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Ausländischer Angeklagter – Übersetzung des Urteils

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

GeO: § 152

StPO: § 48, § 56, § 61, § 268, § 364, § 467, § 488

1. Ein Beschuldigter oder Angeklagter, der die Verfahrenssprache nicht spricht oder versteht, hat (ua) das Recht auf schriftliche Übersetzung der wesentlichen Aktenstücke, soweit dies zur Wahrung der Verteidigungsrechte und eines fairen Verfahrens erforderlich ist (§ 56 Abs 1 StPO). Die Ausfertigung des noch nicht rechtskräftigen Urteils ist ein solches wesentliches Aktenstück (§ 56 Abs 3 StPO).

Die Zustellung der Urteilsausfertigung in deutscher Sprache löst nach § 467 Abs 1, § 488 Abs 1 StPO die Frist zur Ausführung der rechtzeitig angemeldeten Berufung wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe aus. Der Verstoß gegen § 56 Abs 1 und 3 StPO führt nicht zur Wirkungslosigkeit der Verfahrenshandlung (die schon aus Gründen der Rechtssicherheit nur besonderen Fällen vorbehalten ist), kann aber ein Grund für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 364 StPO) sein.

2. Die Belehrung über die dem Angeklagten zustehenden Rechtsmittel gegen ein erstinstanzliches Urteil hat gem § 268 letzter Satz StPO grundsätzlich mündlich im Anschluss an die Urteilsverkündung zu erfolgen. Die Belehrung umfasst nicht nur die Anmeldung, sondern auch auf die Ausführung der in Frage kommenden Rechtsmittel einschließlich der Belehrung über die Fristen, die Formerfordernisse für die Geltendmachung von Nichtigkeitsgründen und über die Beigebung eines Verteidigers nach § 61 Abs 2 StPO. Nur im – hier nicht gegebenen – Fall der Zustellung eines Abwesenheitsurteils (anlässlich dessen Verkündung dem Angeklagten keine Belehrung erteilt werden kann) ist gem § 152 Abs 3 Geo eine (schriftliche) Rechtsmittelbelehrung (bei Sprachunkundigen samt Übersetzung) anzuschließen. Eine Pflicht zur bloßen Wiederholung einer bereits erteilten Belehrung ist dem Gesetz jedoch nicht zu entnehmen.

OGH 25. 6. 2019, 14 Os 50/19p (14 Os 51/19k)

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 27794 vom 16.08.2019