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Berufshaftpflichtversicherung eines Rechtsanwalts

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: § 1009, §§ 914 f

ABHV: Art 3

RAO § 9

Aus dem klaren Text des vorliegenden Art 3.1 ABHV (Erfüllung von Schadenersatzverpflichtungen) geht hervor, dass unter die Versicherung weder die Erfüllung noch Erfüllungssurrogate fallen. Der Begriff „Erfüllungssurrogat“ deckt sich nicht mit dem haftungsrechtlichen Begriff des Schadenersatzrechts wegen Nichterfüllung; das Erfüllungssurrogat ist eine eigenständige versicherungsrechtliche Rechtsfigur und bezeichnet Schadenersatzansprüche, durch die ein unmittelbares Interesse am eigentlichen Leistungsgegenstand eines abgeschlossenen Vertrags geltend gemacht wird. Ausgeschlossen sind Schadenersatzansprüche, die auf das Vertragsinteresse gerichtet sind, den Gläubiger also in den Genuss der ordnungsgemäßen Leistung bringen sollen. Gedeckt sind hingegen Schäden aus mangelhafter Vertragserfüllung (Mangelfolgeschäden, Begleitschäden), die jenseits des Erfüllungsinteresses des Gläubigers liegen.

Wird im Haftungsprozess geltend gemacht, der Rechtsanwalt habe den Mandanten nicht über die Prozessaussichten bzw über die Kosten der Schiedsverfahren aufgeklärt, so wird damit ein Verstoß gegen eine Hauptpflicht des Anwalts geltend gemacht. Verlangt der Mandant das für die unzureichende Erfüllung einer Hauptpflicht geleistete Honorar zurück, so fordert er den innerhalb des Erfüllungsinteresses liegenden Vermögensschaden, wobei es sich um nicht gedeckte Erfüllungssurrogate handelt.

OGH 27. 4. 2016, 7 Ob 31/16h

Ausgangslage

Der Kl wird vom Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der A***** GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) auf die Zahlung von Schadenersatz iHv 154.514,82 € in Anspruch genommen: Die Schuldnerin habe den Kl mit ihrer rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt und der Kl habe sie nicht ausreichend über die Prozessaussichten und die Kosten von Schiedsverfahren vor einem schwedischen Schiedsgericht aufgeklärt. Bei ausreichender Aufklärung und Kenntnis hätte die Schuldnerin diese Verfahren nicht geführt.

Der Kl begehrt Deckung für den gegen ihn betriebenden Schadenersatzanpruch. Er brachte ua vor, seinen anwaltlichen Pflichten in diesen Schiedsverfahren nachgekommen zu sein. Außerdem seien die schwedischen Anwälte, deren Honorare der Insolvenzverwalter ebenfalls ersetzt haben möchte, von der Schuldnerin selbst beauftragt worden, weshalb er nicht nach den Prinzipien der Wertlosigkeit dafür haften könne.

Entscheidung

Soweit der Insolvenzverwalter das Entgelt zurückverlangt, das die Schuldnerin an den Kl für seine Leistungen entrichtet hat, handelt es sich nach Ansicht des OGH um ein Erfüllungssurrogat, das vom Versicherungsschutz nicht umfasst ist.

Die Vorinstanzen beurteilten auch die Honorare an die schwedischen Anwälte als Erfüllungssurrogate. Dies trifft allerdings nach Auffassung des OGH nur dann zu, wenn der Kl diese selbst beauftragt und ihre Honorare gegenüber der Schuldnerin als Teil seines eigenen Honorars für eigene Beratungstätigkeit geltend gemacht hat. Da der Kl jedoch vorgebracht hat, dass die schwedischen Anwälte von der Schuldnerin beauftragt und bezahlt wurden, sind noch weitere Feststellungen erforderlich. Sollte diese Behauptung nämlich zutreffen, dann hätten die Vorinstanzen der Differenzierung zwischen Erfüllungssurrogat und Mangelfolgeschaden nicht ausreichend Rechnung getragen:

Legt man nämlich dieses Vorbringen des Kl zugrunde, so wäre die behauptete unzureichende Aufklärung durch den Kl über die Prozessaussichten Anlass für die Prozessführung und damit für die Beiziehung weiterer schwedischer Anwälte durch die Schuldnerin. Die dafür aufgewendeten Kosten wären auf die einleitende schadenstiftende Fehlberatung durch den Kl zurückzuführen und es handelte sich um Schäden, die jenseits des Interesses liegen, das an der ordnungsgemäßen Erfüllung besteht. In diesem Umfang würden Mangelfolgeschäden gegen den Kl geltend gemacht werden, die vom Versicherungsschutz umfasst sind.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 21705 vom 30.05.2016