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KG-Gesellschaftskonstruktion eines Familienbetriebs

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: § 879

Ein (kommandit-)gesellschaftsrechtliche Beschränkung der Gewinnausschüttung iVm einem unbefristeten Abtretungsanbot (des Kommanditisten an den Komplementär) kann sittenwidrig sein. Ob tatsächlich Sittenwidrigkeit vorliegt, ist jedoch eine Frage des Einzelfalls (und wurde hier von den Vorinstanzen zutreffend verneint).

OGH 15. 3. 2021, 6 Ob 254/20a

Entscheidung

Konkrete Konstruktion

Die Kl hatte im Jahr 1999 mit ihrem späteren Ehemann einen Gesellschaftsvertrag abgeschlossen, durch den sie Kommanditistin der bekl KG wurde (mit einer Haftungssumme von 1.000 ATS). Zeitgleich mit der Errichtung des Gesellschaftsvertrags unterfertigte sie das Anbot, ihren Geschäftsanteil „unter Verzicht auf alle weiteren Ansprüche gegen die [Bekl]“ abzutreten.

Nach den Regelungen im Gesellschaftsvertrag führten beide Gesellschafter jeweils ein Kapital- und ein Verrechnungskonto, wobei auf das jeweilige Verrechnungskonto Gewinne, Verluste der Gesellschaft und sonstige Beträge zugunsten oder zulasten der Gesellschaft im Rahmen des Gesellschaftsverhältnisses zu buchen waren; weiters durfte die Kl Behebungen vom Verrechnungskonto nur einverständlich vornehmen.

Bis 2008 wurden Gewinne oder Verluste zu 60 % dem Komplementär (dem damaligen Ehemann der Kl) zugerechnet und zu 40 % der Klägerin, danach aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses zu 100 % dem Komplementär. Ab dem Wirtschaftsjahr 2008/2009 wurde ein allfälliges Guthaben der Klägerin verzinst.

Das Verrechnungskonto der Kl wies am 7. 9. 2012 ein Guthaben in Höhe des Klagsbetrags auf. Mit diesem Zeitpunkt nahm der Komplementär das Anbot ihres Geschäftsanteils zugunsten der beiden gemeinsamen Kinder an.

Keine Sittenwidrigkeit

Die Kl sieht eine Sittenwidrigkeit (offensichtlich) der Gesamtkonstruktion zu ihren Lasten darin, dass sie zum einen an ihr Anbot zur Abtretung ihres Geschäftsanteil unter Anspruchsverzicht unbefristet gebunden war und zum anderen nach dem Gesellschaftsvertrag Entnahmen aus ihrem Verrechnungskonto das Einverständnis des Komplementärs erforderten, was eine „dauerhafte Entnahmebeschränkung bzw einen faktischen Ausschluss [ihres] Entnahmerechts“ dargestellt habe.

Nach den Feststellungen hatte die Kl selbst kein Kapital in die Gesellschaft eingebracht, sondern erbrachte (lediglich) Arbeitsleistungen, wofür sie auch (fremdübliche) Lohnzahlungen und Privatentnahmen erhielt. Die Regelung im Gesellschaftsvertrag erfolgte erkennbar vor dem Hintergrund, dass das Gesellschaftsvermögen im Wesentlichen aus dem Betrieb bestand, den der Komplementär von seinen Eltern übernommen und in die KG eingebracht hatte; darüber hinaus übernahm die Kl lediglich eine äußerst beschränkte Haftung, während ihren früheren Ehemann als Komplementär die unbeschränkte Gesellschafterhaftung traf.

Hinsichtlich der Entnahmebeschränkung, die die Kl als „Willkür“ sieht, hat das BerufungsG zutreffend darauf hingewiesen, dass den Komplementär insoweit ohnehin eine Treuepflicht traf, wogegen die Revision nichts ins Treffen führt. Und schließlich erhielt die Kl im Zeitraum 1998 bis 2008 Privatentnahmen vom Verrechnungskonto iHv insgesamt knapp 140.000 € im Einverständnis mit dem Komplementär.

Keine Forderung aus dem Verrechnungskonto

Keine Bedenken hegt der OGH auch gegen die Auffassung der Vorinstanzen, das Guthaben auf dem Verrechnungskonto der Kl als damalige Kommanditistin sei als Eigenkapital der Gesellschaft zu qualifizieren und stelle keine selbstständige Forderung der Kl gegen die bekl KG dar, sondern einen Teil ihres Gesellschaftsanteils, der mit der Abtretung auf die Kinder übergegangen ist:

Die Verzinsung eines „allfällig positive[n]“ Verrechnungskontos ab dem Wirtschaftsjahr 2008/2009 spricht nicht zwingend für den Forderungscharakter.

Nicht entscheidungsrelevant ist auch das Argument, es seien faktisch nur Gewinne und Entnahmen verbucht worden (und keine Verluste), richtet sich der Rechtscharakter des Verrechnungskontos doch primär nach dem Gesellschaftsvertrag, nach den Gesellschafterbeschlüssen und nach der Art der Geschäftsvorgänge, die ihrer Bildung zugrunde liegen. Dass faktisch möglicherweise keine Verluste angefallen sind, die zu verbuchen gewesen wären, kann zu keinem anderen Ergebnis führen, abgesehen davon, dass im Gesellschafterbeschluss vom 1. 11. 2008 ausdrücklich von „Gewinne[n] und Verluste[n] .... bis einschließlich 29. 2. 2008“ die Rede ist.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 30894 vom 17.05.2021