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Bestechungsverbot des § 10 UWG

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

UWG: § 10, § 13

Eine Bestechung nach § 10 UWG liegt nicht schon deshalb vor, weil der Begünstiger durch die Vorteilsgewährung an einen fremden Bediensteten eine Bevorzugung für sich oder Dritte erlangen will. Diese angestrebte Bevorzugung muss vielmehr im Zusammenhang mit einem unlauteren Verhalten stehen, das durch die Begünstigung ausgelöst werden soll. Der vereinzelt vertretenen Ansicht, dass das Unlauterkeitsmerkmal des § 10 UWG „überflüssig“ sei, wird nicht beigetreten.

Der Senat schließt sich grundsätzlich der Rechtsansicht an, dass übliche Vorteilsgewährungen geringen Umfangs („sozialadäquate Zuwendungen“) die Voraussetzungen des § 10 UWG nicht erfüllen. Das bedeutet aber im Umkehrschluss nicht, dass bei einer nicht geringfügigen Zuwendung das Anstreben einer Bevorzugung durch unlauteres Verhalten des Begünstigen stets und ungeprüft zu bejahen wäre. Ein Verstoß gegen § 10 UWG hängt auch bei einer nicht geringfügigen Zuwendung davon ab, dass der Begünstiger eine unlautere Bevorzugung anstrebt.

Ist der strafrechtliche Tatbestand des § 10 UWG nicht erfüllt, kann der Begünstiger auch nicht nach § 13 UWG zivilrechtlich (auf Unterlassung und Schadenersatz) in Anspruch genommen werden.

Veranstaltet ein Reiseveranstalter einen Verkaufswettbewerb, der sich an die Vertragspartner (Unternehmer von Reisebüros) und direkt (auch) an deren Mitarbeiter richtet, verstößt dies nicht gegen § 10 UWG.

OGH 29. 1. 2019, 4 Ob 252/18i

Sachverhalt

Der Kl ist ein eingetragener Verein mit dem statuarischen Vereinszweck der Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs in allen Wirtschaftszweigen.

Die erstbekl Gesellschaft betreibt das Reisebürogewerbe und veranstaltet insb Pauschalreisen. Der Zweitbekl ist ihr alleiniger Geschäftsführer.

Die Bekl kündigten im Online-Auftritt einer touristischen Fachzeitschrift seit 5. 4. 2018 einen Verkaufswettbewerb für Reisebüromitarbeiter an. Danach sollte bis 30. 4. 2018 jener Agent mit den meisten Buchungsabschlüsse für die Bekl aus den Destinationen Irland, Schottland, Norwegen, Apulien und den Kanalinseln ermittelt werden; zu gewinnen gab es zwei Flugtickets nach Irland, eine Drohne oder einen Reisegutschein iHv 75 €. Teilnahmeberechtigt waren alle Agenturen bzw deren Verkaufsmitarbeiter, die mit der Erstbekl einen laufenden Agenturvertrag haben.

Seinen Antrag zur Sicherung seines inhaltsgleichen Unterlassungsbegehrens stützte der Kl auf das Bestechungsverbot des § 10 UWG sowie auf die Generalklausel des § 1 UWG. Es sei ganz offenkundig, dass die Erstbekl durch den Verkaufswettbewerb eine Bevorzugung ihrer Reisen erreichen und deren Verkauf daher mit unlauteren Mitteln fördern wolle.

Der OGH stellte die abweisende Entscheidung des ErstG wieder her.

Entscheidung

§ 10 UWG

Einem Wettbewerb mit Gewinnchancen wohnt zwar zweifellos ein Ansporneffekt inne. Nur mit der Förderung des Bemühens nach möglichst hohen Verkaufszahlen liegt nach Ansicht des OGH aber noch kein unsachliches Element vor, das geeignet wäre, den Leistungswettbewerb zu verfälschen.

