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BFG: Sachbezugsbewertung von Vorführwagen

Bearbeiter: Sabine Sadlo / Bearbeiter: Barbara Tuma

EStG § 15 Abs 2

Sachbezugswerte-VO: § 4 Abs 6

Während die Finanzverwaltung davon ausgeht, dass die Sondernorm des § 4 Abs 6 Sachbezugswerte-VO für „Vorführkraftfahrzeuge“ (20%-Zuschlag auf die tatsächlichen Anschaffungskosten) für die Fälle gilt, in denen ein Kfz-Händler seinen Arbeitnehmern Vorführwagen zur Privatnutzung überlässt (Rz 182 LStR 2002), geht das BFG davon aus, dass sich § 4 Abs 6 Sachbezugswerte-VO auf Kraftfahrzeuge bezieht, die der Arbeitgeber von einem Kfz-Händler als rabattierte „Vorführwagen“ erworben hat und seinen Arbeitnehmern zur außerberuflichen Verwendung überlässt. Der 20%-Zuschlag dient nach Ansicht des BFG nämlich dazu, beim Vorführkraftfahrzeug auf die nicht nachweisbaren Erstanschaffungskosten des Kfz-Händlers rückzurechnen.

Keine Erhöhung der Bemessungsgrundlage für den Sachbezug gilt daher für Neufahrzeuge, die vom Kfz-Händler für Vorführzwecke angeschafft und seinen Arbeitnehmern zur Privatnutzung zur Verfügung gestellt werden. Diesfalls sind die Erstanschaffungskosten bekannt (hier: Listenpreis des Herstellers abzüglich Händlerspanne und Vorführwagenbonus) und ist in Anwendung des § 4 Abs 1 Sachbezugswerte-VO ein normaler Sachbezug von 1,5 % jener tatsächlichen Anschaffungskosten inklusive USt und NoVA anzusetzen.

BFG 15. 2. 2016, RV/7103143/2014

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist im Kfz-Handel tätig und überlässt ihren Arbeitnehmern bestimmte Neufahrzeuge zur Privatnutzung, die sie vom Hersteller/Generalimporteur erworben hat, um sie potenziellen Käufern zum Besichtigen, Probefahren, etc zur Verfügung stellen zu können (Vorführwagen). Die Arbeitnehmer unterliegen bei Nutzung dieser Fahrzeuge Einschränkungen dahingehend, als sie sich das Auto nicht aussuchen können, das Fahrzeug bei Bedarf für Probefahrten zur Verfügung stellen und jederzeit in einem verkaufsbereiten Zustand halten müssen und im Urlaub oder im Ausland nicht oder nur eingeschränkt nutzen dürfen.

Im Zuge der GPLA-Prüfung wurden diese Fahrzeuge unter den Begriff „Vorführkraftfahrzeuge“ subsummiert, der Sachbezug unter Anwendung der pauschalen Zuschlagsregelung des § 4 Abs 6 Sachbezugswerte-VO berechnet und die Beschwerdeführerin als Arbeitgeberin mit Haftungsbescheiden für die Lohnsteuer in Anspruch genommen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde bestreitet die Bf vor allem, dass § 4 Abs 6 Sachbezugswerte-VO auch auf die Mitarbeiter von Kfz-Händlern anzuwenden sei. Außerdem sei damit eine Überbewertung vorgenommen worden, weil der Sachbezugsbewertung im Ergebnis Anschaffungskosten zugrunde gelegt wurden (6,57 % unter Listenpreis), die aufgrund der üblichen und vielschichtigen Rabatte in der Autohandelsbranche über den Endkundenpreisen liegen, die die Bf tatsächlich erzielt (18,24 % unter Listenpreis).

Entscheidung

20%-Zuschlag nur nach Weiterverkauf von Vorführwagen

In seinen Entscheidungsgründen beschäftigt sich das BFG ua mit der Entstehungsgeschichte der Regelung und geht dabei bis zu den Richtlinien zur Lohnverrechnung 1989 zurück; zur Frage, wie vorzugehen sei, wenn bei einem Vorführkraftfahrzeug die Anschaffungskosten des Erstbesitzers (Autohändlers) nicht nachgewiesen werden könnten, wurde damals geantwortet: „Es bestehen keine Bedenken, wenn in derartigen Fällen in der Form auf die Erstanschaffungskosten rückgerechnet wird, dass die tatsächlichen Anschaffungskosten des Vorführkraftfahrzeugs (zuzüglich Umsatzsteuer) um 20 % erhöht werden.“ Diese Vorgangsweise wurde dann mit der Verordnung über die bundeseinheitliche Bewertung bestimmter Sachbezüge für 1992 und ab 1993, BGBl 1992/642, in eine allgemein verbindliche Norm gegossen.

Die Frage, ob § 4 Abs 6 Sachbezugswerte-VO „auch so ausgelegt werden [kann], dass auch beim Kfz-Händler selbst die tatsächlichen Anschaffungskosten der den Arbeitnehmern für Privatfahrten zur Verfügung gestellten Vorführkraftfahrzeuge um 20 % zu erhöhen sind“, wurde im Lohnsteuerprotokoll 2008, ARD 5918/12/2008, - unter Abwendung von der Auslegung des historischen Verordnungsgebers - bejahend beantwortet.

Hinweis: Im LSt-Protokoll 2009, ARD 5995/11/2009, wurde dieser Interpretationsschwenk damit begründet, dass aufgrund der günstigeren Einkaufskonditionen für Autohändler die Verordnung einen pauschalen Zuschlag auf die tatsächlichen Anschaffungskosten von 20 % vorsehe.

