Wirtschaftsrecht

Geldwert und Vertragsänderung

RA Univ.-Prof. Dr. Raimund Bollenberger

Bemerkungen zu § 25 TKG aus Anlass des Vorabentscheidungsersuchens 8 Ob 72/13s

VPI-Indexanpassungsklauseln sind in Österreich bei Dauerverträgen weit verbreitet. Die Frage, in welcher Weise sie im Telekommunikations-Massengeschäft umgesetzt werden können, wurde vom OGH nun dem EuGH vorgelegt. Der Beitrag erörtert wirtschaftliche und rechtliche Hintergründe.

Mit der Entscheidung 8 Ob 72/13s vom 28. 4. 20141 (zweite Instanz 5 R 4/13i des OLG Wien), die in einem Verbandsprozess zwischen dem VKI und einem Telekommunikationsunternehmen erging, legte der OGH dem EuGH gem Art 267 AEUV betreffend die Universaldienstrichtlinie2 eine Frage zur Vorabentscheidung vor, die für die unternehmerische Kalkulation und den Gestionsaufwand im Telekommunikations-Massengeschäft von höchster Bedeutung ist: nämlich ob das in Art 20 Abs 2 der Universaldienst-RL für die Teilnehmer vorgesehene Recht, "bei der Bekanntgabe von Änderungen der Vertragsbedingungen" den Vertrag ohne Zahlung von Vertragsstrafen zu widerrufen, auch für den Fall vorzusehen ist, dass sich eine Anpassung der Entgelte aus Vertragsbedingungen ableitet, die bereits bei Vertragsabschluss vorsehen, dass in der Zukunft eine Anpassung der Entgelte (Steigerung bzw - in Zeiten drohender Deflation durchaus realistisch - Reduktion) entsprechend den Veränderungen eines objektiven, die Geldwertentwicklung abbildenden Verbraucherpreisindex (VPI) erfolgt.3 In Österreich betrifft das § 25 Abs 2 Satz 1 TKG 2003, der entsprechend der Richtlinie normiert, dass Änderungen der allgemeinen Geschäftsbedingungen und Entgeltbestimmungen vor ihrer Wirksamkeit der Regulierungsbehörde anzuzeigen und in geeigneter Form kundzumachen sind, wobei für die Teilnehmer (Kunden) nicht ausschließlich begünstigende Änderungen eine Kundmachungs- und Anzeigefrist von zwei Monaten gilt; sowie Abs 3 S 1 und 2 leg cit, wonach der wesentliche Inhalt der nicht ausschließlich begünstigenden Änderungen dem Kunden mindestens einen Monat vor Inkrafttreten der Änderung in schriftlicher Form, etwa durch Aufdruck auf einer periodisch erstellten Rechnung, mitzuteilen ist und er gleichzeitig auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderungen sowie auf sein Recht hinzuweisen ist, den Vertrag - das ist der wesentliche Punkt - bis zu diesem Zeitpunkt kostenlos zu kündigen. Die im Ausgangsprozess strittige Frage lautet nun, ob dieses Regime auch im Fall einer bloßen Umsetzung einer bereits ursprünglich vereinbarten VPI-Anpassung der Entgelte eingreift, oder ob der Kunde in Bezug auf eine solche Entgeltanpassung, wenn er mit ihr (entgegen der ursprünglichen Vereinbarung) doch nicht einverstanden ist, die allgemeinen Regeln der Vertragsbeendigung zu beachten hat, er also idR für die vereinbarte Vertragsdauer mit indexiertem Entgelt gebunden bleibt.

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Artikel-Nr.
RdW 2014/760

16.12.2014
Heft 12/2014
Autor/in
Raimund Bollenberger

Dr. Raimund Bollenberger † war Rechtsanwalt und Professor am Institut für Zivil- und Unternehmensrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien.

Publikationsauswahl:
Gemeinsam mit Koziol und P. Bydlinski KBB5 (2017); Bekämpfung der Inanspruchnahme von Bankgarantien im Lichte aktueller Judikatur, ÖBA 2017, 468; Änderung von Bankverträgen im Massengeschäft, ÖBA 2017, 741.