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Kein Kinderzuschuss zur Alterspension für Urenkel

Bearbeiter: Manfred Lindmayr

ASVG: § 252

ABGB: § 232

Ein Kinderzuschuss zu einer Alterspension gebührt ua für Kinder, Stiefkinder und Enkel – für letztere aber nur dann, wenn sie mit dem Versicherten ständig in Hausgemeinschaft leben, sie gegenüber dem Versicherten iSd § 232 ABGB unterhaltsberechtigt sind und sie und der Versicherte ihren Wohnsitz im Inland haben (§ 252 Abs 1 iVm § 262 Abs 1 ASVG). Dass Urenkel in der Aufzählung nicht genannt werden und für diese daher der Kinderzuschuss nach § 262 ASVG nicht gebührt, stellt im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte der Norm keine planwidrige Lücke dar; Urenkel fallen nicht unter den Kindesbegriff des § 252 Abs 1 ASVG.

OGH 22. 11. 2022, 10 ObS 111/22d

Im vorliegenden Fall begehrte die Klägerin die Gewährung des Kinderzuschusses nach § 262 ASVG für ihre Urenkelin, die bei ihr wohnt, für die sie die Obsorge hat und den Unterhalt leistet. Die Klage wurde jedoch in allen drei Instanzen abgewiesen:

Nach § 262 Abs 1 ASVG gebührt ua zu einer Leistung aus dem Versicherungsfall des Alters für jedes Kind ein Kinderzuschuss. Als Kinder iSd § 252 Abs 1 Satz 1 ASVG gelten die Kinder und die Wahlkinder der versicherten Person (Z 1), die Stiefkinder (Z 4) und die Enkel (Z 5). Enkel gelten nach § 252 Abs 1 Satz 2 ASVG zudem nur dann als Kinder, wenn sie mit dem Versicherten ständig in Hausgemeinschaft leben, sie gegenüber dem Versicherten iSd § 232 ABGB unterhaltsberechtigt sind und sie und der Versicherte ihren Wohnsitz im Inland haben. Der Wortlaut des § 252 Abs 1 ASVG erfasst Urenkel somit nicht.

Die Klägerin beruft sich (im Ergebnis) auf eine Gesetzeslücke und meint, aus Zweck und Natur des Kinderzuschusses als Unterstützungsleistung für denjenigen, der tatsächlich Unterhalt leiste, ergebe sich, dass der Begriff des „Enkels“ nach § 252 Abs 1 Z 5 ASVG weit auszulegen sei und es nicht darauf ankommen könne, ob eine Unterhaltspflicht iSd § 232 ABGB bestehe. Damit konnte sie den OGH nicht überzeugen:

Der OGH legt ausführlich die Entstehungsgeschichte des § 252 Abs 1 ASVG dar und kommt zu dem Ergebnis, dass der Gesetzgeber bei Einführung des Kinderzuschuss auch für Enkelkinder mit BGBl 1978/684 bewusst normierte, dass Enkel nur dann als Kinder gelten, wenn sie gegenüber dem Versicherten iSd (nach BGBl I 2013/86 nunmehr) § 232 ABGB unterhaltsberechtigt sind. Entgegen der Ansicht der Klägerin zielt der Kinderzuschuss somit gerade nicht auf alle Personen ab, die „bloß“ tatsächlich Unterhalt leisten. Seine Zweckbestimmung liegt vielmehr in einer finanziellen Hilfe zur Erfüllung von Unterhaltspflichten. Wenn die Klägerin in der Revision daher selbst davon ausgeht, dass die in § 232 ABGB nicht genannten Urgroßeltern – anders als Großeltern – keine Unterhaltspflicht treffen kann, fehlt es schon an der notwendigen Übereinstimmung der maßgeblichen Merkmale des ungeregelten und des geregelten Falls, um die für Enkel angeordnete Rechtsfolge auf Urenkel zu erstrecken.

Zudem liegen nach Ansicht des OGH keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme vor, Urenkel seien in § 252 Abs 1 ASVG bloß versehentlich nicht erwähnt worden. Im Gegenteil ist der Normenhistorie zu entnehmen, dass der Gesetzgeber den Kreis der nach § 262 Abs 1 ASVG Anspruchsberechtigten nur punktuell um einen Kinderzuschuss (ausschließlich) für Enkel erweitern wollte. Wenn er selbst diesen Anspruch (unter anderem) noch an eine bestehende Unterhaltspflicht (iSd § 232 ABGB) knüpft, deutet nichts darauf hin, dass § 252 Abs 1 ASVG irrtümlich zu eng gefasst worden wäre. Die Ansicht der Klägerin, es sei nicht sachgerecht, ihr den Kinderzuschuss zu verweigern, rechtfertigt die Annahme einer Gesetzeslücke für sich alleine nicht.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 33797 vom 17.03.2023