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Facebook-Posting zu Familienleben – „Stalking-eV“

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: § 16, § 20

EMRK: Art 8, Art 10

EO idF vor BGBl I 2021/86: § 382g

Die sogenannte „Stalking“-einstweilige Verfügung nach § 382g EO (nach der GREx, BGBl I 2021/86: § 382d EO) dient dem Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre und enthält in Abs 1 einen demonstrativen Katalog der Mittel, mit denen der Anspruch auf Unterlassung von Eingriffen in die Privatsphäre gesichert werden kann. Die Antragsteller stützen ihren Antrag speziell auf § 382g Abs 1 Z 7 EO (nach der GREx, BGBl I 2021/86: § 382d Z 7 EO). Diese Bestimmung nennt als Sicherungsmittel das „Verbot, insb im Wege der Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems, Tatsachen oder Bildaufnahmen des höchstpersönlichen Lebensbereichs oder Verletzungen der Ehre oder Privatsphäre der gefährdeten Partei ohne ihre Zustimmung für eine größere Zahl von Menschen wahrnehmbar zu machen oder zu halten“.

Mit dieser „Stalking“-einstweiligen Verfügung kann einem Elternteil die Verbreitung von Details des Familienlebens (die in Persönlichkeitsrechte von Familienangehörigen eingreifen) auf seinem Facebook-Account untersagt und ihm die Löschung dazu veröffentlichter Kommentare von Facebook-Nutzern aufgetragen werden, wenn das Posting dieses Elternteils und die Kommentare von einer größeren Zahl von Menschen wahrgenommen werden konnten (was hier zu bejahen ist, haben doch zumindest 15 Nutzer die Veröffentlichung kommentiert).

OGH 15. 12. 2021, 7 Ob 197/21b

Entscheidung

Die Antragsgegnerin (hier: eine Mutter) hat in ihrem Facebook-Posting private Details des Familienlebens der Antragsteller bekanntgegeben sowie – trotz Kenntnis – gehässige Kommentare gegen diese geduldet und damit in deren geschützte Privatsphäre eingegriffen.

Dass die Antragsgegnerin in ihrem Posting die Namen der Antragsteller nicht genannt hat, ist unerheblich, weil diese schon aufgrund der Namensgleichheit auch ohne Anführung der Familiennamen identifiziert werden konnten (vgl RS0008998 [T2]). Die leichte Identifizierbarkeit ist auch aus den Kommentaren der Facebook-Nutzer ersichtlich, die konkret auf den Erstantragsteller und die antragstellenden Großeltern Bezug nehmen.

Im vorliegenden Fall sind das Persönlichkeitsrecht der Antragsteller auf Achtung ihrer Privatsphäre und des Familienlebens (vgl Art 8 EMRK) und das Recht der Antragsgegnerin auf freie Meinungsäußerung berührt (Art 10 EMRK). Wenn die Antragsgegnerin meint, ihr Posting diene dem öffentlichen Informationsinteresse, weil sie aufzeige, dass das mangelhaft geführte Pflegschaftsverfahren die Rsp zur Einschränkung des Kontaktrechts missachte und durch das Pflegschaftsverfahren sowie die negative Beeinflussung der Kinder deren Kindeswohl gefährdet werde, so zeigt sie damit keinen Beitrag zu einer Debatte von allgemeinem gesellschaftlichen Interesse auf, geht es ihr doch ausschließlich darum, negative Stimmung gegen die Antragsteller und das Pflegschaftsgericht zu machen. Dass ihr diese negative und beleidigende Stimmungsmache geglückt ist, zeigen nicht zuletzt die Äußerungen in den Kommentaren, in denen konkret der Erst-, die Fünft- und der Sechstantragsteller angegriffen und teilweise auch beleidigt werden.

Dass sie mit der Veröffentlichung bezwecke, die Kinder vor einer Kindeswohlgefährdung zu schützen, ist nicht nachvollziehbar und kann mit dem Posting gerade nicht erreicht werden. Sie legt auch nicht dar, warum ihr Posting geeignet sein sollte, ihre Obsorge- und Kontaktrechte durchzusetzen. Dies kann nur im Rahmen der dafür vorgesehenen gerichtlichen Verfahren geschehen. Damit überwiegt aber eindeutig das Interesse der Antragsteller am Schutz ihrer Privatsphäre das behauptete Interesse der Antragsgegnerin an der freien Meinungsäußerung.

Im vorliegenden Fall ist auch die Wiederholungsgefahr jedenfall gegeben: Das Posting ist nach wie vor veröffentlicht und die zumutbare Löschung der beleidigenden Kommentare wurde nicht veranlasst. Verstärkend beklagt sich die Antragsgegnerin zudem in einer WhatsApp-Nachricht an den Erstantragsteller über sein Verhalten und „verspricht“ ihm, dass die Öffentlichkeit erfahren wird, was er tut. Sie beharrt auch im Prozess darauf, zur Veröffentlichung des Postings berechtigt zu sein. Mit der Behauptung, mit der WhatsApp-Nachricht habe sie gemeint, sie werde eines Tages möglicherweise ein Buch über ihre Erlebnisse schreiben, vermag sie jedenfalls die Wiederholungsgefahr nicht zu entkräften.

Damit sind sowohl die Sicherung des Unterlassungsbegehrens als auch des Löschungsbegehrens mit den Mitteln gem § 382g Abs 1 Z 7 EO berechtigt.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 31956 vom 13.01.2022