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Anlegerschaden – internationale Zuständigkeit

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

LGVÜ: Art 5

Im vorliegenden Fall macht ein geschädigter Anleger mit Wohnsitz in Österreich gegen einen in der Schweiz niedergelassenen Rechtsanwalt und Notar einen deliktischen Schadenersatzanspruch iZm einem Anlagemodell für den Ankauf von Edelmetallen einer Schweizer Gesellschaft geltend. Die Vertragsunterlagen, durch die der Kl die schädigende Verpflichtung einging, hatte der Kl an seinem österreichischen Wohnsitz unterfertigt. Der Zahlungsfluss ging vom österreichischen Konto des Kl aus und das Konto, auf das er seine Ansparbeträge überwies, wurde in Österreich geführt. Auch wenn man die Klageangaben dahin auslegen wollte, dass zum Zeitpunkt der Abgabe der Vertragserklärung oder der Überweisung durch den Kl noch keine ursprüngliche Täuschung oder Veruntreuungshandlung erfolgt war, sondern es sich um eine nachträgliche Veruntreuungshandlung durch die Schweizer Gesellschaft mit Wissen des Bekl gehandelt haben sollte, wäre der Erstschaden, zu dem der Bekl beigetragen haben soll, in Österreich eingetreten.

Die vom EuGH geforderte Vorhersehbarkeit eines Erfolgsorts in Österreich für den Bekl ergibt sich aus den Klageangaben, wonach der Bekl wusste, dass die von ihm ausgestellte Bestätigung dazu dienen sollte, österreichische Anleger anzuwerben. Damit besteht an der internationalen Zuständigkeit der österreichischen Gerichte kein Zweifel (zu den Voraussetzungen für die internationale Zuständigkeit siehe auch EuGH C-304/17, Löber = Rechtsnews 26014 = RdW 2018/530).

OGH 20. 2. 2019, 5 Ob 240/18g

Entscheidung

Hinweis: Betr dieses Anlagemodell und die falsche notarielle Bestätigung über die Goldbestände siehe schon OGH 24. 1. 2019, 6 Ob 233/18k, Rechtsnews 26971.

Die internationale Zuständigkeit wurde – soweit ersichtlich – auch in folgenden Entscheidungen bejaht, wobei der OGH zum Teil auch noch auf die konkreten Umstände der Einzelfälle einging:

-OGH 25. 3. 2019, 8 Ob 31/19w (grds gleich lautend OGH 25. 3. 2019, 8 Ob 23/19v):
Die Kl zeichnete den Ansparplan zwar mehr als ein Jahr vor Herausgabe des ersten Prüfberichts des Bekl; sie stützt sich allerdings auch darauf, dass sie durch das Vertrauen in die publizierten Berichte des Bekl veranlasst worden sei, das Investment weiter zu behalten (was im fortgesetzten Verfahren noch weiter zu erörtern sein wird).
Davon ausgehend spricht im vorliegenden Fall eine Reihe von zusätzlichen Sachverhaltselementen für die Zuständigkeit der österreichischen Gerichte: Eingehen der schädigende Grundverpflichtung – wenn auch noch außerhalb des Verantwortungsbereichs des Bekl – in Österreich, laufende Zahlungsflüsse vom österreichischen Konto der Kl aus und Führung des Kontos der Anlagegesellschaft, auf das die eingezogenen Ansparbeträge geflossen sind, im Sprengel des ErstG. Dass auf diesem Konto kein Schaden eingetreten wäre, kann nicht ohne weiteres gesagt werden: Nach den maßgeblichen Klagsangaben hätten die Gelder zum Ankauf von Edelmetallen verwendet werden müssen, weshalb bereits ihr Abziehen vom österreichischen Konto der Anlagegesellschaft zu einem anderen als dem vereinbarten Zweck als Schaden zu werten ist, der die Rechtsposition der Anleger beeinträchtigt hat. Es spielt dabei keine Rolle, ob Anlegergelder innerhalb der Gesellschaftsstruktur hin und her überwiesen wurden oder ob sie sogleich in unbekannten dunklen Kanälen verschwunden sind.
-OGH 28. 3. 2019, 9 Ob 8/19w (überwiegend lediglich die ausführliche Begründung der E 5 Ob 240/18g wiedergebend).
-OGH 29. 4. 2019, 8 Ob 30/19y:
Es liegen die gleichen Anknüfpungspunkte für die Zuweisung der Zuständigkeit an österreichische Gerichte vor (Unterzeichnung der Vertragsunterlagen, Zahlungsflüsse von einem und an ein österr. Konto). Zum Schaden hält der OGH ua fest, dass der behauptete Erstschaden – Verlust des Ansparbetrags –, zu dem der Bekl beigetragen haben soll, jedenfalls in Österreich eingetreten und der Erfolgsort in einer Konstellation wie hier am Wohnsitz des Kl als Mittelpunkt dessen Vermögens zu lokalisieren ist.
Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 27345 vom 21.05.2019