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Empfehlung der Arbeitsgruppe Unternehmensbewertung des Fachsenats für Betriebswirtschaft zur Grobplanungsphase und zur Rentenphase (Terminal Value)

Endfassung vom 4. 11. 2015

Kammer der Wirtschaftstreuhänder

1. Fachgutachten KFS/BW1

(1) Nach Rz 61 KFS/BW1 ist die Detailplanungsphase um eine Grobplanungsphase (Phase II) zu ergänzen, wenn die Annahme, das Unternehmen gehe unmittelbar nach der Detailplanungsphase in einen Gleichgewichts- und Beharrungszustand (eingeschwungener Zustand, steady state) über, nicht plausibel erscheint. Als mögliche Gründe für die Verwendung eines Drei-Phasen-Modells werden zum Ende der Detailplanungsphase noch nicht abgeschlossene Investitionszyklen, längerfristige Produktlebenszyklen, überdurchschnittliche Wachstumsraten, Steuer- oder andere Sondereffekte genannt. Nach Rz 62 KFS/BW1 kann sich die Planung in der Grobplanungsphase in der Regel auf die Entwicklung der wesentlichen unternehmensspezifischen Werttreiber konzentrieren.

(2) Nach Rz 63 KFS/BW1 werden für die Rentenphase (Phase III) in der Regel auf Basis pauschaler Annahmen über das Ausschüttungsverhalten und das Rentabilitätsniveau gleichbleibende oder konstant wachsende finanzielle Überschüsse unterstellt.

(3) Rz 64 KFS/BW1 fordert explizite Annahmen über die zu erwartende langfristige Entwicklung des Rentabilitätsniveaus des zu bewertenden Unternehmens in der Rentenphase, wobei Einflussfaktoren wie die Widerstandsfähigkeit des Unternehmens gegen den Abbau von Überrenditen (Konvergenzprozesse) zu berücksichtigen sind. Dabei kann unterstellt werden, dass die Rendite (nach Unternehmenssteuern) aus der Wiederveranlagung thesaurierter Beträge langfristig den Kapitalkosten entspricht. Ist davon abweichend zu erwarten, dass die Rendite langfristig über den Kapitalkosten liegen wird, sind die dafür maßgeblichen Gründe anzugeben. Generell ist in der Rentenphase auf die Konsistenz der für die Rentenphase getroffenen Annahmen zu Renditeerwartungen, Wachstumsrate und Thesaurierung zu achten.

(4) Wegen des oft starken Gewichts der Wertbeiträge der finanziellen Überschüsse in der Rentenphase kommt der kritischen Überprüfung der zugrunde liegenden Annahmen nach Rz 65 KFS/BW1 besondere Bedeutung zu.

2. Anwendungsbereich

(5) Gegenstand dieser Empfehlung sind Fragen der Grobplanungsphase und der Rentenphase bzw. der Ermittlung des Terminal Value. Sie sind insbesondere dann von Bedeutung, wenn im Rahmen der Bewertung von einer unbegrenzten Lebensdauer des zu bewertenden Unternehmens ausgegangen wird. Die Empfehlungen zur Grobplanungsphase sind auch in den Fällen einer begrenzten Lebensdauer des zu bewertenden Unternehmens, die über die Detailplanungsphase hinausgeht, zu beachten.

(6) Die Berücksichtigung einer Grobplanungsphase ist bei unbegrenzter Lebensdauer des Unternehmens nur erforderlich, wenn die Annahme, das Unternehmen gehe unmittelbar nach der Detailplanungsphase in einen Gleichgewichts- und Beharrungszustand über, nicht plausibel erscheint. Gegen das Vorliegen eines Gleichgewichts- und Beharrungszustands zum Ende der Detailplanungsphase können zB noch nicht abgeschlossene Investitionszyklen, längerfristige Produktlebenszyklen, überdurchschnittliche Wachstumsraten, Überrenditen, steuerliche Verlustvorträge oder andere Sondereffekte sprechen. Erscheint die Annahme eines Gleichgewichts- und Beharrungszustands zum Ende der Detailplanungsphase hingegen plausibel, ist die Berücksichtigung einer Grobplanungsphase nicht erforderlich.

