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Familienzeitbonus: Gemeinsamer Haushalt bei vorübergehender Abmeldung vom Hauptwohnsitz

Bearbeiter: Bettina Sabara

FamZeitbG: § 2 Abs 1 Z 4 iVm Abs 3

Hat der Vater eines Kindes die Absicht, dauerhaft mit der Mutter und seinem Kind zusammenzuleben, und begründet er einen gemeinsamen Haushalt durch die Hauptwohnsitzmeldung an der gemeinsamen Familienadresse, an der er schon zuvor tatsächlich wohnte, so hat er grundsätzlich Anspruch auf den Familienzeitbonus. Eine Mindestdauer ist für das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes nicht erforderlich.

Dass er sich wenige Wochen nach Ende des Bezugszeitraumes für den Familienzeitbonus von der gemeinsamen Familienwohnadresse abmeldet (obwohl er weiterhin dort wohnt), ändert nichts am bereits zuvor begründeten und auch während des gesamten Bezugszeitraums aufrecht bestehenden gemeinsamen Haushalt. Entscheidend für den Bezug des Familienzeitbonus ist nur der Umstand, dass der Familienbonusbezieher zum Zeitpunkt der Anmeldung die Absicht hatte, an der Familienwohnadresse einen gemeinsamen Haushalt zu begründen.

OGH 19. 11. 2019, 10 ObS 50/19d

Sachverhalt

Die Lebensgefährtin des Klägers und Mutter des gemeinsamen Sohnes ist seit 1. 11. 2001 an einer Adresse in S**** (in weiterer Folge: Familienwohnadresse) hauptwohnsitzlich gemeldet. Der Kläger hatte seit der Geburt seines Sohnes am 19. 6. 2017 eine Lebensgemeinschaft mit der Mutter des Kindes und wohnte seit Juni 2017 mit dieser zusammen an der Familienwohnadresse. Mit 4. 8. 2017 meldete er sich auch in der Absicht, dauerhaft mit seiner Lebensgefährtin und dem Kind an der Familienwohnadresse wohnen zu bleiben, an dieser Adresse hauptwohnsitzlich an.

Am 7. 8. 2017 beantragte der Kläger den Familienzeitbonus aus Anlass der Geburt des Sohnes für den Zeitraum 4. 8. 2017 bis 3. 9. 2017. Diesem Antrag wurde stattgegeben und dem Kläger ein Familienzeitbonus in Höhe von € 700,60 ausbezahlt. Da der Kläger unerwarteterweise ein Problem im Zuge einer erbrechtlichen Abwicklung bekam, meldete er sich ab 4. 10. 2017 (wieder) bei seinen Eltern hauptwohnsitzlich an. Den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen hatte der Kläger aber weiterhin an der Familienwohnadresse. So war auch seine Lebensplanung ausgelegt. Der Kläger stellte die Hauptwohnsitzmeldung an der Familienwohnadresse am 27. 12. 2017 wieder richtig.

Nach der Änderung des Hauptwohnsitzes im Oktober 2017 widerrief die beklagte Gebietskrankenkasse den Bezug des Familienzeitbonus und verpflichtete den Kläger zur Rückzahlung. Der dagegen erhobenen Klage wurde von den Vorinstanzen stattgegeben. Auch der OGH sah den Kläger mit folgender zusammengefassten Begründung im Recht:

Dauerhafte Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft

Gemäß § 2 Abs 1 Z 4 FamZeitbG hat ein Vater für sein Kind Anspruch auf den Familienzeitbonus, sofern er, das Kind und der andere Elternteil im gemeinsamen Haushalt leben. Ein gemeinsamer Haushalt im Sinne dieses Gesetzes liegt gemäß § 2 Abs 3 FamZeitbG nur dann vor, wenn der Vater, das Kind und der andere Elternteil in einer dauerhaften Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft an derselben Wohnadresse leben und alle drei an dieser Adresse auch hauptwohnsitzlich gemeldet sind. Eine höchstens bis zu zehn Tagen verspätet erfolgte Hauptwohnsitzmeldung des Kindes an dieser Wohnadresse schadet nicht.

