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Diversion – gemeinnützige Arbeit

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

StPO: § 198, § 199, § 201, § 205, § 209

Gemäß § 201 Abs 1 und 4 StPO hat das erkennende Gericht das Verfahren mit Beschluss vorläufig einzustellen, wenn die Voraussetzungen des § 198 StPO vorliegen und der Angeklagte sich ausdrücklich bereit erklärt hat, binnen bestimmter Frist (höchstens 6 Monate) unentgeltlich „gemeinnützige Leistungen in nach Art und Ausmaß bestimmter Weise zu erbringen“ und gegebenenfalls Tatfolgenausgleich zu leisten. Die dabei übernommene Pflicht zur Leistung gemeinnütziger Arbeit beinhaltet eine bindende Verhaltensanordnung, weshalb deren hinreichend konkrete Ausgestaltung geboten ist. Zur Klarstellung für den Angeklagten, auf welche Art er der Auflage nachkommen soll und wie der Nachweis ihrer Erfüllung zu erbringen ist, und zur effektiven Kontrolle ist es demnach notwendig, die gemeinnützige Leistung schon in der Entscheidung über die vorläufige Verfahrensbeendigung klar zu umschreiben; dabei genügt es, dass die Anzahl der Stunden präzise festgelegt wird, nur dem Grunde nach hingegen die Art der Leistung und eine mögliche gemeinnützige Stelle, bei der die Leistung zu erbringen ist. Nur die Zuweisung zu einer konkreten gemeinnützigen Institution und der Ort der Leistung können auch erst nach Abklärung mit einer in der Sozialarbeit erfahrenen Person bestimmt werden.

Das bloße Fehlen der Konkretisierung der Art der – vom Ausmaß und der Frist her bestimmten – gemeinnützigen Leistung im Beschluss nach § 201 Abs 1 und 4 StPO hat zur Folge, dass jede Art gemeinnütziger Leistung den Anforderungen entspricht und die Art der Leistung nicht Grund für die Annahme einer Nichterfüllung oder einer nicht vollständigen Erfüllung iSd § 205 Abs 2 Z 1 StPO sein kann.

OGH 23. 5. 2018, 15 Os 50/18v (15 Os 51/18s, 15 Os 52/18p, 15 Os 53/18k, 15 Os 54/18g, 15 Os 55/18d, 15 Os 56/18a)

Entscheidung

Zudem hat der OGH zusammengefasst ua ausgesprochen:

-Im Fall einer vorläufigen Verfahrenseinstellung durch das Gericht gem § 201 Abs 1 und 4 iVm § 199 StPO ist eine Fortsetzung des Strafverfahrens nur zulässig, wenn der Angeklagte die gemeinnützigen Leistungen samt allfälligem Tatfolgenausgleich nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erbringt (§ 205 Abs 2 Z 1 StPO). Über die Verfahrensfortsetzung hat das Gericht mit Beschluss zu entscheiden (§ 35 Abs 2 StPO), der Spruch, Begründung und Rechtsmittelbelehrung zu enthalten hat (§ 86 Abs 1 StPO), schriftlich auszufertigen und den zur Beschwerde Berechtigten zuzustellen ist (hier: dem Angeklagten/Verteidiger und der Staatsanwaltschaft; § 86 Abs 2 StPO). Eine mündliche Verkündung eines Fortsetzungsbeschlusses in der Hauptverhandlung ist im Gesetz nicht vorgesehen.
-Gemäß § 271 Abs 1a iVm § 270 Abs 4 (hier: iVm § 488 Abs 1) StPO kann das Protokoll über die Hauptverhandlung durch einen (hier:) vom Einzelrichter zu unterschreibenden Vermerk (mit den in § 271 Abs 1 Z 1 bis 3 StPO angeführten Angaben) ersetzt werden, wenn die Beteiligten des Verfahrens auf ein Rechtsmittel verzichten oder innerhalb der dafür offenstehenden Frist ein solches nicht anmelden und weder eine zwei Jahre übersteigende Freiheitsstrafe verhängt noch eine mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Maßnahme oder ein Tätigkeitsverbot (§ 220b StGB) angeordnet worden ist. Die Abfassung eines Protokollsvermerks setzt somit die rechtskräftige Erledigung der (gesamten) Anklage (ausschließlich) mit Urteil voraus.
Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 25908 vom 23.08.2018