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Folgen einer coronabedingten Betriebsschließung auf ein mit „Ende der Wintersaison“ befristetes DV

Bearbeiter: Manfred Lindmayr

ABGB: § 1158 Abs 1

KV-Seilbahnen: § 14 Z 6

Für einen Wintersaisonbetrieb wie den Betrieb einer Seilbahn stellt die behördlich angeordnete Schließung aufgrund der SARS-CoV-Pandemie zum 15. 3. 2020 das Ende der Wintersaison dar. Somit hat ein Dienstverhältnis, das „bis zum Ende der Wintersaison (längstens bis 13. April 2020)“ befristet abgeschlossen wurde, mit Beginn der behördlichen Schließung des Betriebes automatisch geendet. Es macht keinen Unterschied, ob das objektive Ereignis „Ende der Wintersaison“ auf Witterungsverhältnisse oder behördliche Anordnung zurückzuführen ist.

OGH 24. 3. 2021, 9 ObA 118/20y

Sachverhalt und bisheriges Verfahren

Die beklagte Gesellschaft betreibt eine Seilbahn. Mit der Klägerin wurde ein Dienstverhältnis abgeschlossen, das „bis zum Ende der Wintersaison (längstens bis 13. April 2020)“ befristet war. Zum 15. 3. 2020 wurde aufgrund der SARS-CoV-Pandemie die Schließung der Seilbahn behördlich angeordnet. Diese Maßnahme war zunächst bis 13. 4. 2020 vorgesehen.

Dass die Befristung als Kombination eines objektiv bestimmbaren Ereignisses und eines kalendermäßig bestimmten Endtermins grundsätzlich gültig vereinbart wurde, wird seitens der Klägerin nicht bestritten. Strittig ist hingegen ob die behördlich angeordnete Schließung als „Ende der Wintersaison“ zu verstehen ist und folglich das Dienstverhältnis mit 15. 3. 2020 wegen Auslaufen der Befristung automatisch geendet hat.

Der OGH bestätigte nun die klagsabweisende Entscheidung der Vorinstanzen:

Befristung von Dienstverhältnissen

Die zeitliche Dauer einer Befristung des Dienstverhältnisses kann kalendermäßig fixiert sein oder an ein bestimmtes Ereignis anknüpfen, dessen Eintritt zum Zeitpunkt der Vereinbarung feststeht. Es genügt, wenn der Endzeitpunkt objektiv feststellbar und der willkürlichen Beeinflussung durch die Vertragsparteien entzogen ist.

Auch nach § 14 Z 6 2. Satz des hier anzuwendenden Kollektivvertrags für die Bediensteten der österreichischen Seilbahnen ist es für die Befristung eines Dienstverhältnisses ausreichend, wenn der Zeitpunkt der Endigung des Arbeitsverhältnisses objektiv bestimmbar oder vorhersehbar ist (zB Dienstverhältnis bis Eintritt des Schneefalls).

Objektiv festgesetzter Endzeitpunkt

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nicht die Zulässigkeit der getroffenen Vereinbarung im Hinblick auf die kollektivvertragliche Regelung, sondern die Frage, ob die aufgrund der SARS-CoV-Pandemie zum 15. 3. 2020 behördlich angeordnete Schließung der von der beklagten Gesellschaft betriebenen Seilbahn sowie der Beherbergungsbetriebe als „Ende der Wintersaison“ im Sinn der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung zu verstehen ist.

Unter „Saisonbetrieben“ versteht man Betriebe, die ihrer Art nach nur zu bestimmten Jahreszeiten oder regelmäßig zu gewissen Zeiten des Jahres erheblich verstärkt arbeiten. Der Einsatz von Saisonarbeitskräften dient damit dem Zweck den erhöhten Arbeitsanfall in dieser Zeit abzudecken. Nach dem objektiven Erklärungswert ist „Saisonende“ damit gleich zu setzen mit dem Wegfall dieses erhöhten Bedarfs für die Saison, für die der Arbeitnehmer aufgenommen wurde, wobei durch die Bezugnahme auf die „Saison“ im Allgemeinen nicht nur auf die Verhältnisse des individuellen Betriebs abzustellen ist. Vielmehr ist das „Saisonende“ je nach der konkreten Branche in einem größeren regionalen Rahmen zu beurteilen.

Nun ist allgemein bekannt, dass die behördlichen Anordnungen im März 2020 aufgrund der Epidemie nicht nur die „Wintersaison“ für die beklagte Arbeitgeber-Gesellschaft, sondern für vergleichbare Seilbetriebe in ganz Österreich beendet hat. Die Argumentation der Klägerin zielt darauf ab, dass unter „Ende der Wintersaison“ nur Ereignisse zu verstehen sind, mit denen schon nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu rechnen ist, also etwa ein Warmwettereinbruch. Allerdings stellt die Vereinbarung der Parteien nicht auf einen bestimmten Grund für das Saisonende ab. Ein solches einschränkendes Verständnis kann der Regelung im Hinblick auf die sachliche Rechtfertigung der Befristung durch den vorübergehenden höheren Arbeitsanfall, der mit dem Saisonende objektiv nicht mehr gegeben ist, auch nicht unterstellt werden.

Ein solches Verständnis steht auch nicht mit § 14 Z 6 2. Satz KV-Seilbahnen in Widerspruch. Das „Saisonende“ bzw „Ende der Wintersaison“ ist ein objektives Ereignis, das unabhängig von einer Einflussnahme der Parteien zu einem sicheren, wenn auch im Vorhinein nicht feststehenden Termin eintritt. Dabei macht es keinen Unterschied, ob dieses Ereignis auf Witterungsverhältnisse oder behördliche Anordnung zurückzuführen ist.

Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit 15. 3. 2020 endete, hält sich daher im Rahmen des gesetzlich eingeräumten Ermessensspielraums bezüglich der Auslegung von Vereinbarungen.

Hinweis: Ob auch bei einer behördlich angeordneten Schließung zu Beginn der Saison schon von einem „Saisonende“ auszugehen ist, musste der OGH im vorliegenden Fall nicht prüfen, weil hier aufgrund des Zeitpunkts der behördlichen Anordnung und der vorgesehenen Dauer der Maßnahme (13. 4. 2020) jedenfalls feststand, dass damit die Wintersaison beendet wird.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 30885 vom 14.05.2021