Eine „dauerhafte Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft“ iSd § 2 Abs 3 FamZeitbG erfordert zunächst, dass eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft in der Absicht aufgenommen wird, dass diese auf Dauer geführt wird. Dies ergibt sich deutlich aus den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 1110 BlgNR 25. GP 2), wo von einem auf Dauer angelegten Zusammenleben die Rede ist. Es muss eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft tatsächlich aufgenommen werden und dies muss in der Absicht geschehen, dass sie auf Dauer geführt wird. Dass eine dauerhafte Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft bereits ab dem ersten Tag vorliegen kann, zeigt nicht nur die in § 2 Abs 1 Z 4 FamZeitbG genannte Anspruchsvoraussetzung, wonach es darauf ankommt, dass der Vater, das Kind und der andere Elternteil „im gemeinsamen Haushalt leben“ (also von Beginn an), sondern auch die Möglichkeit der Sanierung der verspäteten Hauptwohnsitzmeldung innerhalb von 10 Tagen (§ 2 Abs 3 Satz 2 FamZeitbG): Daraus ergibt sich ebenfalls, dass eine dauerhafte Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft (ungeachtet der zunächst fehlenden Meldung) bereits zuvor begründet worden sein kann.

Für die Beurteilung der Frage, ob eine dauerhafte Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft vorliegt, kommt es nicht auf eine Ex-post-Betrachtung an, weil nachträgliche Ereignisse vielfach nichts daran ändern, dass eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft ursprünglich auf Dauer aufgenommen wurde (beispielsweise der Tod, Krankheit mit Spitalsaufenthalt, Trennung der Eltern aus nicht vorhersehbaren Gründen etc). Maßgeblich ist daher die bei Aufnahme bestehende Absicht, eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft auf Dauer führen zu wollen.

Auf die tatsächliche Dauer einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft kommt es im Anwendungsbereich des § 2 Abs 3 FamZeitbG nur insofern an, als diese zumindest während des Bezugs des Familienzeitbonus bestehen muss (vgl OGH 20. 11. 2018, 10 ObS 109/18d, ARD 6634/12/2019). Daraus lässt sich aber, wie bereits ausgeführt, nicht auf eine am Bezugszeitraum orientierte „Mindestdauer“ für die Begründung einer dauerhaften Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft schließen.

Eine „dauerhafte Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft“ – als Teil der Definition des gemeinsamen Haushalts gemäß § 2 Abs 3 FamZeitbG – liegt somit vor, wenn eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft tatsächlich aufgenommen wird und dies in der Absicht geschieht, sie auf Dauer zu führen.

Gemeinsamer Haushalt liegt vor

Für den konkreten Fall folgt daraus, dass die Vorinstanzen zutreffend vom Vorliegen eines gemeinsamen Haushalts ausgegangen sind. Denn der Kläger hatte die Absicht, dauerhaft mit seiner Lebensgefährtin und dem Sohn zusammenzuleben und er begründete am 4. 8. 2017 auch einen gemeinsamen Haushalt iSd § 2 Abs 1 Z 4 iVm § 2 Abs 3 FamZeitbG durch die Meldung an der gemeinsamen Familienadresse, an der er schon seit Juni 2017 und auch weiterhin tatsächlich wohnte.

Der Umstand, dass sich der Kläger entgegen den melderechtlichen Vorschriften am 4. 10. 2017 von der gemeinsamen Familienwohnadresse abmeldete (obwohl er weiterhin dort lebte), ändert nach den dargestellten Grundsätzen am bereits zuvor begründeten und auch während des gesamten Bezugszeitraums unstrittig aufrecht bestehenden gemeinsamen Haushalt nichts mehr. Entscheidend ist der Umstand, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Anmeldung die Absicht hatte, an der Familienwohnadresse einen gemeinsamen Haushalt zu begründen.

Der Kläger muss daher den Familienzeitbonus nicht zurückzahlen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 28607 vom 31.01.2020