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VwGH: Zustellung von Erinnerungen an die WiEReG-Meldung und Zwangsstrafen bei einer KG

Bearbeiter: Michael Hubmann

BAO: §§ 81, 97, 111, 216

WiEReG: §§ 1, 5, 16

Abstract

Unter das WiEReG fallende Rechtsträger haben gem § 5 WiEReG bestimmte Daten über ihre wirtschaftlichen Eigentümer an die Bundesanstalt Statistik Österreich zu melden. Wird eine solche Meldung nicht erstattet, kann das Finanzamt gem § 16 Abs 1 WiEReG deren Vornahme durch Verhängung einer Zwangsstrafe gem § 111 BAO erzwingen. Zustellungen betreffend Erinnerungen an derartige Meldungen oder hinsichtlich Zwangsstrafen haben bei einer Kommanditgesellschaft nicht an diese selbst, sondern an ihren Vertreter iSd § 81 BAO zu erfolgen. Eine Kommanditgesellschaft hat selbst steuerrechtlich nämlich keine Rechtspersönlichkeit.

VwGH 15. 12. 2022, Ra 2022/13/0023

Sachverhalt

Die Rw ist eine Kommanditgesellschaft, deren Komplementärin die W Ltd mit Sitz in London und deren Kommanditistin die WF (natürliche Person mit Wohnsitz im Inland) ist. Die Rw nimmt – wie auch ihre Kommanditistin – an FinanzOnline teil. Als Kommanditgesellschaft fällt die Rw gem § 1 Abs 2 Z 2 WiEReG in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes und ist daher zur Meldung des wirtschaftlichen Eigentümers nach § 5 WiEReG verpflichtet. Mit der „Erinnerung“ vom 18. 3. 2021 forderte das FA die Rw auf, eine entsprechende Meldung vorzunehmen und drohte bei Nichtentsprechen eine Zwangsstrafe iHv 1.000 € gem § 111 BAO an. Mit Bescheid vom 11. 5. 2021 setzte das Finanzamt die Zwangsstrafe fest, weil die Rw es verabsäumt hatte, rechtzeitig die Meldung durchzuführen. Gleichzeitig wurde die Rw – unter (erneuter) Androhung einer Zwangsstrafe iHv 4.000 € – aufgefordert, die bisher unterlassene Meldung nachzuholen. Da wiederum keine Meldung erfolgte, wurde auch die zweite Zwangsstrafe bescheidmäßig festgesetzt. Das FA stellte sowohl die Erinnerungen als auch die Bescheide in die „FinanzOnline-Databox“ der Kommanditistin WF zu, die nach Ansicht des FA Zustellungsbevollmächtigte und iSd § 81 BAO Vertreterin der Rw sei. Die Rw selbst erfuhr nur durch Zufall von den Zwangsstrafen und erhob dagegen Beschwerde, in der sie ausführte, sie habe zuvor keine Kenntnis von Erinnerungen, Androhungen oder Bescheiden über Zwangsstrafen erhalten, da diesbezüglich in ihrer eigenen „Databox“ nichts hinterlegt wurde. Das BFG wies die Beschwerde ab, weil die über keine eigene Rechtspersönlichkeit verfügende Rw ihre Kommanditistin (WF) der Abgabenbehörde gegenüber als vertretungsbefugte Person iSd § 81 BAO namhaft gemacht hatte und diese zur Empfangnahme von Schriftstücken der Abgabenbehörde ermächtigt sei. Auch die Strafhöhe sei nicht zu beanstanden. Hiergegen wendete sich die außerordentliche Revision.

