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Amtsmissbrauch durch Baubewilligung entgegen Flächenwidmungsplan

Bearbeiter: Sabine Kriwanek

StGB § 302

StPO § 198

Ein Bürgermeister begeht bei entsprechendem Vorsatz Missbrauch der Amtsgewalt, wenn er entgegen den bau- und raumordnungsrechtlichen Bestimmungen im Grünland Bauplatz- bzw Baubewilligungen erteilt und Bauanzeigen nicht untersagt.

Das Vertrauen eines Beamten auf die alsbaldige Sanierung der von ihm missbräuchlich geschaffenen rechtswidrigen Situation (hier: durch zeitnahe Genehmigung des geänderten Flächenwidmungsplans) schließt die Tatbestandserfüllung nicht aus.

Der Tatbestand des § 302 Abs 1 StGB setzt auch nicht die tatsächliche Verursachung eines Schadens voraus; er verlangt in Bezug auf die Rechtsschädigung bloß überschießende Innentendenz in Form darauf gerichteten bedingten Vorsatzes. Bezugspunkt ist nicht bloß der Anspruch (des Staates) auf den Vorschriften entsprechenden Gebrauch der Befugnis, der Vorsatz muss vielmehr (auch) auf die Vereitelung des von den verletzten Vorschriften verfolgten Schutzzwecks gerichtet sein. Ob es sich dabei um materiell- oder verfahrensrechtliche Vorschriften handelt, ist nicht von Bedeutung, ebenso wenig, ob letztere „rundweg“ übergangen werden. Der Schutzzweck der verletzten Vorschriften (BauO und Raumordnung; hier: insb Umweltschutz, Schutz vor Zersiedelung, Erhaltung von Freiflächen für Erholung und Tourismus) wird durch die - vom Vorsatz des Bf erfasste - tatsächliche Bauführung im (gewidmeten) Grünland jedenfalls beeinträchtigt.

Auf eine Mindestdauer der (intendierten) Rechtsschädigung kommt es unter dem Aspekt der Tatbestandserfüllung nicht an. Diese wäre in derartigen Konstellationen nur dann nicht gegeben, wenn der Beamte im (jeweiligen) Tatzeitpunkt die Beseitigung des rechtswidrigen Zustands noch vor der tatsächlichen Bauführung erwartet. Zeitnahe Sanierung dieser Rechtswidrigkeit nach Baubeginn ist - nur, aber immerhin - für die Prüfung der Diversionsvoraussetzungen (§ 198 Abs 3 StPO) von Bedeutung.

OGH 14. 9. 2015, 17 Os 11/15v

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 20552 vom 10.11.2015