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VwGH zu fehlenden Feststellungen iZm der Fremdüblichkeit eines Immobilienerwerbs

Bearbeiter: Michael Gleiss

VwGG: § 42 Abs 2 Z 3

Abstract

Der VwGH hatte über eine Amtsrevision gegen ein Erk des BFG zu entscheiden. Abweichend zur Beurteilung des FA hatte das BFG die Fremdüblichkeit einer Immobilientransaktion bejaht und im Wesentlichen damit gerechtfertigt, dass betriebliche Gründe (geplante Betriebserweiterung, keine Alternativen zum Liegenschaftskauf) vorlagen, die den erhöhten Kaufpreis rechtfertigten. Der VwGH bemängelte jedoch die fehlende Feststellung dieser Gründe durch das BFG, weshalb das Erk aufgrund der Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben wurde.

VwGH 23. 11. 2022, Ra 2021/15/0041

Sachverhalt

Der mitbeteiligten Partei, einer GmbH, war ab dem Jahr 1997 ein Baurecht an einem Grundstück eingeräumt, das im Eigentum eines Gesellschafters der GmbH stand. Im Jahr 2011 erwarb die mitbeteiligte Partei schließlich das Grundstück. Im Rahmen einer Außenprüfung stellte der Prüfer fest, dass die mitbeteiligte Partei das Grundstück zu einem Quadratmeterpreis von rund EUR 122 erworben hatte, obwohl der ortsübliche Preis lediglich bei EUR 45 bis EUR 55 gelegen wäre. Die Differenz zwischen dem ortsüblichen und dem tatsächlichen Kaufpreis wurde als verdeckte Ausschüttung eingestuft. In der Folge verfügte das FA die Wiederaufnahme und erließ einen neuen KöSt-Bescheid. Zudem wurde die mitbeteiligte Partei zur Haftung der KESt herangezogen. Nachdem das FA die Beschwerde abgewiesen hatte, wurde die Vorlage an das BFG beantragt.

Abweichend vom FA bejahte das BFG die Fremdüblichkeit und gab der Beschwerde statt. In der Begründung verwies das BFG auf die Rsp des VwGH, der zufolge für einen Fremdvergleich nicht darauf abzustellen ist, ob ein fremder Dritter die Liegenschaft um den gleichen Preis gekauft hätte. Vielmehr sei aus der Perspektive der Gesellschaft zu beurteilen, ob sie eine Liegenschaft im Eigentum eines fremden Dritten allein aus betrieblichen Gründen um annährend denselben Preis gekauft hätte (VwGH 27. 7. 1999, 94/14/0018). In der Folge ging das BFG von einem höheren ortsüblichen Preis aus ohne festzustellen, ob die Anschaffung des Grundstücks überhaupt notwendig war oder ob es Alternativen zur Betriebserweiterung gegeben hätte. Zudem wurde auch die Ersparnis des Baurechtszinses für die nächsten 20 Jahre erhöhend berücksichtigt, obwohl der Baurechtsvertrag nur mehr sechs Jahre gelaufen wäre. Da der so berechnete mit dem tatsächlichen Kaufpreis nahezu übereinstimmte, bejahte das BFG die Fremdüblichkeit. Die Revision wurde für nicht zulässig erklärt, woraufhin das FA ao Revision erhob und zur Zulässigkeit die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machte.

Entscheidung des VwGH

Entscheidend für das Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung ist, dass Vermögensvorteile zugewendet werden, die nach ihrer äußeren Erscheinungsform nicht unmittelbar als Einkommensverteilung zu erkennen sind und ihre Ursache in der gesellschaftsrechtlichen Beziehung haben. Diese Ursache ist anhand eines Fremdvergleichs zu ermitteln (Hinweis auf VwGH 20. 3. 2014, 2011/15/0120 mwN). Ob eine Rechtsbeziehung auch unter Fremden in gleicher Weise zustande gekommen wäre, ist eine Tatfrage, die infolge entsprechender Erhebungen in freier Beweiswürdigung zu lösen ist.

Zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist der VwGH regelmäßig nicht berufen, da dies im Allgemeinen keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist. Jedoch kann, sofern ein Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat, dies in bestimmten Fällen doch der Fall sein. Zudem muss die Begründung einer Entscheidung erkennen lassen, welcher Sachverhalt ihr zugrunde liegt, warum das Verwaltungsgericht der Meinung ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt, und warum die Subsumtion des Sachverhalts unter einen bestimmten Sachverhalt zutreffend sein soll. In der Begründung soll der Denkprozess, der der Entscheidung zugrunde liegt, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch für den VwGH nachvollziehbar sein (ua Hinweis auf VwGH 28. 5. 1997, 94/13/0200). Diesen Anforderungen genügt das vorliegende Erk dem VwGH zufolge nicht.

Abweichend von der Feststellung des FA ging das BFG davon aus, die Mitbeteiligte hätte das Grundstück auch von einem fremden Dritten um einen annährend gleichen Preis gekauft, da betriebliche Gründe vorlagen. Ein Unternehmer sei bereit, so das BFG, einen weit höheren Preis für ein Grundstück zu bezahlen, wenn er die Flächen zur Erweiterung des Betriebs benötige. Da das BFG dies voraussetzte, erhöhte es den ortsüblichen Kaufpreis. Jedoch wird im Erk nicht dargelegt, warum die Anschaffung des Grundstücks überhaupt notwendig war und nicht etwa die Verlängerung des bestehenden Baurechts oder die Anmietung von Ersatzgrundstücken in Betracht kamen. Nur dann, wenn festgestellt worden wäre, dass eine Erweiterung des Betriebs geplant war und dafür nur der Ankauf des Grundstücks in Betracht kam, wäre die Erhöhung des ortsüblichen Kaufpreises zulässig.

Nicht nachvollziehbar erscheint dem VwGH weiters der vom BFG vorgenommene Zuschlag, mit dem die Ersparnis des Baurechtszinses von 20 Jahren berücksichtigt werden sollte. Zunächst ist dies dem Grunde nach verfehlt, weil der Erwerber einer Liegenschaft regelmäßig nicht bereit sein wird, dem Verkäufer zusätzlich zum Verkehrswert noch einen Zuschlag für die künftige Mietersparnis zu bezahlen. Außerdem war die Restlaufzeit des Baurechtsvertrages im Zeitpunkt des Verkaufs nur mehr sechs Jahre; für den Ansatz der Ersparnis des Baurechtszinses für 20 Jahre fehlt jegliche Begründung.

Conclusio

Voraussetzung einer Revision ist, dass eine Rechtsfrage vorliegt (und dieser grundsätzliche Bedeutung zukommt). Die Frage, ob eine Transaktion fremdüblich ist oder nicht, ist als Sachverhaltsfrage einer Revision somit grundsätzlich nicht zugänglich. Jedoch sind zur Beurteilung der Fremdüblichkeit die Ermittlung des Sachverhalts sowie eine entsprechende Beweiswürdigung nötig. Sowohl Verletzungen der Ermittlungspflicht als auch eine unschlüssige Beweiswürdigung sind Verfahrensfehler, die als Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung anerkannt werden und so die Zulässigkeit der Revision begründen können (vgl Twardosz, Handbuch VwGH-Verfahren5 Rz 57). Darüber hinaus kann auch aufgrund eines Begründungsmangels eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegen. In diesen drei Punkten (Verletzung der Ermittlungspflicht, unschlüssige Beweiswürdigung, Begründungsmangel) erblickte das FA im vorliegenden Fall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, was vom VwGH auch bestätigt wurde.

Nach VwGH 27. 7. 1999, 94/14/0018 sind bei der Beurteilung der Fremdüblichkeit einer Transaktion betriebliche Gründe des Käufers zu berücksichtigen. Dies kann dazu führen, dass auch ein höherer als der ortsübliche Preis als fremdüblich gilt. Wesentlich ist jedoch, dass das Vorliegen derartiger Gründe (hier: geplante Betriebserweiterung, keine Alternativen zum Liegenschaftskauf) im Verfahren auch festgestellt wird. Dies ist vom BFG im fortgesetzten Verfahren nun nachzuholen. Die lange Verfahrensdauer ist dabei sicherlich nicht hilfreich.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 33792 vom 17.03.2023