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Beschäftigung von Arbeitnehmern am 8. Dezember

Bearbeiter: Manfred Lindmayr / Bearbeiter: Barbara Tuma

ARG: § 13a

UWG: § 1 Abs 1 Z 1

1. Nach der Sonderregelung des § 13a ARG ist am 8. Dezember die Beschäftigung von Arbeitnehmern in Verkaufsstellen, die für den Kleinverkauf von Waren bestimmt sind, zulässig. Als Ausnahme von der Wochenend- und Feiertagsruhe ist diese Bestimmung einschränkend auszulegen, Verkaufstätigkeiten im Bereich des Großhandels sind von der Ausnahmeregelung nicht gedeckt.

2. Betreibt ein Arbeitgeber einen Groß- und Einzelhandel für Lebensmittel und möchte er am 8. Dezember seine Verkaufsstellen offen halten, ist ihm jedenfalls zumutbar, an diesem Tag geeignete Maßnahmen zur Hintanhaltung des Großhandels zu ergreifen, etwa indem er die umsatzabhängigen Bonifikationen und Naturalrabatte am 8. Dezember ausschließt, die an anderen Tagen den Großabnehmern gewährt werden. Der bloße Rechnungsaufdruck „Ware für den Privatgebrauch“ ist dafür nicht ausreichend.

3. Beschäftigt ein Handelsunternehmen am 8. Dezember Angestellte entgegen den arbeitsruhegesetzlichen Bestimmungen auch mit Verkaufstätigkeiten im Großhandel, begründet dies einen Verstoß gegen § 1 Abs 1 Z 1 UWG.

OGH 27. 7. 2017, 4 Ob 53/17y

Sachverhalt

Der beklagte Arbeitgeber betreibt einen Lebensmittelgroß- und -einzelhandel. Unternehmer bekommen Dauerkarten (samt umsatzabhängigen Bonifikationen bzw Naturalrabatten am Jahresende), Nichtunternehmer müssen am Eingang ein Tagesticket lösen, um ins Geschäft zu kommen. Dieses lautet nicht auf einen bestimmten Namen, ein Ausweis muss nicht vorgelegt werden. Die Waren können sowohl in Kleingebinden und kleinen Mengen, als auch in großen Mengen eingekauft werden.

Am 8. 12. 2015, dem gesetzlichen Feiertag Mariä Empfängnis, war das Geschäft von 10:00 Uhr bis 14:00 Uhr geöffnet. An diesem Tag waren sieben Angestellte mit Verkaufstätigkeiten im Lebens- und Genussmittelhandel beschäftigt, und zwar auch an Wiederverkäufer. Zugangs-, Waren-, Mengen- oder sonstige Verkaufsbeschränkungen für Wiederverkäufer gab es an diesem Tag nicht. Die Rechnungen enthielten an diesem Tag den Aufdruck „Ware für den Privatgebrauch!“ Welche Art von Kunden am 8. 12. 2015 in welchem Ausmaß bzw Anteil eingekauft hat, steht nicht fest.

Der OGH gab – im Einklang mit dem BerufungsG, nicht aber mit dem ErstG – der Unterlassungsklage des ÖGB statt:

Entscheidung

Ausnahme nur für Kleinverkauf von Waren

Grundsätzlich haben Arbeitnehmer an Feiertagen Anspruch auf eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 24 Stunden (§ 7 Abs 1 ARG). Fällt der 8. 12. allerdings auf einen Werktag, ist gem § 13a ARG die Beschäftigung von Arbeitnehmern „in Verkaufsstellen gemäß § 1 Abs 1 und 3 des Öffnungszeitengesetzes 2003“ zulässig, das sind im Wesentlichen „ständige und nichtständige für den Kleinverkauf von Waren bestimmte Betriebseinrichtungen (Läden und sonstige Verkaufsstellen)“ von Unternehmungen, die der GewO 1994 unterliegen.

Zur Abgrenzung der Begriffe Kleinverkauf und Großhandel verweist der OGH va darauf, dass beim Großhandel der Verkauf der Ware an Wiederverkäufer erfolgt und beim Kleinverkauf an nicht unternehmerisch tätige Letztverbraucher. Die Frage, ob eine Verkaufsstelle für den Kleinverkauf von Waren bestimmt ist, wird in Rsp und Lehre meist anhand bestimmter Umsatzanteile gelöst, allerdings auch unter Berücksichtigung des Zwecks der entsprechenden gesetzlichen Regelungen (vgl VfGH 11. 10. 1993, B 239/92, ARD 4525/15/94; Grabenwarter, Ladenschluss im Großhandel: Zur Geltung des § 96e Abs 4 GewO 1859, ZfV 1990, 129).

