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VfGH: Innsbrucker Gemeinderatswahl

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

IWO 2011: § 1, § 46 § 48

Die Wahl des Gemeinderats und die Wahl des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck sind zwar gem § 1 Abs 4 Innsbrucker Wahlordnung 2011 (IWO 2011) gemeinsam abzuhalten; dennoch handelt es sich ausdrücklich um zwei (eigenständige) Wahlen. Auch die Tatsache, dass die Kundmachung für beide Wahlen gem § 46 Abs 6 IWO 2011 so erfolgt, dass die Wahlvorschläge inklusive Wahlwerberlisten für die Wahl des Gemeinderats sowie „jeweils im Anschluss an ihren Wahlvorschlag für die Wahl des Gemeinderates“ der Wahlvorschlag für die Wahl des Bürgermeisters kundgemacht werden, und die Ausfertigungen in den Wahlzellen iSd § 48 Abs 1 IWO 2011 ebenfalls die Wahlvorschläge für beide Wahlen zu enthalten haben, ändert nichts daran, dass es sich um zwei eigenständige Wahlen handelt.

Die Anfechtungswerberin kann die behauptete Rechtswidrigkeit der Wahl des Gemeinderats daher nicht auf die Rechtswidrigkeit der Ausfertigungen der Kundmachung in den Wahlzellen (§ 48 Abs 1 IWO 2011) stützen, wenn sich der gemachte Fehler ausschließlich auf die Wahl des Bürgermeisters bezieht. Ein solcher Fehler könnte daher allenfalls zur Rechtswidrigkeit der Wahl des Bürgermeisters führen, nicht jedoch zur Rechtswidrigkeit des Verfahrens über die Wahl des Gemeinderats.

VfGH 27. 9. 2018, W I 2/2018

Entscheidung

Zudem hatte sich der VfGH ua mit Grundsatz der Freiheit der Wahl zu befassen:

Obgleich es sich bei der Wahl des Gemeinderats und der Wahl des Bürgermeisters um zwei eigenständige Wahlen handelt, erscheint es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass eine behauptete Rechtswidrigkeit bei der Wahl des Bürgermeisters die „Freiheit der politischen Willensbildung und -betätigung“ bei der Wahl des Gemeinderats beeinträchtigen kann: Einen Wahlvorschlag für die Wahl des Bürgermeisters darf nämlich nur eine solche Wählergruppe einbringen, die auch einen Wahlvorschlag für die Wahl des Gemeinderats einbringt; überdies darf gem § 41 Abs 2 IWO 2011 dabei nur der in der Wahlwerberliste ihres Wahlvorschlags für die Gemeinderatswahl an der ersten Stelle gereihte Wahlwerber als Wahlwerber für die Wahl des Bürgermeisters vorgeschlagen werden.

Die gesetzlich vorgesehene Kundmachung der Wahlvorschläge für die Wahl des Gemeinderats und des Bürgermeisters an der Amtstafel gem § 46 IWO 2011 ist hier fehlerfrei erfolgt. Auch die „Kundmachung der zugelassenen Wahlvorschläge für die Wahl des Gemeinderats und die Wahl des Bürgermeisters“ (§ 35 Abs 4 IWO 2011) bei Ausstellung von Wahlkarten stimmt mit der Kundmachung nach § 46 IWO 2011 überein und enthält ausschließlich die veröffentlichten Wahlvorschläge für die Wahl des Gemeinderats und des Bürgermeisters. Allein die Ausfertigung der Kundmachung an der Amtstafel nach § 46 IWO 2011, die in der Wahlzelle anzuschlagen oder aufzulegen ist (§ 48 Abs 1 IWO 2011), weist zu Unrecht denselben Wahlwerber für die Wahl des Bürgermeisters für zwei Wahlvorschläge auf (Nr 10 und 11).

Die beiden getrennten amtlichen Stimmzettel (§ 50 Abs 1 IWO 2011) entsprechen sowohl für die Wahl des Gemeinderats als auch für die Wahl des Bürgermeisters den gesetzlichen Vorgaben und der Kundmachung der Wahlvorschläge an der Amtstafel gem § 46 IWO 2011; der Stimmzettel für die Wahl des Bürgermeisters enthält daher keinen Wahlvorschlag der Anfechtungswerberin, weil diese nur bei der Gemeindesratswahl antrat und keinen Bürgermeisterkandidaten namhaft gemacht hatte. Auf dem Stimmzettel für die Wahl des Bürgermeisters sind entsprechend den Vorgaben des § 50 Abs 3 IWO 2011 die Wahlwerber für die Wahl des Bürgermeisters namentlich genannt und die Wählergruppen angeführt.

In Anbetracht dieser Umstände und va im Hinblick darauf, dass sowohl der Wahlwerber für das Amt des Bürgermeisters als auch die ihn nominierende Wählergruppe auf dem Stimmzettel für die Wahl des Bürgermeisters angeführt sind, kommt der in der Wahlzelle anzuschlagenden oder aufzulegenden Ausfertigung der Wahlvorschläge für das Amt des Bürgermeisters keine solche Bedeutung zu, dass dadurch eine irrtümliche oder fehlerhafte Stimmabgabe bei der Gemeinderatswahl bewirkt werden könnte. Es liegt demnach keine mit VfSlg 11.021/1986 vergleichbare Ausgangslage vor, weil dort – angesichts der unbedruckten Stimmzettel und des Fehlens der gesetzlich vorgesehenen Abschriften der Wahlvorschläge in den Wahlzellen – dem Wähler überhaupt „kein Behelf zur Orientierung“ über die Bezeichnung der Wahlvorschläge zur Verfügung stand.

Nach Ansicht des VfGH wurde der Grundsatz der Freiheit der Wahl im Hinblick auf die Wahl des Gemeinderats der Landeshauptstadt Innsbruck daher nicht verletzt.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 26116 vom 02.10.2018