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Gemeinde: Aufsichtsbehördliche Genehmigung betr „Anlagen-Contracting“

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: § 867

K-AGO: § 104

Nach § 104 Abs 1 lit a K-AGO bedürfen bestimmte Geschäfte einer Gemeinde, darunter die „Aufnahme von Darlehen und der Abschluss von Leasingverträgen, ausgenommen für Angelegenheiten der laufenden Verwaltung“ grds der Genehmigung durch die Landesregierung und werden erst mit der Genehmigung rechtswirksam (Abs 5 leg cit). Welche Aufgaben konkret der laufenden Verwaltung zuzurechnen sind, die in der Kompetenz des Bürgermeisters liegt, ist in der K-AGO nicht näher ausgeführt. In den ErläutRV zu diesem Landesgesetz werden beispielhaft einige Aufgaben genannt, wie insb die Auszahlung von Löhnen und Gehältern an die Bediensteten der Gemeinde, die Aufnahme von vorübergehend benötigten Bediensteten, die Auszahlung von Gemeinderatsentschädigungen oder Reisekosten, die Beschaffung der notwendigen Kanzleierfordernisse, die Erneuerung kleinerer Inventargegenstände, kleinere Instandhaltungsarbeiten an Gebäuden und Einrichtungsgegenständen, die Entrichtung der SV-Beiträge und der vertraglich festgesetzten Versicherungsprämien oder die Leistungen von Miet- und Pachtzinsen. Unter Angelegenheiten der laufenden Verwaltung sind also va wiederkehrende, regelmäßig vorkommende Verwaltungsaufgaben der Gemeinde ohne weittragende finanzielle, wirtschaftliche, politische oder ähnliche Bedeutung zu verstehen.

Der Abschluss eines Vertrags von erheblicher und langfristiger wirtschaftlicher Bedeutung wie hier („Anlagen-Contracting“ – Energieoptimierungs- und Wartungsvertrag; gemischter Vertrag mit Elementen des Finanzierungsleasings, das keinen nur nebensächlichen Vertragsbestandteil darstellt) kann daher auch bei weiter Auslegung nicht unter diesen Ausnahmetatbestand subsumiert werden.

OGH 25. 6. 2021, 8 Ob 103/20k

Entscheidung

Die Gemeindeaufsicht erfasst den gesamten eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde einschließlich der Privatwirtschaftsverwaltung. Sie ist eine Verwaltungsaufgabe, die in Hoheitsverwaltung zu erfüllen ist. Die Genehmigung ist grundsätzlich durch Bescheid zu erteilen oder zu verweigern. Der Bescheid ist schriftformgebunden und setzt förmliches Verwaltungshandeln voraus, sodass ein Stillschweigen der Behörde nicht Bescheidcharakter haben kann.

Im vorliegenden Verfahren ist kein Bescheid der Aufsichtsbehörde über die Genehmigung des Contracting-Vertrags (oder deren Versagung) ergangen. Der festgestellten formlosen Auskunft „der Aufsichtsbehörde“ gegenüber der Gemeinde, dass keine Genehmigungspflicht bestehe, kommt kein Bescheidcharakter zu. Das gilt auch für das Unterbleiben von Beanstandungen im Zuge von „aufsichtsbehördlichen Überprüfungen“, zu deren Gegenstand nichts festgestellt ist.

Da die Contracting-Vereinbarung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung bedurft hätte und eine solche nicht vorliegt, ist der Vertrag nicht wirksam zustandegekommen, sondern schwebend unwirksam. Die Kl kann daher die primär begehrte Erfüllung nicht verlangen.

Die Rechtssache erweist sich damit aber noch nicht als spruchreif: Die Kl hat ihren Anspruch für den Fall, dass der Contracting-Vertrag einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung bedurfte, hilfsweise auch auf eine Schadenersatzpflicht der Bekl, die ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Einholung nicht nachgekommen sei, und auf bereicherungsrechtliche Rückabwicklung gestützt. Zur Beurteilung dieser Anspruchsgrundlagen reichen die bisherigen Feststellungen nicht aus. Zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung werden diese rechtlichen Aspekte mit den Parteien zu erörtern und der Kl Gelegenheit zur allfälligen Modifikation ihres Begehrens zu eröffnen sein.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 31451 vom 15.09.2021