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Befangenheit eines Richters – persönliche Beziehungen?

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

StPO: § 43

Bei der Beurteilung, ob persönliche Beziehungen eines Richters zu einer Prozesspartei nach § 43 Abs 1 Z 3 StPO beachtlich sind, ist nicht nur darauf abzustellen, ob sich der Richter selbst befangen fühlt. Verneint er dies wie hier, kommt bei der (objektiven) Prüfung (des Anscheins) einer Befangenheit der Dauer und der Intensität des Naheverhältnisses maßgebliche Bedeutung zu. Unter Anlegung dieses Maßstabs wurden beispielsweise laufende freundschaftliche Beziehungen (1 Präs 2690-1667/09x) oder wiederholte gemeinsame sportliche und gesellschaftliche Aktivitäten (12 Ns 38/12b) als ausschlussbegründend iSd § 43 Abs 1 Z 3 StPO angesehen.

Demgegenüber kommt der hier in der Ausgeschlossenheitsanzeige angesprochenen Bekanntschaft (bloß) aus kollegialer Zusammenarbeit und rein dienstlichen Begegnungsverhältnissen mit einzelnen namentlich genannten Tatopfern (in einem Fall mit der Ehefrau eines der [nicht persönlich bekannten] Bedrohten) diese Eignung nicht zu. Ebensowenig ist in der „privaten Freundschaft“ zu einem der Tatopfer durch die seinerzeitige gemeinsame Ausbildung zum Richterberuf ein Naheverhältnis zu erblicken, das geeignet ist, die volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit des Vorsitzenden des Schöffengerichts in Zweifel zu setzen; die „privaten Kontakte“ zwischen den Genannten erschöpften sich nämlich seit dem Jahr 2007 in maximal ein bis zwei Telefonaten pro Jahr – diese auch jeweils mit dienstlichem Ausgangspunkt –, während persönliche Treffen (jedenfalls außerhalb einer justizinternen Veranstaltung) seit diesem Zeitpunkt überhaupt nicht stattfanden.

Die – auch durch Ermessensentscheidungen vorgenommene – gesetzeskonforme Erfüllung von Dienstpflichten, wie die Abweisung von Parteienanträgen, ist per se gleichfalls nicht ausschlussbegründend iSd § 43 Abs 1 Z 3 StPO.

OGH 21. 5. 2019, 14 Os 41/19i

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 27681 vom 26.07.2019