3. Definitionen

(7) Durch eine Grobplanungsphase (Phase II) wird der Planungshorizont und damit der Zeitpunkt des Eintritts in die Rentenphase (Phase III) hinausgeschoben. Sie bietet die Möglichkeit, die Entwicklung einzelner wesentlicher Werttreiber (zB Umsatzwachstum, Margen, Renditen, Investitionen, Steuerwirkungen aus der Verwertung von Verlustvorträgen, Kapitalstruktur) über einen längeren Zeitraum periodenspezifisch zu modellieren, während die übrigen Bewertungsparameter pauschal fortgeschrieben werden. Die Abbildung der Grobplanungsphase erfolgt – wie jene der Detailplanungsphase (Phase I) – in Form einer integrierten Planungsrechnung.

(8) Ein Unternehmen befindet sich in einem Gleichgewichts- und Beharrungszustand im Sinne der Rz 61 KFS/BW1, wenn davon ausgegangen werden kann, dass die bewertungsrelevanten finanziellen Überschüsse in Zukunft konstant bleiben oder mit einer konstanten Wachstumsrate wachsen. Ein Gleichgewichts- und Beharrungszustand wird insbesondere ab jenem Zeitpunkt erreicht sein, ab dem für das zu bewertende Unternehmen im Zeitablauf annähernd konstante Renditen anzunehmen sind. Der Gleichgewichts- und Beharrungszustand wird auch als „Steady State“ oder „eingeschwungener Zustand“ bezeichnet.

(9) Der Terminal Value entspricht dem Barwert der für die Rentenphase erwarteten finanziellen Überschüsse. Er wird in der Regel auf Basis von Annahmen über das langfristige Rentabilitätsniveau und das Ausschüttungsverhalten ermittelt. In der Literatur wird der Terminal Value auch als „Continuing Value“, „Restwert“, „Endwert“ oder „Fortführungswert“ bezeichnet.

(10) Das Rentabilitätsniveau des zu bewertenden Unternehmens ist grundsätzlich anhand ökonomischer Renditen (zB interner Zinsfuß) zu messen. In der Praxis kann vereinfachend auf rechnungslegungsbasierte Kapitalrenditen nach Unternehmenssteuern (zB Return on Invested Capital im Entity Approach oder Return on Equity im Equity Approach, s Tz 11 und 12) zurückgegriffen werden. Als Messgröße für die Performance von Unternehmen kommen auch Residualgewinne (s Tz 13) in Frage.

(11) Der Return on Invested Capital (ROIC) wird als Quotient zwischen dem operativen Gewinn nach adaptierten Steuern (Net Operating Profit Less Adjusted Taxes bzw. NOPLAT) und dem investierten Kapital (Invested Capital bzw. IC) ermittelt. Das investierte Kapital entspricht der Summe von Eigenkapital und verzinslichem Fremdkapital und wird ausgehend von den Buchwerten unter Berücksichtigung allfälliger Adaptierungen ermittelt.

(12) Der Return on Equity (ROE) errechnet sich als Quotient aus dem Jahresüberschuss (JÜ) und dem bilanziellen Eigenkapital (EK).

(13) Der Residualgewinn entspricht dem Periodenerfolg abzüglich der Verzinsung des gebundenen Kapitals. Im Bruttoansatz kann der Brutto-Residualgewinn (RGB) als Differenz zwischen dem NOPLAT und dem Produkt aus investiertem Kapital (IC) und gewogenen Kapitalkosten (WACC) ermittelt werden. Im Nettoansatz kann der Netto-Residualgewinn (RGN) als Differenz zwischen dem Jahresüberschuss (JÜ) und dem Produkt aus bilanziellem Eigenkapital (EK) und den Eigenkapitalkosten (Cost of Equity bzw. COE) ermittelt werden.

