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EuGH: Finanztransaktionssteuern auf dem Prüfstand des EuGH

Bearbeiter: Alexandra Miladinovic

AEUV: Art 63

Abstract

Finanztransaktionssteuern, die an das Emissionsprinzip anknüpfen, sind mit der Kapitalverkehrsfreiheit vereinbar. Das gilt insb für den Fall, dass der Steuer nur jene Transaktionen mit derivativen Finanzinstrumenten unterliegen, denen ein von einer Gesellschaft mit Sitz in diesem Mitgliedstaat emittierter Titel als Basiswert zugrunde liegt.

EuGH, Société Générale SA, C-565/18 vom 30. 4. 2020

Sachverhalt

Im Jahr 2014 reichte die in Frankreich ansässige Société Générale bei der italienischen Steuerbehörde eine Steuererklärung über die in Italien eingeführte Finanztransaktionssteuer ein. Der Steuer unterlagen Finanztransaktionen mit derivativen Finanzinstrumenten, deren Basiswert ein Titel zugrunde liegt, der von einer Gesellschaft mit Sitz in Italien emittiert wurde. Dabei war die Steuer von den Parteien des Geschäfts unabhängig vom Ort des Geschäftsabschlusses oder von ihrem Sitzstaat und von dem an der Durchführung des Geschäfts beteiligten Vermittlers zu leisten. Noch im selben Jahr beantragte Société Générale die Erstattung der auf diese Steuer geleisteten Zahlungen und berief sich dabei auf die Unionsrechtswidrigkeit der Finanztransaktionssteuer. Konkret brachte das französische Unternehmen vor, dass die Steuer eine Ungleichbehandlung zwischen Gebietsansässigen und Gebietsfremden sowie eine Beschränkung des freien Kapitelverkehrs nach Art 63 AEUV begründete. Im Zuge des Rechtsmittelverfahrens wandte sich das italienische Gericht aufgrund unionsrechtlicher Bedenken mit einem Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH.

Entscheidung

In der Rs Société Générale (C-565/18) vom 30. 4. 2020 befasste sich der EuGH mit der Vereinbarkeit der italienischen Finanztransaktionssteuer mit der Kapitalverkehrsfreiheit gem Art 63 AEUV. Zunächst wies der EuGH darauf hin, dass die Frage der Ungleichbehandlung stets von der Vergleichbarkeit einer grenzüberschreitenden Situation mit einer mitgliedstaatsinternen Situation abhängt, die unter Berücksichtigung des Regelungszwecks zu bestimmen ist. Aus Sicht des EuGH führte die italienische Steuer zu keiner Ungleichbehandlung, zumal Geschäfte im nationalen Rahmen und grenzüberschreitende Geschäfte steuerlich gleich behandelt werden. Überdies verneinte der EuGH die Vergleichbarkeit der Situationen im Hinblick auf das Ziel der Regelung: Im Lichte des Ziels, einen Beitrag derjenigen zu den öffentlichen Ausgaben sicherzustellen, die sich an Geschäften mit derivativen Finanzinstrumenten beteiligten, deren Basiswerte dem italienischen Recht unterlagen, waren jene Finanzinstrumente mit italienischem Recht unterliegenden Basiswerten und nicht diesem Recht unterliegenden Basiswerten nicht vergleichbar. Aus diesem Grund ergab sich für den EuGH keine von Art 65 Abs 3 AEUV verbotene Diskriminierung. Schließlich prüfte der EuGH, ob die italienische Steuer zu einer Beschränkung des freien Kapitalverkehrs führte. Obwohl die Regelung Investitionen in die von der Steuer erfassten Finanzinstrumente weniger vorteilhaft machen könnte, ergab sich dieser Nachteil nur als Folge der fehlenden Harmonisierung auf EU-Ebene und beschränkte nach Ansicht des EuGH somit nicht die Kapitalverkehrsfreiheit.

Conclusio

Da der aktuelle D/F-Vorschlag zum gemeinsamen Finanztransaktionssteuersystem an das Emissionsprinzip anknüpft, könnte die E des EuGH für die Einführung der Steuer richtungsweisend sein.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 29297 vom 29.06.2020