Entscheidung des VwGH

Wird eine Meldung iSd § 5 WiEReG nicht erstattet, kann das FA gem § 16 Abs 1 WiEReG deren Vornahme durch Verhängung einer Zwangsstrafe gem § 111 BAO erzwingen. Bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt werden kann, muss der Verpflichtete jedoch nach § 111 Abs 2 BAO durch Androhung der Zwangsstrafe unter Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden. Die Aufforderung und die Androhung müssen – sofern nicht Gefahr im Verzug ist – schriftlich erfolgen. Dass im vorliegenden Fall eine Meldepflicht nach § 5 WiEReG vorlag und diese Meldepflicht nicht fristgerecht erfüllt wurde, ist unbestritten. Der Einwand der Rw, dass sie nicht als Personenvereinigung „ohne eigene Rechtspersönlichkeit“ iSd § 81 Abs 1 BAO zu beurteilen sei, sondern ihr selbst Rechtspersönlichkeit zukomme, ist unbegründet. Eine offene Gesellschaft und auch eine Kommanditgesellschaft sind nach § 105 UGB rechtsfähig (vgl ErläutRV 1058 BlgNR 22. GP 14 f). Nach Ansicht des VwGH kann davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber des Unternehmens- und des Zivilrechts auch eingetragenen Personengesellschaften (wie der hier zu beurteilenden Kommanditgesellschaft) die Eigenschaft der „Rechtspersönlichkeit“ zukommen lassen will. Es soll aber keine Gleichstellung mit einer Kapitalgesellschaft erfolgen (vgl ErläutRV 270 BlgNR 25. GP 1 ff). Vielmehr wird die gesamthandschaftliche Verbundenheit der Gesellschafter betont und dazu auf die steuerrechtliche Beurteilung als Mitunternehmerschaft verwiesen (s ErläutRV 1058 BlgNR 22. GP 15). Steuerrechtlich sind die offene Gesellschaft und die Kommanditgesellschaft als Personenvereinigung ohne eigene Rechtspersönlichkeit iSd § 81 Abs 1 BAO zu beurteilen (vgl in der Lit Ritz/Koran, BAO7 § 81 Rz 1; Unger in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB (2016) § 81 237; Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I³ § 81 BAO Rz 1; Ellinger/Sutter/Urtz, BAO³ § 81 Anm 1). Der VwGH sieht sich im gegenständlichen Fall nicht veranlasst, von der ständigen – wenngleich lediglich impliziten – Rsp abzugehen, wonach eingetragene Personengesellschaften als Personenvereinigung „ohne eigene Rechtspersönlichkeit“ iSd § 81 BAO zu beurteilen sind (vgl VwGH 31. 3. 2017, Ra 2015/13/0041; VwGH 3. 9. 2019, Ra 2019/15/0072; VwGH 12. 6. 2020, Ra 2019/15/0131; VwGH 22. 9. 2021, Ra 2020/15/0091). Da die Kommanditistin als Vertreterin der Personenvereinigung iSd § 81 BAO zu beurteilen ist, gilt diese als zur Empfangnahme von Schriftstücken der Abgabenbehörde ermächtigt. Im gegenständlichen Fall erfolgte eine automationsunterstützte Datenübertragung iSd § 97 Abs 3 BAO. Elektronisch zugestellte Dokumente gelten als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des „Empfängers“ gelangt sind (§ 98 Abs 2 BAO). Die Erledigungen wurden jeweils zutreffend an die Rw zu Handen der Kommanditistin als Vertreterin iSd § 81 BAO gerichtet. Die Zustellung im Rahmen von FinanzOnline an die Kommanditistin als formelle Empfängerin ist somit zu Recht erfolgt.

Lediglich die Strafhöhe ist problematisch. Eine „einzelne“ Zwangsstrafe darf nach § 111 Abs 3 BAO den Betrag von 5.000 € nicht übersteigen. Unter einer „einzelnen“ Zwangsstrafe ist aber die Summe aller zur Erzwingung einer bestimmten Leistung festgesetzten Zwangsstrafen zu verstehen. Im vorliegenden Fall wurde zur Erzwingung der Meldung iSd § 5 WiEReG eine Zwangsstrafe von insgesamt 5.000 € festgesetzt. Aus den Erwägungen des BFG geht nicht hervor, warum im vorliegenden Fall, in dem die Aufforderung der Rw tatsächlich nicht bekannt war, die Zwangsstrafe insgesamt mit dem Höchstbetrag festzusetzen war. Das betreffende Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Conclusio

Der gegenständliche Fall verdeutlicht den Umstand, dass Personengesellschaften – wie hier eine Kommanditgesellschaft – zwar nach dem UGB rechtsfähig sind und damit auch Rechtspersönlichkeit besitzen, steuerrechtlich aber stets als Personenvereinigung ohne eigene Rechtspersönlichkeit iSd § 81 Abs 1 BAO zu beurteilen sind (s oben zitierte Rsp und Lit). Die abgabenrechtlichen Pflichten einer Personenvereinigung sind von ihren Vertretern iSd § 81 BAO zu erfüllen. „Materieller“ Empfänger der Erledigungen des Finanzamts war daher zwar jeweils die Rw, jedoch „formeller“ Empfänger die Kommanditistin als nach § 81 BAO bestellte Vertreterin der Rw (vgl VwGH 24. 10. 2019, Ra 2018/15/0061). Die Zustellungen sind der Vertreterin zugegangen und daher nicht zu beanstanden. Lediglich die Strafhöhe wurde zutreffenderweise als überschießend angesehen, weil die Aufforderungen der Rw tatsächlich ja nicht bekannt waren (vgl zu Kriterien etwa VwGH 28 .2. 1989, 86/14/0033; VwGH 22. 2. 2000, 96/14/0079; Ritz/Koran, BAO7 § 111 Rz 10).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 33798 vom 20.03.2023