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GmbH-Gründung mit abwesenden Gesellschaftern – BGBl

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

Bundesgesetz, mit dem das GmbH-Gesetz und die Notariatsordnung geändert werden (Elektronische Notariatsform-Gründungsgesetz – ENG)

BGBl I 2018/71, ausgegeben am 25. 10. 2018

Zur unverändert übernommen RV 253 BlgNR 26. GP siehe Rechtsnews 25659.

Hauptgesichtspunkte der Novelle:

GmbH-Errichtung durch elektronischen Notariatsakt

Eine der Voraussetzungen der Eintragung einer GmbH in das Firmenbuch ist der Abschluss eines schriftlichen Gesellschaftsvertrag, der nach § 4 Abs 3 GmbH-Gesetz der Form des Notariatsakts bedarf. Bei dessen Errichtung müssen nach aktueller Rechtslage alle Parteien gleichzeitig persönlich vor dem Notar anwesend sein. Dahinter steht die Überlegung, dass der Notar andernfalls seiner Beistandspflicht gegenüber sämtlichen Parteien nicht (hinreichend) nachkommen und seine rechtsgestaltende Funktion nicht ausüben könnte. Zudem sind die verlässliche Identifikation der Parteien durch den Notar und seine Prüf- und Sorgfaltspflichten nicht nur ein wesentlicher Punkt für die Gewährleistung der Rechtssicherheit, sondern stellen auch einen ganz wesentlichen Aspekt der Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung dar.

Während nun die gleichzeitige persönliche Anwesenheit aller Parteien vor dem Notar in privaten Angelegenheiten zumeist nur eingeschränkt Probleme bereitet, sind damit bei Gesellschaftsgründungen immer wieder Schwierigkeiten verbunden (sowohl in zeitlicher Hinsicht wie auch aus Kostengründen). Angesichts dessen und der schon erreichten Qualitäts- und Sicherheitsstandards der technischen Kommunikationsmöglichkeiten erscheint es dem Gesetzgeber mit den Zielsetzungen und Anforderungen der Notariatsakts-Formpflicht vereinbar, dass sich der Notar beim Zustandekommen eines Vertrags zur Errichtung einer GmbH dieser Kommunikationsmöglichkeiten bedienen kann, wenn eine (oder mehrere, gegebenenfalls auch alle) der Vertragsparteien nicht vor ihm anwesend ist (bzw sind).

Das ändert selbstverständlich nichts an den (Sorgfalts-)Pflichten, die den Notar iZm der Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung sowie von Sozial- und Steuerbetrug treffen. Auch die endgültige Verantwortung für die Erfüllung der Pflicht zur Identifizierung verbleibt ausdrücklich beim Notar, dem dazu auch sämtliche Daten und aufgezeichneten Vorgänge zur Verfügung stehen müssen, die im Rahmen des elektronisch unterstützten Identifikationsverfahrens erhoben werden. Ist dem Notar anhand dessen eine Erfüllung seiner Identifizierungs- und sonstigen Sorgfaltspflichten insgesamt nicht möglich, so hat die Aufnahme des Notariatsakts unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit zu unterbleiben. Ob in einer solchen Konstellation allenfalls die Aufnahme eines „herkömmlichen“ Notariatsakts unter gleichzeitiger persönlicher Anwesenheit aller Parteien vor dem Notar in Betracht kommt (weil etwa zu erwarten ist, dass auf diese Weise allfällige Bedenken iZm der Identifizierung noch ausgeräumt werden können), hat der Notar anhand der konkreten Umstände im Einzelfall zu beurteilen.

Auch wenn diese besondere Errichtungsmöglichkeit nach der Novelle ausschließlich für die „digitale GmbH-Gründung“ vorgesehen ist, sind sowohl die grundsätzliche Zulässigkeit wie auch die konkret einzuhaltenden Anforderungen in der Notariatsordnung (und hier konkret in einem neuen § 69b NO) festzulegen. Der neue § 69b NO sieht dementsprechend vor, dass „ein Notariatsakt nach Maßgabe der verfügbaren technischen Voraussetzungen auch elektronisch unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit errichtet werden“ kann, „soweit dies gesetzlich vorgesehen ist“. In § 4 Abs 3 erster Satz GmbHG wird dazu verankert, dass der Notariatsakt Gesellschaftsvertrag „auch elektronisch unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit (§ 69b NO) errichtet werden kann“.