(14) Von Überrendite wird gesprochen, wenn die vom Unternehmen in einer Periode erwirtschaftete Kapitalrendite (nach Unternehmenssteuern) die (vergleichbaren) Kapitalkosten übersteigt. Bezeichnet WACCt die gewogenen Kapitalkosten in der Periode t und COEt die Renditeforderung der Eigenkapitalgeber in der Periode t, gilt bei Vorliegen von Überrenditen im Entity Approach ROICt > WACCt bzw. im Equity Approach ROEt > COEt. Ausschlaggebend für die Fähigkeit eines Unternehmens, Überrenditen zu erwirtschaften, sind Wettbewerbsvorteile.

(15) Im Rahmen von Konvergenzprozessen wird unterstellt, dass Wettbewerbskräfte dazu führen, dass die aus Wettbewerbsvorteilen resultierenden Überrenditen im Laufe der Zeit kleiner werden bzw. sich langfristig überhaupt verflüchtigen. Konvergenzprozesse werden häufig für die Grobplanungsphase und für die Rentenphase unterstellt. Sie können durch unterschiedliche Annahmen über die Dauer, die Geschwindigkeit (idR linearer oder konvexer Verlauf) und Tiefe (vollständiger oder nur teilweiser Abbau der Überrendite) des Abbauprozesses charakterisiert sein.

(16) Nettoinvestitionen bezeichnen die Summe aus Investitionen in das Anlagevermögen, die über die Abschreibungen hinausgehen, und Erhöhungen des Netto-Umlaufvermögens.

4. Empfehlungen

4.1 Grobplanungsphase

(17) Bei unbegrenzter Lebensdauer des zu bewertenden Unternehmens bildet die Grobplanungsphase den Übergang von der Detailplanungsphase in die Rentenphase ab und soll dazu beitragen, dass die Annahme eines eingeschwungenen Zustands bei Eintritt in die Rentenphase plausibel erscheint. Ferner soll sie die Transparenz der Wertermittlung erhöhen, indem die unterstellte Entwicklung unternehmensspezifischer Werttreiber über den Detailplanungszeitraum hinaus nachvollziehbar wird.

(18) Die Länge der Grobplanungsphase ist im Einzelfall festzulegen und hängt von der unterstellten Entwicklung der wesentlichen Werttreiber (vgl Tz 6) bzw dem für deren Einschwingen auf ein nachhaltiges Niveau anzunehmenden Zeitraum ab.

(19) Es erscheint zweckmäßig, bereits in der Grobplanungsphase die unterstellte Entwicklung des Rentabilitätsniveaus des zu bewertenden Unternehmens, gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Konvergenzprozessen bzw. eines allfälligen Abbaus von Überrenditen bis zum Planungshorizont darzustellen. Der Abbau von Überrenditen während der Grobplanungsphase kann dabei auf ein langfristig erzielbares Renditeniveau in Höhe der Kapitalkosten oder ein davon abweichendes langfristiges Renditeniveau erfolgen.

(20) Bei Unternehmen mit verhältnismäßig geringem Kapitalbedarf (zB Dienstleistungsunternehmen) kommt Kapitalrenditen idR wenig Aussagekraft zu. Die Performance solcher Unternehmen kann anhand der Entwicklung von Residualgewinnen oder Umsatzrenditen (zB EBIT-Marge, EBITDA-Marge) beurteilt werden.

