vor Erreichung des Pensionsalters gezahlte Pensionsabfindung Art 18 DBA-CSSR angewendet wird.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 25816 vom 07.08.2018