 69b Abs 2 bis 4 NO regeln weiters die spezifischen Abweichungen von den Bestimmungen der NO über die Aufnahme eines elektronisch errichteten Notariatsakts, die im Übrigen grds auch hier gelten. Nach  69b Abs 2 4 NO hat der Notar dabei „bei einer nicht physisch anwesenden Partei durch Sicherungsmaßnahmen dafür zu sorgen, dass die Feststellung und Prüfung der Identität der Partei unter Verwendung eines elektronischen Verfahrens auf sichere und zweifelsfreie Weise erfolgen“, und zwar anhand eines amtlichen Lichtbildausweises im Rahmen eines videogestützten elektronischen Verfahrens (Z 1) oder durch einen elektronischen Ausweis (Z 12).

Mit Verordnung ist dazu festzulegen, welche Maßnahmen zum Ausgleich des insofern potenziell erhöhten Risikos der Geldwäscherei (§ 165 StGB) oder Terrorismusfinanzierung (§ 278d StGB) erforderlich sind, unter welchen Voraussetzungen sich der Notar für eine solche Identitätsfeststellung und -prüfung eines Dienstleisters bedienen kann und welche Anforderungen an die Datensicherheit, an die Fälschungssicherheit und an die Verlässlichkeit der Personen, die den Identifikationsvorgang konkret durchführen, erfüllt sein müssen. Die näheren technischen Voraussetzungen für die Verfahren sind in Richtlinien der Österreichischen Notariatskammer zu regeln. Die endgültige Verantwortung für die Erfüllung der Pflicht zur Identifizierung verbleibt beim Notar.

Musterzeichnung des Geschäftsführers

Bei der Anmeldung einer GmbH zum Firmenbuch ist ferner zu beachten, dass die Geschäftsführer nach § 9 GmbHG zugleich mit der Anmeldung ihre Unterschrift vor dem Registergericht zu zeichnen oder die Zeichnung in beglaubigter Form vorzulegen haben. Das mit der vorgeschlagenen „digitalen GmbH-Gründung“ verfolgte Ziel einer Vereinfachung, Beschleunigung und Kostenersparnis würde aber unterlaufen werden, wenn Gesellschafter zwar bei der Errichtung des Gesellschaftsvertrags nicht physisch anwesenden sein müssen, die Eintragung im Firmenbuch aber dann zumindest vorübergehend daran scheitert, dass die beglaubigte Musterzeichnung des Geschäftsführers der Gesellschaft voraussetzt, dass dieser seine Unterschrift persönlich vor dem Notar leistet. Für solche (Sonder-)Fälle einer notwendigen Beglaubigung einer händischen Unterschrift (oder einer elektronischen Signatur) kann daher nun die Beurkundung der Echtheit der Unterschrift (oder der elektronischen Signatur) durch den Notar ausnahmsweise auch im Fall einer nicht anwesenden Partei erfolgen (§ 79 Abs 9 NO).

Ausdrücklich wird in den EB aber betont, dass an ein generelles Abgehen vom Erfordernis der persönlichen Anwesenheit der Parteien vor dem Notar beim Abschluss eines Notariatsakts nicht gedacht ist; Entsprechendes gilt auch für den Bereich der Unterschriftsbeglaubigung.

Unterschriftsbeglaubigung

Im Bereich der Unterschriftsbeglaubigung durch den Notar besteht darüber hinaus insofern ein Anpassungsbedarf, als sich dabei die Pflichten des Notars zum Schutz der Rechtmäßigkeit und Rechtssicherheit derzeit nicht hinreichend deutlich im Gesetz widerspiegeln.

Inkrafttreten

Die Änderungen treten überwiegend mit 1. 1. 2019 in Kraft.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 26236 vom 29.10.2018