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Beteiligung an einer kriminellen Organisation/Terrorgruppe

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

StGB: § 92, § 278, § 278a, § 278b

1. Die strafbaren Handlungen der kriminellen Organisation (§ 278a StGB) und der terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) sind in der hier aktuellen Variante der Beteiligung als deren Mitglied (§ 278 Abs 3 StGB) bereits mit der – mit entsprechendem Vorsatz erfolgten – Vornahme der Beteiligungshandlungen vollendet. Ob die Vereinigung die sonstige Förderungsaktivität erfolgreich nutzt, ist für die Subsumtion ohne Bedeutung (schlichtes Tätigkeitsdelikt).

2. Der Tatbestand des § 92 Abs 1 StGB (Quälen oder Vernachlässigen unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen) stellt auf das Zufügen körperlicher oder seelischer Qualen ab; der Eintritt weiterer Tatfolgen – etwa eines (die Tat überdauernden) Schadens an der psychischen Gesundheit – wird nicht vorausgesetzt.

OGH 29. 1. 2019, 14 Os 130/18a

Ausgangsfall

Mit dem angefochtenen Urteil wurden – soweit hier relevant – Frau S***** und Herr O***** je eines Verbrechens der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs 2 StGB und der kriminellen Organisation nach § 278a StGB sowie je eines Vergehens des Quälens oder Vernachlässigens unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen nach § 92 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Nach dem – hier stark verkürzt dargestellten – Urteilsspruch haben sie sich als Mitglied an der terroristischen Vereinigung (und kriminellen Organisation) Islamischer Staat (IS) in dem Wissen beteiligt (§ 278 Abs 3 StGB), dadurch diese terroristische Vereinigung in deren Ziel und in deren strafbaren Handlungen zu fördern, indem sie – jeweils in Begleitung ihrer (nicht gemeinsamen) unmündigen Kinder – am 20. 12. 2014 in die Türkei flogen und mit Unterstützung von Schleppern über die grüne Grenze nach Syrien einreisten, wo sie bis zum 1. 4. 2016 in dem vom IS kontrollierten Gebiet in den ihnen zugewiesenen Wohnungen von vertriebenen oder getöteten syrischen Bürgern lebten, ihre unmündigen Kinder nach den Vorgaben und der Propaganda des IS im radikal islamistischen Sinn erzogen und dem Schulunterricht durch Vertreter des IS zuführten, dadurch am Aufbau einer radikal islamistisch ausgerichteten sozialen Infrastruktur des IS als Ersatz für die zerstörte Zivilgesellschaft mitwirkten, und dies Verbindungsleuten der terroristischen Vereinigung vor ihrer Abreise zusicherten, wobei Herr O***** zudem – von Jahresende 2014 bis Februar 2015 vorerst an einer Ausbildung im islamischen Recht („Scharia“) und sodann an einer militärischen Ausbildung teilnahm und – sich von Frühjahr 2015 bis zum 1. 4. 2016 als Heilpraktiker für verletzte IS-Kämpfer betätigte.

Der Schuldspruch wegen des Quälens oder Vernachlässigens unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen nach § 92 Abs 1 StGB bezieht sich darauf, dass sie ihren unmündigen Kindern dadurch seelische Qualen zugefügt haben, dass sie sie zwangen oder zumindest verleiteten, am 20. 12. 2014 nach Syrien zu reisen und sich dem von Bombardierungen zunehmend geprägten Schrecken des Bürgerkriegs auszusetzen, wodurch das psychische Wohlbefinden der Kinder erheblich beeinträchtigt wurde.

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten S***** und O***** (aus § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO) blieben erfolglos.

Zur va bekämpften Konstatierung der wissentlichen Förderung des IS oder dessen strafbarer Handlungen durch Frau S***** konnte sich das ErstG auf verschiedene Verfahrensergebnisse stützen, ua auf die als glaubwürdig eingestuften Zeugenaussagen der Kinder. Nach Ansicht des OGH geht aus den Entscheidungsgründe mit hinreichender Deutlichkeit hervor, dass das ErstG (auch) die Wissentlichkeit iSd § 278 Abs 3 letzter Fall StGB aufgrund des objektiven Täterverhaltens von Frau S***** für erwiesen hielt („stets wohlüberlegtes und beabsichtigtes Vorgehen“), weiters aufgrund ihrer Kenntnis des Zwecks und der terroristischen Aktivitäten des IS sowie des (Bürger-)Kriegszustands in ihrem Zielland, aufgrund ihrer Radikalisierung „im islamischen Sinn“, unter deren Einfluss sie handelte, sowie aufgrund ihrer Motive für die Übersiedlung nach Syrien.

Dass diese Erwägungen den Kriterien logischen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widersprechen, behauptet die Beschwerde nicht (RIS-Justiz RS0118317). Soweit sie darauf verweist, dass sich die Wissentlichkeit der Förderungshandlungen „aus keinem Beweisergebnis ergibt“, übersieht sie, dass auch Indizienbeweise zulässig sind (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 449, 452; RIS-Justiz RS0098471, RS0098249).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 26981 vom 14.03.2019