News

(Spät-)Rücktritt von Lebensversicherung – Wertverluste der Fonds

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: § 1041, § 1435

Im Fall eines berechtigten (Spät-)Rücktritts von einer fondsgebundenen Lebensversicherung ist das Verlustrisiko nicht dem Versicherungsnehmer zuzuweisen. Bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung einer fondsgebunden Lebensversicherung fallen Wertverluste der Fonds zwischen Ankauf und Rückabwicklung – anders als nach deutschem Recht – daher nicht dem Versicherungsnehmer zur Last, sondern dem Versicherer, der daher die volle (Netto-)Versicherungsprämie zurückzahlen muss.

Bei einer fondsgebundenen Lebensversicherung wie hier investiert der Versicherer in Investmentfonds, die der Versicherungsnehmer aus einem Angebot ausgewählt hat, das der Versicherer beschränkt hat. Der Rücktritt des Versicherungsnehmers vom Geschäft (Versicherungsvertrag) beschränkt sich auf dieses Geschäft, erfasst aber nicht den Ankauf der Investmentfonds durch den Versicherer. Das bedeutet, dass der Versicherer – ungeachtet des Rücktritts des Versicherungsnehmers – Eigentümer der Wertpapiere geworden und geblieben ist; der Versicherer hat insofern einen Vorteil erlangt, der im Zeitpunkt des Ankaufs dem damaligen Wert der Wertpapiere entsprochen hat. Damit ist aber ein danach eingetretener Wertverlust der gekauften Papiere im Vermögen des Versicherers eingetreten und beeinflusst die Höhe des Bereicherungsanspruchs des Versicherungsnehmers nicht: Ist der Nutzen einmal eingetreten, so befreit dessen nachträglicher Wegfall den Bereicherungsschuldner nicht.

Hat der Versicherer allerdings bis zum Rücktritt Ablebensschutz gewährt und der Versicherungsnehmer daher hierfür eine Risikoprämie entrichtet, so kann der Versicherer diese dem Prämienrückzahlungsanspruch des Versicherungsnehmers aufrechnungsweise entgegenhalten.

Ein verständiger durchschnittlicher Versicherungsnehmer ließe sich durch eine Risikoprämie so geringen Ausmaßes wie hier 14,69 € nicht von einem Rücktritt von einem Vertrag abhalten, der seinen Bedürfnissen nicht entspricht; durch den Abzug einer solchen Risikoprämie wird daher die Wirksamkeit des Rücktrittsrechts des Versicherungsnehmers nicht beeinträchtigt.

OGH 16. 9. 2020, 7 Ob 117/20m

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 30039 vom 02.12.2020