News

BFG: Energieabgabenvergütung für Dienstleister ab 2011 (bis 2014)

Bearbeiter: Sabine Sadlo

EAVG § 4 Abs 7

Wird der Wegfall von Vergütungen für Energieabgaben für Dienstleistungsunternehmen auf eine Inkrafttretensregelung gestützt, die eine „Genehmigung“ der EU-Kommission vorsieht und liegen weder die Voraussetzungen der AGVO (EG) 800/2008 vor (vgl EuGH 21. 7. 2016, C-493/14, Dilly´s Wellnesshotel GmbH, da kein Verweis auf die Verordnung im Gesetz), noch eine Genehmigung der EU-Kommission aufgrund eines Anmeldeverfahrens, ist unter Beachtung des Durchführungsverbots und der unionsrechtskonformen Auslegung davon auszugehen, dass infolge fehlender Genehmigung die Regelung noch nicht in Kraft getreten ist und die Vergütung für die betroffenen Unternehmen weiterhin zusteht.

BFG 3. 8. 2016, RV/5100360/2013

Sachverhalt

Es handelt sich hier um das fortgesetzte Verfahren nach dem EuGH-Urteil vom 21. 7. 2016, C-493/14, Dilly's Wellnesshotel, siehe LN Rechtsnews 22026 vom 22. 7. 2016. Die EuGH-Vorabentscheidung (alleine) gab noch keinen Aufschluss darüber, ob nun innerstaatlich die Energieabgabenvergütung auch für Dienstleistungsbetriebe ab 1. 2. 2011 zustehe. Daher haben nun die nationalen Gerichte die Frage des Inkrafttretens der Neuregelung idF BBG 2011 zu klären und § 4 Abs 7 EAVG im Hinblick auf den Begriff der „Genehmigung“ auszulegen.

(Vorläufiges) Nichtinkrafttreten

Eine unionsrechtskonforme Auslegung führt im gegenständlichen Fall zum Ergebnis des (vorläufigen) Nichtinkrafttretens der Einschränkung betreffend Dienstleistungsunternehmen:

Da eine Grundvoraussetzung für die Freistellung von der Anmeldeverpflichtung von Anfang an nicht erfüllt und damit ein Anmeldeverfahren inklusive Genehmigung der Kommission verpflichtend ist, kann der Text des § 4 Abs 7 EAVG im Hinblick auf den Begriff der „Genehmigung durch die Europäische Kommission“ nur so verstanden werden, dass vor einer „Genehmigung im Anmeldeverfahren“ die Neuregelung nicht für die Normadressaten gilt. Da die AGVO nicht zum Zug kommt, kann sich der Begriff „Genehmigung“ nur mehr auf das Anmeldeverfahren beziehen (abgesehen davon, dass eine Veröffentlichung [des AGVO-Verfahrens; Anm] im Amtsblatt [vom 30. 9. 2011; Anm] keine Genehmigung der Kommission darstellen kann, weil die Kommission in diesem Verfahren nichts zu genehmigen hat). Dieser Rechtsansatz wird auch von der Kommission selbst vertreten, die eine „Umdeutung“ auf eine Genehmigung durch Veröffentlichung im Amtsblatt der Kommission ablehnt, weil die AGVO von vorneherein nicht greift.

Das BFG schließt sich dieser Rechtsansicht vollinhaltlich an. Es ist nach Ansicht des BFG in keiner Weise argumentierbar, von einer „Genehmigung“ der Kommission auszugehen, wenn diese selbst in ihrer Stellungnahme für den Fall des Nichtvorliegens der Voraussetzungen der AGVO das Vorliegen einer Genehmigung verneint.

Diese Rechtsansicht ist auch die angemessene Reaktion auf die Normenunklarheit, mit der § 4 Abs 7 EAVG (im Fall einer behaupteten AGVO-Kompatibilität) behaftet wäre und entspricht den Leitlinien des VfGH (umgelegt auf die Unionsrechtskonformität): Eine solche Auslegung des § 4 Abs 7 EAVG führt (ohne sprachliche Probleme) zur vorläufigen Nichtanwendung der Neuregelungen in den §§ 2 und 3 EAVG (Vergütung [ausschließlich] für Produktionsbetriebe; Anm.) und stellt den am wenigsten schädlichen Eingriff in die Rechtsordnung dar.

Eine Auslegung contra legem liegt nicht vor, weil dem Gesetz (§ 4 Abs 7 AEUV) infolge seiner Normenunklarheit nicht entnommen werden kann, dass der Begriff der „Genehmigung“ auf eine Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung Bezug nimmt. Die Maßnahme der Annahme eines Nichtinkraftretens der Regelung führt auch nicht zu einer „Ausweitung des Kreises der Beihilfeempfänger“ und verletzt damit nicht die Kriterien, die in EuGH 5. 10. 2006, C–368/04, Transalpine Ölleitung GmbH, aufgestellt wurden: Es kommt lediglich zu einer Weitergeltung der bisher allen Unternehmern zustehenden Vergütung, während im Fall EuGH C-368/04 die Energieabgabenvergütung von Unternehmen für 1996 bis 2001 beantragt wurde, denen diese Vergütung auch schon vor ihrem Antrag nicht zustand (nur in dieser Konstellation wäre es zu einer Ausweitung des Empfängerkreises gekommen).

Sowohl die Produktionsbetriebe als auch die Dienstleistungsbetriebe erhalten aufgrund der (Weiter)Geltung der Rechtslage vor dem BBG 2011 die Energieabgabenvergütung für 2011 (bis zum Inkrafttreten der neuen AGVO [VO (EU) 651/2014 vom 17. 6. 2014] – bei Einhaltung aller essentiellen Voraussetzungen; hierzu hat die österreichische Regierung darauf hingewiesen, dass in der Folge – um dem fehlenden Verweis auf die alte AGVO (EG) 800/2008 abzuhelfen – diese Durchführungsmaßnahme bei der Kommission im Laufe des Jahres 2014 nach der neuen AGVO (EU) 651/2014 angemeldet worden sei).

Hinweis: Eine Amtsrevision an den VwGH ist zulässig und wahrscheinlich. Denn ungeklärt und von grundsätzlicher Bedeutung ist die Auslegung von § 4 Abs 7 EAVG sowie die Frage, ob angesichts der EuGH-Entscheidung C–493/14 das Durchführungsverbot greift und die Regelung noch nicht in Kraft getreten ist.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 22133 vom 10.08.2016