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Kassenplanstelle – Widerruf der Ausschreibung?

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: § 1293, § 1295, § 1323

Im vorliegenden Fall beruhte die Ausschreibung der Kassenplanstelle auf unsachlichen Kriterien (keine Berücksichtigung der Wartezeit). Das rechtswidrige Verhalten der bekl Ärztekammer bestand hier somit darin, die Ausschreibung dennoch nicht zu widerrufen. Bestand das pflichtgemäße Verhalten nach erfolgter Ausschreibung im Widerruf derselben und der Neuausschreibung nach Änderung der unsachlichen Kriterien, hat der übergangene Bewerber zu seinem Begehren auf Ersatz des Nichterfüllungsschadens den Beweis zu erbringen, dass er im Falle dieser gebotenen Vorgangsweise Erstgereihter gewesen wäre.

OGH 29. 4. 2019, 2 Ob 96/18h

Ausgangsfall

Im vorliegenden Fall steht zwar fest, dass der Kl infolge der Anwendung unsachlicher Kriterien bei der Vergabe der Kassenplanstelle nur Viertgereihter war und ohne Anwendung der unsachlichen Kriterien bei dieser Ausschreibung Erstgereihter gewesen wäre.

Dennoch scheiterte er mit seinen Begehren – ua auf Ersatz des Nichterfüllungsschadens – in allen Instanzen, weil nicht festgestellt werden konnte, dass er bei korrekter Vorgangsweise der bekl Ärztekammer - also bei Widerruf der Ausschreibung und Neuausschreibung auf Grundlage neuer, sachlicher Reihungskriterien erstgereiht gewesen wäre.

Entscheidung

Entgegen dem Zulassungsausspruch des BerufungsG sah der OGH keine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO:

Es entspricht der stRsp, dass auch auf die Vergabe von Kassenverträgen der allgemeine Rechtssatz Anwendung findet, dass bei Verletzung vorvertraglicher Sorgfaltspflichten grundsätzlich nur der Vertrauensschaden (negatives Vertragsinteresse) zu ersetzen ist und der Ersatz des Erfüllungsinteresses nur ausnahmsweise gebührt, wenn ohne die Pflichtverletzung der Vertrag zustande gekommen wäre (vgl zB RS0030354). Die Beweislast für diese Voraussetzung trifft den übergangenen Bewerber (vgl 4 Ob 198/05d mwN).

Dass die Vergabe der Kassenplanstelle im vorliegenden Fall auf unsachlichen Kriterien beruhte, ergibt sich unstrittig bereits aus der E 1 Ob 176/15m (= Rechtsnews 21412; vgl ferner 1 Ob 35/15a = Rechtsnews 19519). Der OGH hat daher keine Bedenken gegen die Rechtsansicht des BerufungsG, dass die Bekl die Ausschreibung widerrufen hätte müssen, weil sonst keine Möglichkeit zur Vergabe des Kassenvertrags nach den Grundsätzen der Transparenz und Gleichbehandlung bestand.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 27365 vom 24.05.2019