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Abstract
Das Ökosoziale Steuerreformgesetz 2022 Teil I (ÖkoStRefG 2022 Teil I), welches unter anderem auch eine stufenweise Senkung des Körperschaftsteuersatzes bis 2024 von 25 % auf 23 % vorsieht, wurde am 20. 1. 2022 in dritter Lesung im Nationalrat beschlossen. Da die erste Herabsetzung auf 24 % erst im Kalenderjahr 2023 erfolgt, soll nachfolgend geklärt werden, ob bzw inwiefern sich diese Steuersatzänderung bereits auf die Jahres- und Konzernabschlüsse für Geschäftsjahre auswirkt, die am oder welche nach dem 31. 12. 2021 enden.
Überblick
Nachdem die Ökosoziale Steuerreform bereits 2019 als größte Entlastung der zweiten Republik angekündigt und kurz vor dem Jahresende 2021 durch die Regierungsvorlage entsprechend konkretisiert wurde, erfolgte am 20. 1. 2022 nunmehr der Beschluss des Nationalrats in dritter Lesung.
Die Ökosoziale Steuerreform bringt zahlreiche Entlastungen mit sich, unter anderem auch eine etappenweise Senkung des Körperschaftsteuersatzes von derzeit 25 % auf 23 % (2023: 24 % und ab 2024: 23 %). Das Gesetz tritt mit 1. 1. 2023 in Kraft und die stufenweise Senkung des Körperschaftsteuersatzes ist erstmals anwendbar auf Wirtschaftsjahre, die am oder nach dem 1. 1. 2023 beginnen. Während andere Begünstigungen nur bei der steuerrechtlichen Gewinnermittlung zu berücksichtigen sind, kann sich die Steuersatzänderung bereits jetzt auf die Bewertung der latenten Steueransprüche und -schulden und somit den unternehmensrechtlichen Jahres- und Konzernabschluss auswirken.
Anzusetzender Steuersatz
Latente Steuern ergeben sich gem § 198 Abs 9 UGB aus Differenzen zwischen den unternehmensrechtlichen und den steuerrechtlichen Wertansätzen von Vermögensgegenständen, Rückstellungen, Verbindlichkeiten und Rechnungsabgrenzungsposten sowie aus noch nicht genutzten steuerlichen Verlustvorträgen, die sich in späteren Geschäftsjahren voraussichtlich abbauen bzw verwertbar sind, wobei sich die Höhe dieser Differenzen gem § 198 Abs 10 UGB aus der voraussichtlichen Steuerbe- und -entlastung ergibt. Durch das Abstellen auf den Zeitpunkt der Auflösung einer temporären Differenz bzw einer Nutzung eines Verlustvortrags sind bei der Bewertung alle Umstände zu berücksichtigen, die bis dahin voraussichtlich Gültigkeit erlangen, weswegen auch künftige Steuersatzänderungen bereits zu berücksichtigen sind. Trotz dieser Zukunftsbetrachtung ist idR der zum Zeitpunkt der Erstellung des Jahresabschlusses gültige Steuersatz heranzuziehen, weil zumeist keine valide Aussage über die künftige Entwicklung des Steuersatzes getroffen werden kann.
Zeitpunkt der Berücksichtigung der Steuersatzänderung
Für die Berücksichtigung von Steuersatzänderungen bei der Bewertung der latenten Steueransprüche und -schulden am Abschlussstichtag ist es unerheblich, ob diese bereits gültig sind, da es als ausreichend erachtet wird, wenn diese politisch vereinbart und mit hinreichender Sicherheit absehbar sind. Der Zeitpunkt, wann eine hinreichende Sicherheit besteht, wird in Rz 34 der AFRAC-Stellungnahme 30 (Dezember 2020) konkretisiert. So kann davon ausgegangen werden, dass dies idR der Fall sein wird, wenn der entsprechende Beschluss im Plenum des Nationalrats in der dritten Lesung vorliegt. Für das ÖkoStRefG 2022 Teil I erfolgte die Beschlussfassung im Nationalrat am 20. 1. 2022, weswegen die etappenweise Steuersatzsenkung nunmehr in den Jahres- und Konzernabschlüssen, die am oder nach diesem Tag enden, zu berücksichtigen ist.
Vorgehensweise bei der Bewertung der latenten Steuern
Aufgrund der Beschlussfassung am 20. 1. 2022 sind die latenten Steuern in den Jahres- und Konzernabschlüssen vor diesem Stichtag (also insbesondere für einen Jahresabschlussstichtag 31. 12. 2021) noch mit dem derzeit gültigen Körperschaftsteuersatz von 25 % zu bewerten, während in den Abschlüssen nach dem 20. 1. 2022 eine differenzierte Betrachtung erforderlich ist. So muss jener Steuersatz herangezogen werden, der im jeweiligen Zeitpunkt der Umkehr der temporären Differenz bzw der Verwertung steuerlicher Verlustvorträge voraussichtlich geltend wird. Hierfür ist eine entsprechend detaillierte Steuerplanung erforderlich, da sowohl der Zeitpunkt der Umkehr der temporären Differenzen, als auch die in folgenden Geschäftsjahren anfallenden steuerrechtlichen Ergebnisse konkretisiert werden müssen.
Für Jahres- und Konzernabschlüsse mit Stichtag am/nach dem 20. 1. 2022 bedeutet dies konkret, dass bei Differenzen aus kurzfristigen Vermögensgegenständen und Schulden, die sich bis zum 31. 12. 2022 umkehren werden, noch der derzeit gültige Körperschaftsteuersatz von 25 % heranzuziehen ist. Der im Kalenderjahr 2023 geltende Körperschaftsteuersatz von 24 % ist hingegen anzuwenden, wenn sich die temporären Differenzen in diesem Jahr umkehren werden. Sofern eine Umkehr erst in einem darauffolgenden Kalenderjahr und somit ab 2024 wahrscheinlich ist, hat eine Bewertung der latenten Steuern mit dem dann gültigen Körperschaftsteuersatz von 23 % zu erfolgen. Eine Vereinfachung mittels Durchschnittsbetrachtung ist nach AFRAC 30, Rz 33 nicht zulässig.
Für Jahres- und Konzernabschlüsse mit Stichtag vor dem 20. 1. 2022 ergibt sich aus der Steuersatzänderung wie erwähnt noch kein Anpassungsbedarf, auch wenn der Abschluss erst danach aufgestellt wird. Für den Fall, dass sich die Steuersatzsenkung wesentlich auf die Höhe der ausgewiesenen latenten Steuern auswirken sollte, wäre diese Tatsache im Anhang von mittelgroßen und großen Gesellschaften gem § 238 Abs 1 Z 11 UGB zu erläutern.
Conclusio
Latente Steueransprüche und -schulden sind mit den Körperschaftsteuersätzen zu bewerten, die zum Zeitpunkt der Umkehr der temporären Differenzen bzw der Verlustvortragsverwertung voraussichtlich gültig sind. Nachdem das ÖkoStRefG 2022 Teil I am 20. 1. 2022 in dritter Lesung vom Nationalrat beschlossen wurde, ist die etappenweise Herabsetzung von 25 % auf 24 % im Kalenderjahr 2023 bzw auf 23 % im darauffolgenden Jahr (2024) bereits in den Jahres- und Konzernabschlüssen für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 20. 1. 2022 enden, zu berücksichtigen.