(21) Vor allem bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU) ist darauf zu achten, inwieweit die Renditen des zu bewertenden Unternehmens auf personenbezogene Erfolgsfaktoren zurückzuführen sind. Nach Rz 82 KFS/BW1 sind in der Person des Unternehmenseigners begründete Erfolgsbeiträge bei der Ermittlung eines objektivierten Unternehmenswerts insoweit außer Acht zu lassen, als sie in Zukunft nicht realisiert werden können. Nur partiell oder temporär übertragbare Erfolgsfaktoren spiegeln sich bei KMU häufig im Vorhandensein bestimmter immaterieller Faktoren wider, die durch die prägende Tätigkeit eines oder mehrerer Eigentümer bedingt sind. Dies ist etwa der Fall, wenn der Eigentümer als (Haupt-)Leistungserbringer fungiert, dessen Leistung zB für den Vertrieb bzw. die Kundenbindung entscheidend ist, oder wenn er Träger bestimmten Wissens ist, aufgrund dessen neue Produkte und Verfahren entwickelt werden.

(22) Alternativ zu ihrer Integration in eine Grobplanungsphase kann der Wertbeitrag aus der Entwicklung einzelner, spezifischer Faktoren nach der Detailplanungsphase (zB Steuereffekte aus der Verwertung von Verlustvorträgen) auch im Rahmen eines sog. Sonderwerts erfasst werden. Dabei wird die aus der Entwicklung des betreffenden Bewertungsparameters resultierende Veränderung der finanziellen Überschüsse außerhalb der Planungsrechnung dargestellt und gesondert diskontiert. Bei der Ermittlung von Sonderwerten ist darauf zu achten, dass alle Folgewirkungen erfasst und die zugrunde gelegten Annahmen in nachvollziehbarer Form offen gelegt werden.

4.2 Rentenphase (Terminal Value)

(23) Der Schätzung des zu erwartenden langfristigen Rentabilitätsniveaus des zu bewertenden Unternehmens in der Rentenphase geht in der Regel eine Analyse der erwarteten Entwicklung des Rentabilitätsniveaus bis zum Beginn der Rentenphase und der dafür maßgeblichen Einflussgrößen voraus. Diese Analyse basiert idealerweise auf den Ergebnissen der Vergangenheitsanalyse, dem Verständnis des Geschäftsmodells, der Markt- und Wettbewerbsanalyse und der daraus abgeleiteten strategischen Wettbewerbsposition des Unternehmens.

(24) Liegt die zu Beginn der Rentenphase erwirtschaftete Rendite über den Kapitalkosten und ist das Unternehmen nachhaltig in der Lage, Überrenditen zu erwirtschaften, sind die dafür maßgeblichen Gründe im Bewertungsgutachten anzugeben. Die Fähigkeit des zu bewertenden Unternehmens zur Erwirtschaftung nachhaltiger Überrenditen muss im Einzelfall beurteilt werden. Dabei können folgende Aspekte eine Rolle spielen:

-Abhängigkeit des Geschäftsmodells vom Kapitaleinsatz
-Intensität des Wettbewerbs,
-Existenz von nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen (zB Marktstellung, Marktzutrittsbarrieren, immaterielle Faktoren wie Marken/Lizenzen/Patente, Einkaufsvorteile, Prozessvorteile, Größenvorteile, Standortvorteile, vorteilhafte Verträge, Produktionseffizienz, F&E und Verfahrens-Know-how, Vertriebsnetz)
-Geschwindigkeit von Veränderungen in der Branche
-Dauer und Verlauf der Anpassungsprozesse und Widerstandfähigkeit gegenüber dem Anpassungsdruck in der Vergangenheit
-Von Wettbewerbern und vergleichbaren Unternehmen erzielte Renditen

(25) Als branchenspezifische Einflussfaktoren auf das langfristige Rentabilitätsniveau und die Widerstandsfähigkeit gegen Konvergenzprozesse kommen strukturelle Einschränkungen der Wettbewerbskräfte (zB Markteintrittsbarrieren) in Frage. Ein hoher Konzentrationsgrad, hohe Marketingintensität und hohes Wachstum einer Branche wirken tendenziell positiv auf das langfristige Rentabilitätsniveau. Ein hoher Spezialisierungsgrad, eine hohe Bedeutung von Skaleneffekten und ein hoher Anteil von Endverbrauchern in einer Branche sprechen für eine höhere Widerstandsfähigkeit gegen Konvergenzprozesse.

