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Verlesung von Angaben des Angeklagten vor einer Verwaltungsbehörde

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

StPO: § 55, § 245, § 252, § 281

Die in § 245 Abs 1 StPO normierte Verlesungsermächtigung bezieht sich nur auf Protokolle von früheren Aussagen des Angeklagten vor Gericht, vor der Kriminalpolizei oder vor der Staatsanwaltschaft , nicht aber auf Niederschriften über seiner Angaben vor einer Verwaltungsbehörde (hier: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl). Protokolle solcher Aussagen sind vielmehr Schriftstücke anderer Art, die nach § 252 Abs 2 StPO in der Hauptverhandlung grundsätzlich verlesen (oder vorgetragen; Abs 2a) werden müssen, soferne sie für die Sache von Bedeutung sind, kein Verlesungs- und Verwertungsverbot entgegensteht und nicht Ankläger und Angeklagter auf die Verlesung verzichten. Da die Bestimmung per se nicht mit Nichtigkeitsdrohung verbunden ist, kann deren Missachtung nur aus Z 4 gerügt werden – vorausgesetzt eine Verlesung wurde in der Hauptverhandlung beantragt. Um unter dem Aspekt dieses Nichtigkeitsgrundes zum Erfolg führen zu können, hat der Antrag auch den inhaltlichen Anforderungen des § 55 Abs 1 und 2 StPO zu entsprechen. Ihm muss demnach – neben Beweisthema und Beweismittel – auch zu entnehmen sein, warum die beantragte Beweisaufnahme das vom Bf behauptete Ergebnis erwarten lasse und inwieweit dieses für Schuld- und Subsumtionsfrage relevant sei (vgl auch § 252 Abs 2 StPO: „für die Sache von Bedeutung“), soferne diese Umstände für das erkennende Gericht nicht ohne weiteres erkennbar sind.

Allfällige Verstöße gegen (verwaltungsrechtliche) Verfahrensvorschriften im Asylverfahren sind für die Frage der Verlesungspflicht nach § 252 Abs 2 StPO ohne Relevanz.

OGH 13. 11. 2018, 14 Os 65/18t

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 26696 vom 28.01.2019