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Empfängernennung: Auftrag zum Nachweis der Empfänger darf nicht offenbar unerfüllbar sein

Bearbeiter: Antonio Kovacevic

BAO: § 162

Abstract

Bei der Geltendmachung von Aufwendungen kann die Abgabenbehörde gem § 162 BAO den Steuerpflichtigen zur Benennung der Empfänger auffordern. Die Unmöglichkeit einer solchen Aufforderung nachzukommen, darf nicht vom Steuerpflichtigen verschuldet worden sein. Eine Abwendung der Hinderungsgründe muss außerhalb des Machtbereichs des Steuerpflichtigen liegen.

Zur Feststellung, ob eine Verletzung der Sorgfaltspflichten vorliegt, sind Feststellungen zur Branchenüblichkeit zu treffen. Derartige Feststellungen sind eine Frage des Sachverhalts und nicht jene der rechtlichen Beurteilung.

VwGH 17. 11. 2020, Ra 2020/13/0064

Sachverhalt

Im Rahmen einer Außenprüfung bei einer im Baugewerbe tätigen GmbH (folgend: Revisionswerberin) stellte das FA fest, dass die Revisionswerberin der Aufforderung zur Empfängernennung gem § 162 BAO nicht entsprochen hat und versagte den Abzug der strittigen Beträge. Die von ihr genannten Empfänger (Subunternehmen) seien Scheinfirmen und nicht die tatsächlichen Zahlungsempfänger.

Die Revisionswerberin erhob Beschwerde und brachte vor, dass zwar kein Lokalaugenschein der Geschäftslokalitäten zur Überprüfung der Existenz der Subunternehmer vorgenommen wurde, da ein solches Vorgehen branchenunüblich und aufgrund der Zahl an Subunternehmern auch unmöglich war. Jedoch prüfte die Revisionswerberin ua Gewerbeberechtigungen, Firmenbuch und Steuernummern der Subunternehmer und legte dem Prüfer einschlägige Unterlagen darüber vor.

Im ersten Rechtsgang wies das BFG die Beschwerde ab. Die Baubranche sei eine Risikobranche und es wären daher erhöhte Sorgfaltspflichten zugrunde zu legen. Diesen Pflichten wäre die Revisionswerberin nicht gerecht geworden, da sie trotz Erstaufnahme der Geschäftsbeziehungen zu den Subunternehmern die Geschäftslokalitäten nicht aufgesucht hat und auch nicht überprüft hat, ob und inwieweit die Subunternehmer in der Lage waren, die Leistungen (ordnungsgemäß) zu erbringen.

Der VwGH hob die Entscheidung des BFG wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften auf – das BFG hatte es unterlassen, Feststellungen zu den branchenüblichen Gepflogenheiten beim Eingehen neuer Geschäftsbeziehung zu treffen. Im zweiten Rechtsgang wies das BFG die Beschwerde neuerlich als unbegründet ab. Die Revisionswerberin trat daher mittels außerordentlicher Revision an den VwGH heran und machte wiederum Verfahrensfehler geltend.

Entscheidung des VwGH

Im Rahmen der Empfängernennung gem § 162 BAO dürfen keine offenbar unerfüllbaren Aufträge erteilt werden. Offenbare Unerfüllbarkeit liegt nur dann vor, wenn es dem Steuerpflichtigen unverschuldet tatsächlich unmöglich ist, die Empfänger der Zahlungen (Betriebsausgaben) zu benennen. Es muss außerhalb des Machtbereichs des Steuerpflichtigen liegen, die Umstände der Hinderung abzuwenden.

Feststellungen, die Baubranche sei eine Hochrisikobranche und es seien daher erhöhte Sorgfaltspflichten bei Erstaufnahme einer Geschäftsbeziehung zu erfüllen, können Feststellungen zu diesbezüglichen Gepflogenheiten nicht ersetzen. Ob derartige Gepflogenheiten branchenüblich sind, ist eine Frage des Sachverhalts und nicht eine der rechtlichen Beurteilung, sodass dazu Feststellungen zu treffen sind.

Gem § 269 Abs 1 BAO war es Aufgabe des BFG festzustellen, ob und inwieweit es branchenüblich war, durch Aufsuchen der Geschäftslokalitäten die Existenz der Subunternehmer zu überprüfen. Solche Verfahrensschritte sind aus den Akten nicht ersichtlich. Das BFG verweist lediglich auf eine im Internet auffindbare Checkliste der Bundesinnung „Bau“ der Wirtschaftskammer.

Das BFG war ebenso verpflichtet, zu den Erhebungsergebnissen aus der Checkliste der Revisionswerberin (und dem Finanzamt) Parteiengehör einzuräumen. Jedoch geht eine solche Einräumung weder aus den Akten noch aus dem angefochtenen Erkenntnis hervor. Die Unterlassung des Parteiengehörs belastet das angefochtene Erkenntnis mit einem Verfahrensmangel. Das Erkenntnis war daher gem § 42 Abs 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Conclusio

Im Rahmen der Empfängerbenennung gem § 162 BAO dürfen keine offenbar unerfüllbaren Aufträge erteilt werden. Eine offenbare Unerfüllbarkeit liegt nur vor, wenn es dem Steuerpflichtigen unverschuldet unmöglich ist, die Empfänger der Aufwendungen zu benennen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 30935 vom 26.05.2021