News

Vorabentscheidungsersuchen zur Pauschalreise-RL

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

Pauschalreise-RL: Art 5, Art 12

Nach Art 12 Abs 2 RL (EU) 2015/2302 (Pauschalreise-RL) hat der Reisende das Recht, vor Beginn der Pauschalreise ohne Zahlung einer Rücktrittsgebühr vom Pauschalreisevertrag zurückzutreten, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten“, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen. Der OGH möchte dazu vom EuGH wissen, zu welchem Zeitpunkt solche Umstände vorliegen können/dürfen sowie welchen Kenntnisstand die Personen über diese haben können/dürfen.

Weiters möchte der OGH wissen, ob Art 5 Pauschalreise-RL dahin auszulegen ist, dass unter den erforderlichen vorvertraglichen Informationen für die Reisenden auch solche zu verstehen sind, die pandemiebedingt verpflichtende Testungen und/oder Ausgangs- bzw Freizügigkeitsbeschränkungen am Urlaubsort betreffen (vgl va Art 5 Abs 1 lit f Pauschalreise-RL: Angaben über „gesundheitspolizeiliche Formalitäten“). Im Fall der Bejahung möchte der OGH wissen, ob die vorvertraglichen Informationen ganz oder teilweise neuerlich oder aktualisiert bereitzustellen sind, wenn die Parteien die Bedingungen des Pauschalreisevertrages nach dessen Abschluss einvernehmlich abändern (anpassen; „umbuchen“) – etwa (wie hier) in Ansehung einzelner Reiseleistungen iSd Art 5 Abs 1 lit a Pauschalreise-RL, wie Beförderungsleistungen, der Reiseroute oder des Reisetermins.

OGH 25. 4. 2023, 4 Ob 184/22w

Vorabentscheidungsersuchen

1.Ist Art 12 Abs 2 der RL (EU) 2015/2302 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 25. 11. 2015 über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen (ABl L 326 vom 11. 12. 2015, Seite 1) dahin auszulegen, dass als am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe auftretende, unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen, und die den Verbraucher berechtigen, ohne Rücktrittsgebühr vom Pauschalreisevertrag zurückzutreten, und auf die sich der Reisende stützt, solche Umstände zu verstehen sind, die
  • bei Abschluss des Pauschalreisevertrages schon vorliegen können; oder
  • bei Abschluss des Pauschalreisevertrages noch nicht vorliegen dürfen, sondern erst zwischen diesem Zeitpunkt und
    • der Rücktrittserklärung, oder
    • dem Zeitpunkt des Beginnes der Pauschalreise
erstmals auftreten?
2.Ist Art 12 Abs 2 der genannten RL (EU) 2015/2302 dahin auszulegen, dass unter den dort genannten unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umständen solche zu verstehen sind, die
  • den Beteiligten bei Abschluss des Reisevertrages nicht bekannt sind; oder
  • den Beteiligten bei Abschluss des Reisevertrages bekannt sein dürfen; oder
  • für die Beteiligten bei Abschluss des Reisevertrages nicht vorher- oder absehsehbar sind; oder
  • für die Beteiligten bei Abschluss des Reisevertrages vorher- oder absehsehbar – gegebenenfalls nach welchen konkreten sich aus der RL ergebenden Kriterien – sein dürfen; oder
  • den Beteiligten bei Abschluss des Pauschalreisevertrages in groben Zügen zwar bekannt, aber in ihrer konkreten Ausformung noch nicht (allenfalls mit einiger Wahrscheinlichkeit) abschätzbar sind (etwa ob infolge einer bereits seit [hier: mehr als zehn] Monaten bestehenden [hier: COVID-]Pandemie am Urlaubsort zusätzliche Testungen und/oder Ausgangs- bzw Freizügigkeitsbeschränkungen behördlich verfügt werden); oder
  • völlig unabhängig vom Kenntnisstand der beteiligten Personen, allein aufgrund – gegebenenfalls welcher konkreter sich aus der RL ergebender – objektiver Kriterien zu bewerten sind?
3.Ist Art 5 der genannten RL (EU) 2015/2302 dahin auszulegen, dass unter dem Reisenden bereitzustellenden vorvertraglichen Informationen – insb Angaben nach Art 5 Abs 1 lit f über „gesundheitspolizeiliche Formalitäten“ – auch solche zu verstehen sind, die pandemiebedingt am Urlaubsort zu absolvierende Testungen und/oder Ausgangs- bzw Freizügigkeitsbeschränkungen betreffen?
Im Fall der Bejahung von Frage 3:
4.Ist Art 5 der genannten RL (EU) 2015/2302 dahin auszulegen, dass im Fall, dass die Parteien die Bedingungen des Pauschalreisevertrages nach dessen Abschluss einvernehmlich abändern (anpassen; „umbuchen“) – etwa (wie hier) in Ansehung einzelner Reiseleistungen iSd Art 5 Abs 1 lit a, wie Beförderungsleistungen, der Reiseroute oder des Reisetermines –, die dem Reisenden bereitzustellenden vorvertraglichen Informationen ganz (auch wenn sie nicht von der „Umbuchung“ betroffen sind) oder teilweise neuerlich oder aktualisiert bereitzustellen sind?
Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34097 vom 01.06.2023