(26) Als unternehmensspezifische Faktoren, die einen positiven Einfluss auf das langfristige Rentabilitätsniveau und die Widerstandsfähigkeit gegen Konvergenzprozesse entfalten, werden zB immaterielle Ressourcen (Marken, Technologie-Kompetenz, etc.), Wachstum, Unternehmensgröße, Grad der vertikalen Integration, Fokussierung (etwa hohe Konzentration des Gesamtumsatzes in wenigen Marktsegmenten) und Marktanteil angesehen. Einem hohen Exportanteil kann zwar ein positiver Einfluss auf das langfristige Rentabilitätsniveau zukommen, er kann jedoch negativ auf die Widerstandsfähigkeit gegen Konvergenzprozesse wirken. Eine hohe Marketingintensität kann hingegen negativ auf das langfristige Rentabilitätsniveau und positiv auf die Widerstandsfähigkeit gegen Konvergenzprozesse wirken.

(27) Liegt die zu Beginn der Rentenphase erwirtschaftete Rendite über den Kapitalkosten und ist zu erwarten, dass die Überrendite im Zeitablauf auf das Niveau der Kapitalkosten abschmilzt, kann von dem in Rz 64 KFS/BW1 für die Rentenphase beschriebenen Konvergenzprozess ausgegangen werden. Dieser Konvergenzprozess unterstellt, dass die Rendite (nach Unternehmenssteuern) der aus den thesaurierten Mitteln finanzierten Nettoinvestitionen nur noch den Kapitalkosten entspricht. Da der Kapitalwert von Investitionen, die eine Rendite (nach Unternehmenssteuern) genau in Höhe der Kapitalkosten erbringen, gleich Null ist, führt diese Annahme dazu, dass Nettoinvestitionen in der Rentenphase keine Erhöhung des Unternehmenswerts bewirken bzw. den Unternehmenswert unverändert lassen. Dies hat zur Folge, dass Wachstumsannahmen keine (positiven oder negativen) Wertbeiträge nach sich ziehen.

(28) Die in Rz 64 KFS/BW1 beschriebene Konvergenzprozess bezieht sich nur auf die Rendite auf die aus den thesaurierten Mitteln finanzierten Nettoinvestitionen, sodass die Frage, welche Rendite für das bereits zu Beginn der Rentenphase investierte Kapital zu erwarten ist, offen bleibt. Wird unterstellt, dass das zu Beginn der Rentenphase investierte Kapital weiterhin Überrenditen in konstanter Höhe erbringt, kann der Terminal Value mit Hilfe der sog „Konvergenz-Formel“ nach dem Value Driver-Modell ermittelt werden (s Tz 32). Da hier gleichzeitig unterstellt wird, dass Nettoinvestitionen aus thesaurierten Mitteln nur eine Rendite in Höhe der Kapitalkosten erbringen, wird ein stetiges Abschmelzen der Überrenditen im Sinne einer Annäherung der Gesamtrendite an die Kapitalkosten über einen unendlichen Zeitraum angenommen.

(29) Um die Konsistenz der Annahmen zu Renditeerwartungen, Wachstumsrate und Thesaurierung in der Rentenphase zu gewährleisten, ist der Ermittlung des Terminal Value ein konsistentes Wachstumsmodell zugrunde zu legen. Dafür kommt ua das Value Driver-Modell von Copeland/Koller/Murrin in Frage. Dieses Modell stellt zwar auf kapitalintensive Unternehmen ab, ist aber grundsätzlich auch auf solche Dienstleistungsunternehmen übertragbar, für die Thesaurierungsbedarf für Investitionen besteht.