Das BFG schließt sich nun der Auslegung des historischen Verordnungsgebers an und hält dazu fest:

„Im vorliegenden Fall sind die Erstanschaffungskosten des Händlers bekannt. Es handelt sich um Neufahrzeuge, die vom Händler für Vorführzwecke (unter Geltendmachung des Vorführwagenbonus) angeschafft werden. Sie werden auf den Händler zugelassen und den Arbeitnehmern zur Privatnutzung überlassen.

Von einem Vorführfahrzeug ist dann auszugehen, wenn die nunmehr streitgegenständlichen Fahrzeuge an Kunden veräußert werden. Im Zeitpunkt aber, in dem die streitgegenständlichen Fahrzeuge den Arbeitnehmern zur Privatnutzung überlassen werden, liegen Neufahrzeuge vor. Der zu beurteilende Sachverhalt ist daher nach Ansicht des BFG nicht unter die Bestimmung des § 4 Abs 6 Sachbezugswerte-VO, sondern unter § 4 Abs 1 Sachbezugswerte-VO zu subsumieren.

Es sind daher der Ermittlung des Sachbezugswerts die tatsächlichen Anschaffungskosten (inklusive Umsatzsteuer und Normverbrauchsabgabe) zu Grunde zu legen.

Diese Auslegung wird auch gestützt durch den Vergleich zwischen den von der Beschwerdeführerin tatsächlich beim Verkauf von Fahrzeugen der gleichen Type erzielten Verkaufspreisen und den von der GPLA-Prüferin ermittelten Bemessungsgrundlagen. Letztere liegen signifikant über den tatsächlich im Durchschnitt erzielten Verkaufspreisen.“

Hinweis: Da § 4 Abs 6 Sachbezugswerte-VO im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung gelangt, ging das BFG nicht auf die behauptete Gesetzwidrigkeit dieser Bestimmung ein.

Nutzungseinschränkungen unbeachtlich

Dem Beschwerdevorbringen, der laufende Nutzungswert sei dadurch geschmälert, dass die Bf die Nutzungsmöglichkeit der Arbeitnehmer in wesentlichen Punkten einschränke, hält das BFG im Wesentlichen entgegen, dass mit der pauschalen Bewertung des Vorteils aus der Überlassung eines dienstgebereigenen Kraftfahrzeugs für Privatfahrten der Vorteil des Dienstnehmers aus einer Kostenersparnis erfasst werden soll (Ersparnis des Aufwands für die Kosten eines vergleichbaren Kfz; vgl VwGH 22. 3. 2010, 2008/15/0078, ARD 6053/8/2010); kein geldwerter Vorteil iSd § 15 EStG läge nach der stRsp des VwGH nur vor, wenn die Verwendung im ausschließlichen Interesse des Arbeitgebers liegt (VwGH 21. 5. 2014, 2010/13/0196).

In der Sachbezugswerteverordnung sei in keiner Bestimmung vorgesehen, dass allfällige Nutzungsbeschränkungen gesondert zu berücksichtigen sind. Außerdem sei davon auszugehen, dass das Interesse des Dienstnehmers an der Privatnutzung des Fahrzeugs das Interesse des Dienstgebers an den Vorteilen, die sich aus der Nutzungsbeschränkung für ihn ergeben, weitaus überwiegt. Auch aus diesem Grund waren die Nutzungsbeschränkungen nach Ansicht des BFG daher nicht gesondert zu berücksichtigen und es wurde ihnen im Übrigen bereits dadurch ausreichend Rechnung getragen, als die Bf bei der Anschaffung der Fahrzeuge vom Hersteller/Generalimporteur einen Bonus erhalten hatte, der bei der Ermittlung der Sachbezugswertebemessungsgrundlage berücksichtigt worden ist.

Anmerkung:

Hinsichtlich der Frage, wie der Begriff „Vorführfahrzeug“ iZm der Sachbezugswerteverordung auszulegen ist, existiert keine Rsp des VwGH, weshalb die Revision für zulässig erklärt wurde. Gegen das Urteil wurde vom Finanzamt eine ordentliche Amtsrevision beim VwGH eingebracht.

Für Gebrauchtfahrzeuge besteht grds die Sondernorm des § 4 Abs 4 Sachbezugswerte-VO, wonach für die Sachbezugsbewertung der Listenpreis im Zeitpunkt der erstmaligen Zulassung des Fahrzeugs (ohne Rabatte) maßgebend ist. An Stelle dieses Betrags können aber wahlweise die tatsächlichen Anschaffungskosten (einschließlich Rabatte) des Erstbesitzers/Kfz-Händlers nachgewiesen werden.

Sofern der VwGH die Auslegung des BFG zur Sondernorm für Vorführkraftfahrzeuge betätigt, hätte jedoch gemäß § 4 Abs 6 Sachbezugswerte-VO nach einem Weiterverkauf vom Kfz-Händler an den Arbeitgeber beim Vorführwagen als Gebrauchtwagen der besonderen Art eine Rückrechnung auf die Erstanschaffungskosten pauschal durch Erhöhung der tatsächlichen Anschaffungskosten des Zweitbesitzers/Arbeitgebers um 20 % (einschließlich USt und NoVA) zu erfolgen.

Zur CO2-Emissionswert-Grenze ab 2016 siehe ARD 6465/5/2015. (Sabine Sadlo)

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 21404 vom 06.04.2016