Im vorliegenden Fall konnte das Umsatzverhältnis zwischen Großhandel und Detailverkauf zwar nicht festgestellt werden. Darauf kam es aber letztlich auch nicht an, weil feststeht, dass Angestellte des Unternehmens am 8. 12. 2015 mit Verkaufstätigkeiten im Bereich des Großhandels beschäftigt wurden. Dies verletzt die Feiertagsruhebestimmung des § 7 Abs 1 ARG.

Da die Betriebseinrichtung im vorliegenden Fall auch für den Kleinverkauf von Waren bestimmt war, ist unbestritten, dass der Arbeitgeber gem § 13a ARG berechtigt war, den Laden am 8. 12. zu öffnen. Das Beschäftigen von Mitarbeitern an diesem Tag für Verkaufstätigkeiten im Bereich des Großhandels ist allerdings – auch nach Ansicht des OGH – nicht von der Ausnahmebestimmung des § 13a ARG gedeckt:

Wenn dort die Beschäftigung von Arbeitnehmern in Verkaufsstellen zugelassen wird, die für den Kleinverkauf von Waren bestimmt sind, so kann sich dies nur auf Tätigkeiten im Zusammenhang mit dieser Art von Geschäftsbetrieb beziehen und nicht auf solche, die darüber hinaus gehen oder einem anderen Geschäftsbetrieb zuzuordnen sind. Als Ausnahmerecht von Arbeitnehmerschutzbestimmungen sind die Ausnahmen von der Wochenend- und Feiertagsruhe einschränkend auszulegen; die vom Arbeitgeber angestrebte ausdehnende Auslegung hingegen widerspricht diesem Grundsatz und dem Zweck des § 13a ARG und würde dazu führen, dass sie jedem Großhändler die – vom Gesetzgeber nicht intendierte – Beschäftigung seiner Mitarbeiter auch am Feiertag erlauben würde, sofern der Einzelhandel (sei es auch noch so marginal) mit abgedeckt wird.

Beschränkungen auf Kleinhandel zumutbar

Soweit der Arbeitgeber vorbringt, die Bereiche des Großhandels und des Einzelhandels ließen sich schwer trennen, hält ihm der OGH entgegen, dass ihm jedenfalls zumutbar ist, geeignete Maßnahmen zu setzen, um am 8. 12. den Handel auf den Kleinverkauf zu beschränken. Dazu geeignet wäre etwa die vom BerufungsG beispielsweise angesprochene Maßnahme, den Zutritt an diesem Tag nur jenen Personen zu gewähren, die ein „anonymes“ Tagesticket lösen (um den Vorteil von umsatzabhängigen Bonifikationen und Naturalrabatten für gewerbliche Kunden aus dem Großhandel hintanzuhalten).

Angesichts des Fehlens von zumutbaren Maßnahmen des Arbeitgebers zur Hintanhaltung des Großhandels am 8. 12. erübrigte sich hier ein Eingehen auf die Frage der mengenmäßigen Verteilung zwischen Groß- und Detailverkauf. Diese wäre nur dann zu prüfen, wenn der Arbeitgeber trotz des Setzens zumutbarer Maßnahmen, sein Geschäft am 8. 12. auf Kleinhandel zu beschränken, noch Großhandel verzeichnen würde.

Unlautere Geschäftspraktik

Ladenschlussvorschriften sind keine wertneutralen Ordnungsvorschriften, sondern dienen auch einer unmittelbaren Beschränkung des Wettbewerbs im Bereich des Handels.

Die Rechtsverletzung des Arbeitgebers begründet einen Verstoß gegen § 1 Abs 1 Z 1 UWG. Die unlautere Handlung ist auch geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil von Unternehmen nicht nur unerheblich zu beeinflussen, weil sich der Arbeitgeber dadurch einen evidenten und nicht von der Hand zu weisenden Geschäftsvorteil gegenüber anderen Großhändlern verschafft, die sich an die gesetzliche Bestimmung halten und am 8. 12. ihre Mitarbeiter nicht beschäftigen.

Aufgrund des somit gegebenen Lauterkeitsverstoßes des Arbeitgebers bestand hier der vom ÖGB verfolgte Unterlassungsanspruch daher zu Recht.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 24167 vom 07.09.2017