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Lebensversicherung: Spätrücktritt – unterschiedliche Belehrungsfehler

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

VersVG idF BGBl I 2004/131: § 5b

VersVG idF BGBl I 2006/95: § 165a

1. Die Rücktrittsrechte nach § 5b VersVG idF BGBl I 2004/131 (Rücktrittsrecht betr sämtliche Versicherungszweige) und § 165a VersVG idF BGBl I 2006/95 (betr Lebensversicherungsverträge) beruhen auf unterschiedlichen Rechtsgrundlagen und die jeweils maßgebliche Rücktrittsfrist knüpft an unterschiedliche Voraussetzungen und Zeitpunkte an. Beide Rücktrittsrechte sind daher gesondert zu beurteilen und die Belehrung über das Rücktrittsrecht nach § 165a VersVG aF ersetzt nicht jene über das Rücktrittsrecht nach § 5b VersVG aF.

2. Keine gesetzmäßige Rücktrittsbelehrung sind der bloße Hinweis auf eine Gesetzesstelle, der Verweis auf eine Homepage mit weitergehenden Informationen oder das Anbot auf Zustellung der Bestimmungen.

3. Die zu § 165a VersVG aF entwickelten Grundsätze des Effektivitätsprinzips gelten gleichermaßen für den Rücktritt nach § 5b VersVG aF (vgl dazu zB 7 Ob 10/20a, RdW 2020/380; Rückforderung von Zinsen über die grds 3-jährige Verjährungsfrist hinaus grds nur bei Nachweis, dass das gewählte Produkt nicht den Bedürfnissen bei Vertragsabschluss entsprach und die kurze Verjährungsfrist der wirksamen Geltendmachung des Rücktritts entgegenstünde).

4. Der Fachsenat hat bereits ausgesprochen und ausführlich begründet, dass im Fall eines berechtigten (Spät-)Rücktritts von einer fondsgebundenen Lebensversicherung das Verlustrisiko nicht dem Versicherungsnehmer zuzuweisen ist (7 Ob 117/20m, RdW 2021/162). Die dafür maßgeblichen Erwägungen müssen auch für die Verwaltungskosten des Versicherers gelten, die sich in deren Vermögen realisiert haben und denen auf Seiten des Versicherungsnehmers keine zuordenbare Bereicherung gegenübersteht.

OGH 24. 2. 2021, 7 Ob 194/20k

Hinweis:

Mit BGBl I 2018/51 (= Rechtsnews 25859) wurde mit der Neufassung des § 5c VersVG ab 1. 1. 2019 ein einheitliches Rücktrittsrecht geschaffen, das die bisherigen Regelungen des § 165a und § 5b Abs 2 bis 6 VersVG ebenso ersetzt, wie die Rücktrittsrechte betr Versicherungsverträge nach §§ 3 und 3a KSchG. Versicherer müssen Versicherungsnehmer damit nur noch über das Rücktrittsrecht nach § 5c VersVG belehren (und im Falle des Vertragsabschlusses im Fernabsatz: nach § 8 FernFinG).

Die hier anwendbaren Fassungen von § 5b VersVG (idF BGBl I 2004/131) und § 165a VersVG (idF BGBl I 2006/95) standen jeweils bis 30. 6. 2012 in Geltung.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 30851 vom 05.05.2021