(30) Nach dem Value Driver-Modell kann der Terminal Value zum Planungshorizont T (TVTWACC) im WACC-Verfahren nach folgender allgemeiner Formel ermittelt werden:1

(31) Da das Wachstum bzw. die wachstumsbedingte Erhöhung der Aktiva in der Rentenphase zum Teil durch Gewinneinbehalte finanziert werden muss, ist der den Kapitalgebern zufließende Free Cash-flow stets niedriger als der jeweilige Periodengewinn nach Unternehmenssteuern. Eine Erhöhung der Wachstumsrate wirkt sich sowohl positiv als auch negativ auf die Höhe des Terminal Value aus: Positiv wirkt die Kürzung des Diskontierungssatzes, negativ wirkt die Kürzung des ausschüttbaren NOPLAT durch die Erhöhung der Thesaurierungsquote g/RONIC. Wachstum erbringt unter diesen Annahmen nur dann einen positiven Wertbeitrag, wenn die erwartete Rendite der Nettoinvestitionen in der Rentenphase die Kapitalkosten übersteigt.

(32) Entspricht aber – im Sinne des in Rz 64 KFS/BW1 beschriebenen Konvergenzprozesses – die erwartete Rendite auf die Nettoinvestitionen genau den Kapitalkosten, gilt also RONIC = WACC, liefert das Wachstum weder einen positiven noch einen negativen Wertbeitrag, sondern lässt den Terminal Value unverändert. Die Höhe der Wachstumsrate ist dann für den Terminal Value irrelevant. In diesem Fall kann der Terminal Value nach der folgenden Formel (sog „Konvergenz-Formel“) ermittelt werden:

(33) Bei Anwendung der Konvergenz-Formel wird unterstellt, dass das zu Beginn der Rentenphase investierte Kapital weiterhin Überrenditen in konstanter Höhe erwirtschaftet. Die Angemessenheit dieser Annahme ist im Einzelfall kritisch zu würdigen.

(34) Zu beachten ist, dass bei Zugrundelegung des in Rz 64 KFS/BW1 beschriebenen Konvergenzprozesses eine Kürzung des Nenners um die Wachstumsrate g nicht in Betracht kommt, da dies zur Unterschätzung von Thesaurierungserfordernissen und folglich zu einer Überschätzung des Terminal Value führen würde. Dies gilt unabhängig davon, ob ein rein inflationsbedingtes Wachstum oder ein sog thesaurierungsbedingtes Wachstum unterstellt wird. Wird daher für die Rentenphase ausschließlich inflationsbedingtes Wachstum unterstellt, ist bei Anwendung der Konvergenz-Formel eine Kürzung des Nenners um die Inflationsrate nicht vorzunehmen.

(35) Im Equity Approach kann der Terminal Value zum Planungshorizont T (TVTE) nach dem Value Driver-Modell mit Hilfe folgender allgemeiner Formel ermittelt werden:2

(36) Wird der in Rz 64 KFS/BW1 beschriebene Konvergenzprozess unterstellt, entspricht die erwartete Eigenkapitalrendite auf die Nettoinvestitionen genau den Eigenkapitalkosten, es gilt also RONE = COE. In diesem Fall kann der Terminal Value im Equity Approach nach der folgenden Formel („Konvergenz-Formel“) ermittelt werden:

(37) Entspricht die zu Beginn der Rentenphase erwirtschaftete Rendite den Kapitalkosten, etwa weil ein vollständiger Abbau von Überrenditen bereits in der Grobplanungsphase angenommen wurde, und wird unterstellt, dass sich das langfristige Rentabilitätsniveau ebenfalls mit den Kapitalkosten deckt, entspricht der Terminal Value dem Buchwert des zu Beginn der Rentenphase investierten Kapitals (Entity Approach) bzw. dem Buchwert des Eigenkapitals zu Beginn der Rentenphase (Equity Approach).

