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Gesellschafterausschluss und Konkurseröffnung über Gesellschafter

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

IO: § 6

Der Gesellschaftsvertrag sieht hinsichtlich des Ausschlusses eines Gesellschafters vor, dass die Ausschließung mit Zugang des Ausschließungsbeschlusses wirksam wird und der Gesellschafter verpflichtet ist, nach Wahl der Gesellschaft seinen Anteil ganz oder geteilt an die Gesellschaft, an einen oder mehrere Gesellschafter oder an einen von der Gesellschaft zu benennenden Dritten abzutreten hat. 2015 wurde der nunmehrige Schuldner in einer Generalversammlung als Gesellschafter der Gesellschaft ausgeschlossen und die Übernahme seines Geschäftsanteils durch die Klägerin beschlossen. Eine Anfechtungsklage des ausgeschlossenen Gesellschafters nach § 41 GmbHG gegen den GV-Beschluss wurde rechtskräftig abgewiesen. Zum Übergang des Geschäftsanteils ist jedoch noch eine Handlung des Ausgeschlossenen erforderlich (nämlich die Abtretung; vgl dazu auch § 76 Abs 2 GmbHG), die hier im Zeitpunkt der Konkurseröffnung noch nicht gesetzt war (das rk Urteil im Anfechtungsprozess nach § 41 GmbHG ordnet die Übertragung des Geschäftsanteils nicht an und kann den erforderlichen Notariatsakt daher nicht ersetzen).

Die vorliegende Klage der übernehmenden Gesellschafterin ist nun darauf gerichtet, den Schuldner schuldig zu erkennen, die Übertragung des Geschäftsanteils an die Kl gegen Zahlung eines Abfindungsentgelts in bestimmter Höhe in Notariatsaktsform vorzunehmen, sodass durch das klagsstattgebende Urteil der Notariatsakt ersetzt und die Übertragung vollzogen werde.

Der geltend gemachte Anspruch unterliegt der Prozesssperre des § 6 Abs 1 IO: Da ein Wechsel in der formellen Rechtszuständigkeit für den Geschäftsanteil des Schuldners bislang nicht erfolgt ist, gehören die mit dem Anteil verbundenen Vermögensrechte nach wie vor zur Masse. Dass der Geschäftsanteil des Schuldners der Kl wirtschaftlich zugeordnet sein mag, ändert nichts daran, dass er rechtlich noch dem Vermögen des Schuldners zugeordnet ist, weil der (form-)wirksame Übertragungsakt fehlt. Ein persönliches Recht auf Aussonderung an dem Geschäftsanteil iSd § 44 Abs 1 IO kann die Kl somit nicht geltend machen.

Das Begehren auf Unterfertigung eines Notariatsakts ist auch kein Anspruch auf eine persönliche Leistung des Schuldners iSd § 6 Abs 3 IO ohne Bezug zur Insolvenzmasse. Denn mit Unterfertigung des Notariatsakts scheidet der Geschäftsanteil als Vermögenswert aus der Insolvenzmasse aus.

OGH 22. 10. 2020, 6 Ob 63/20p

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 30165 vom 28.12.2020