Neben dem Fehlen eines entsprechenden Tatbestands im Anhang des UWG sprechen weiters auch folgende Erwägungen dagegen, aus dem Verkaufswettbewerb der Bekl per se abzuleiten, dass diese eine unlautere Bevorzugung anstrebten:

Wird ein Reisebüro von einem Reiseveranstalter mit der Vermittlung von Vertragsabschlüssen ständig betraut, übt es eine der Handelsvertretertätigkeit entsprechende Tätigkeit aus (RIS-Justiz RS0029650). Es muss sich um die Vermittlung oder den Abschluss von Geschäften bemühen und hat bei Ausübung seiner Tätigkeit das Interesse des Unternehmers mit der Sorgfalt eines ordentlichen Unternehmers wahrzunehmen. Die Mitarbeiter des Reisebüros sind dessen Erfüllungsgehilfen, können bei der Vermittlung von Reisen aber (auch) als Erfüllungsgehilfen des Veranstalters fungieren (4 Ob 130/09k, Rechtsnews 8709 = RdW 2010/146).

Während § 10 UWG auf eine Bervorzugung abstellt, auf die kein Anspruch besteht (Duursma in Gumpoldsberger/Baumann§ 10 UWG Rz 5), spricht die Erstbekl hier mit ihrem Verkaufswettbewerb nicht beliebige Dritte an, sondern allein ihre Vertragspartner (Unternehmer von Reisebüros) und deren Erfüllungsgehilfen, die auch ohne Verkaufswettbewerb dazu vertraglich verpflichtet sind, sich um die Vermittlung oder den Abschluss von Reisen der Erstbeklagten bestmöglichst zu bemühen. Diesen Personen kann nicht ohne weiters unterstellt werden, dass sie bei ihrer Vermittlungstätigkeit statt der Anwendung von sachlichen Kriterien (zB Leistung, Preis, Konditionen des Reisevertrags, besondere Kundenwünsche etc) bei der Beratung allein wegen einer in Aussicht gestellten Gewinnchance dazu übergehen, die Erstbekl unlauter zu bevorzugen und die Kunden unsachlich (irreführend, falsch, selektiv etc) zu beraten.

Kunden eines Reisebüros rechnen damit, dass dieses für den Abschluss eines vermittelten Reisevertrags mit einem dritten Unternehmer (Reiseveranstalter) von diesem entsprechend bezahlt wird. Ausgehend von dieser Erwartungshaltung ist es für Kunden eines Reisebüros von untergeordneter Relevanz, ob eine erfolgsabhängige Prämie für ihr Gegenüber nun dem Unternehmer oder (auch) dem Mitarbeiter des Reisebüros zufließt.

Weder aus dem Vorbringen noch aus den Feststellungen lässt sich im vorliegenden Fall ableiten, dass die Bekl darauf abzielten, durch unlauteres Verhalten der Reisebüros und ihrer Mitarbeiter eine Bevorzugung für sich oder einen Dritten zu erlangen, sodass der auf § 10 UWG gestützte Unterlassungsanspruch nicht bescheinigt ist.

§ 1 UWG

Mit seinem schlagwortartigen Vorbringen, wonach „Schmieren“ ganz allgemein unlauter nach § 1 UWG sei, stützt der Kl den Unterlassungsanspruch auch auf diese Bestimmung.

Diesem Rechtssatz liegt die E 4 Ob 384/87 zugrunde. In jenem Fall war die Generalklausel des § 1 UWG nach Ansicht des OGH durch die Werbung eines Gastwirts erfüllt, der ihm unbekannten Busfahrern und Reiseleitern neben einer kostenlosen Mahlzeit einen Geldbetrag für den Fall anbot, dass sein Gasthaus von den Reisegästen besucht werde. Dabei standen allerdings die angesprochenen Busfahrer und Reiseleiter in keiner rechtlichen Beziehung zum Gastwirt.

Diese Konstellation einer unlauteren Werbemaßnahme ist mit dem hier vorliegenden Fall nicht vergleichbar, weil die angesprochenen potentiellen Teilnehmer des Verkaufswettbewerbs ohnedies bereits (vertraglich) verpflichtet waren, sich zugunsten der Veranstalterin um einen Vermittlungserfolg zu bemühen.

Darüber hinaus lässt sich dem Klagsvorbringen und dem festgestellten Sachverhalt nicht entnehmen, dass die Bekl durch ihren Verkaufswettbewerb ein unsachliches, dem Leistungswettbewerb fremdes Element in den wirtschaftlichen Entscheidungsprozess hineingetragen hätten (vgl 4 Ob 384/87), sodass sich aus den Ergebnissen des Provisorialverfahrens auch kein Vorwurf eines Verstoßes gegen § 1 UWG ableiten lässt.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 27010 vom 20.03.2019