(38) Liegt die zu Beginn der Rentenphase erwirtschaftete Rendite unter den Kapitalkosten, würde die Anwendung der Konvergenzformel gemäß Tz 35 gleichbedeutend mit der Annahme einer Renditeverbesserung während der Rentenphase sein. Die Plausibilität einer solchen Annahme ist im Einzelfall kritisch zu würdigen. Sollte keine Renditeverbesserung zu erwarten sein, empfiehlt es sich, die Liquidation als Alternative zur Fortführung des ertragsschwachen Unternehmens zu analysieren.

5. Weiterführende Literatur

Friedl/Schwetzler, Unternehmensbewertung bei Inflation und Wachstum, ZfB 2010, 417 ff.

Friedl/Schwetzler, Homogenitätsprinzip, Unternehmensbewertung und Erfolgsmessung, RWZ 2015, 161 ff.

Gordon, Dividends, Earnings and Stock Prices, Review of Economics and Statistics 1959, 99 ff.

Gordon/Shapiro, Capital Equipment Analysis: The Required Rate of Profit, Management Science 1956, 102 ff.

IDW Praxishinweis 1/2014: Hinweise der Bundessteuerberaterkammer zu den Besonderheiten bei der Ermittlung eines objektivierten Unternehmenswerts kleiner und mittelgroßer Unternehmen vom 13. 3. 2014, WPg 2014, 463 ff.

Knoll, Ewige Rente und Wachstum – the Final Cut?, RWZ 2014, 271 ff.

Koller/Goedhart/Wessels, Valuation – Measuring and Managing the Value of Companies, 6th ed., Hoboken 2015 (bis zur 3. Auflage veröffentlicht von Copeland/Koller/Murrin).

Kreyer, Strategieorientierte Restwertbestimmung in der Unternehmensbewertung, Wiesbaden 2009.

Lobe, Unternehmensbewertung und Terminal Value, Frankfurt a.M. 2006.

Meitner, Der Terminal Value in der Unternehmensbewertung, in Peemöller (Hrsg), Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, 6. Aufl., Herne 2015, 647 ff.

Meitner/Streitferd, Unternehmensbewertung, Stuttgart 2011.

Porter, Wettbewerbsstrategie: Methoden zur Analyse von Branchen und Konkurrenten, 3. Aufl., Frankfurt a.M. 1984.

Purtscher/Sylle, Grobplanungsphase und Konvergenz – Anmerkungen für die Umsetzung in der Praxis, RWZ 2015, 178 ff.

Rabel, Der Terminal Value nach der Neufassung des Standards KFS BW1, RWZ 2014, 218 ff.

Stellbrink, Der Restwert in der Unternehmensbewertung, Düsseldorf 2005.

Stewart, The Quest for Value, New York 1991.

Weiler, Verbesserung der Prognosegüte bei der Unternehmensbewertung, Aachen 2005.

1

Dabei bezeichnen FCFT+1 den für die erste Periode der Rentenphase prognostizierten Free Cash-flow, WACC die gewogenen Kapitalkosten, g die jährliche Wachstumsrate (es gilt stets g < WACC), NOPLATT+1 den für die erste Periode der Rentenphase prognostizierten operativen Gewinn nach adaptierten Steuern und RONIC die erwartete Rendite auf die in der Rentenphase durchzuführenden Nettoinvestitionen (Return on New Invested Capital).


2

Dabei bezeichnen FTET+1 den für die erste Periode der Rentenphase prognostizierten Flow to Equity, COE die Eigenkapitalkosten, g die jährliche Wachstumsrate (es gilt stets g < COE), JÜT+1 den für die erste Periode der Rentenphase prognostizierten Gewinn nach Steuern und RONE die erwartete Eigenkapitalrendite auf die in der Rentenphase durchzuführenden Nettoinvestitionen (Return on New Equity).


Artikel-Nr.
RWZ digital exklusiv 2016/10

28.09.2016