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Abstract
Für Abschlüsse mit Bilanzstichtag nach dem 31. 12. 2021 ist im Einzelfall zu untersuchen, ob sich der Ukraine-Krieg und seine Auswirkungen bereits im Zahlenwerk des Abschlusses niederschlagen. Darüber hinaus können Angaben im Anhang und Lagebericht bzw im Rahmen der nicht finanziellen Berichterstattung erforderlich sein.
Einleitung
Krisensituationen wirken sich vielseitig auf die Unternehmensberichterstattung aus. Der aktuelle Krieg zwischen Russland und der Ukraine hat erhebliche wirtschaftliche und finanzielle Auswirkungen auf Unternehmen. Angesichts des Vorgehens des russischen Präsidenten Putin entschied die EU, die bereits bestehenden Wirtschaftssanktionen gegen Russland1 mittels Verordnungen2 und Beschlüssen3 um restriktive Maßnahmen4 auszuweiten.
Die bilanziellen Auswirkungen des Ukraine-Krieges sind idR bereits in den Abschlüssen 2021/2022 abzubilden. Abhängig vom Bilanzstichtag und dem Tag, an dem der Abschluss aufgestellt wird, können sich unterschiedliche Rechtsfolgen ergeben.
Zu den Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf Abschlüsse mit Bilanzstichtag bis zum 31. 12. 2021 siehe die Rechtsnews 32169 vom 3. 3. 2022 von Brandstetter/Nitschinger, Bilanzielle Auswirkungen der Ukraine-Krise.
Wertaufhellung / Wertbegründung
Während der Ukraine-Krieg und seine Auswirkungen aus Sicht von Abschlüssen mit Bilanzstichtag bis zum 31. 12. 2021 ein wertbegründendes Ereignis darstellt,5 verlangen Abschlüsse mit abweichendem Geschäftsjahr sowie Zwischenabschlüsse eine einzelfallbezogene Beurteilung. Für Abschlüsse bis zum 31. 1. 2022 gelten uE dieselben Rechtsfolgen wie für Abschlüsse bis zum 31. 12. 2021, dh der Ukraine-Krieg und seine Auswirkungen sind grundsätzlich nicht im Zahlenwerk des Abschlusses zum 31. 1. 2022 zu berücksichtigen. Eine Berücksichtigung der Ereignisse in Abschlüssen, einschließlich Zwischenabschlüssen, mit Stichtag zum 28. 2. 2022 oder später ist uE jedenfalls geboten.
Sind die Auswirkungen des Ukraine-Krieges im Zahlenwerk eines Abschlusses abzubilden, können sich verschiedene Themenstellungen ergeben. Insbesondere kann eine neuerliche Überprüfung der Fortführungsfähigkeit erforderlich sein (§ 201 Abs 2 Z 2; IAS 1.25 f) sowie die Möglichkeit oder Notwendigkeit zur Durchbrechung des Stetigkeitsgrundsatzes für Ansatz und Bewertung bestehen (§ 201 Abs 2 Z 1; IAS 8.13).
Auswirkungen auf die Aktiva
Der aktuelle Krieg zwischen Russland und der Ukraine konfrontiert Unternehmen aktivseitig vor allem mit Fragen zur Bewertung ihrer Vermögensgegenstände bzw -werte. Dazu zählen ua:6
- | Der aktuelle Ukraine-Krieg wird im Regelfall dazu führen, dass die Prüfung von außerplanmäßigen Abschreibungen gem § 204 Abs 2 erforderlich ist. In den IFRS wird dadurch ein Auslöser für die Durchführung eines Wertminderungstests vorliegen. Dies betrifft insb Firmenwerte und anderes immaterielles Vermögen, Sach- sowie ggf Finanzanlagevermögen. |
- | Bei Finanzanlage- und -umlaufvermögen, welches zu beizulegenden Zeitwerten bewertet wird, sind die Auswirkungen des Ukraine-Krieges bei der Wertermittlung zu berücksichtigen (§§ 204 Abs 2 und 207 iVm 189a Z 4; IFRS 9.4.1.2A, 9.4.1.4 und 9.5.5.1 iVm IFRS 13.9). Dabei können sich durch die Sanktionen betreffend den Kapitalmarkt und Zahlungsverkehr erhebliche Auswirkungen ergeben. |
- | Der Ukraine-Krieg kann sich auf die Bewertung der Vorräte auswirken. Zum einen können Abschreibungen bspw aufgrund verminderter Veräußerungsfähigkeit oder erhöhter Lagerkosten erforderlich sein. Zum anderen können nicht aktivierungsfähige Leerkosten entstehen, sollte es zu Verzögerungen bzw Unterbrechungen in den Lieferketten kommen. (§§ 206 iVm 207; IAS 2.9 iVm .28) |
- | Durch die verhängten Sanktionen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten in den Kriegsregionen ist mit erhöhten Ausfallsrisiken zu rechnen. Diese sind bei der Bewertung des Vermögensgegenständen mit Forderungscharakter (zB allfällige Anpassung der Wertberichtigung bzw erwarteter Kreditausfälle zu Forderungen LuL) entsprechend zu berücksichtigen (§§ 204 Abs 2 und 207). Die Überlegungen gelten für die Erfassung von Umsatzerlösen in den IFRS sinngemäß. |
- | In Bezug auf aktive latente Steuern muss, insb wenn diese aufgrund von Verlustvorträgen gebildet wurden, beurteilt werden, ob zukünftig ein ausreichendes zu versteuerndes Ergebnis vorliegen wird. Bei dieser Beurteilung sind die Auswirkungen des Ukraine-Krieges zu berücksichtigen. (§ 198 Abs 9; IAS 12.24) |
Auswirkungen auf die Passiva
Der aktuelle Krieg zwischen Russland und der Ukraine äußert sich passivseitig vor allem in Bezug auf die Bildung zusätzlicher Vorsorgen in Form von Rückstellungen sowie neuer Verpflichtungen. Dazu zählen ua:7
- | Schwebende Absatz- und Beschaffungsgeschäfte mit Bezug zu den Kriegsregionen (insb Ukraine, Belarus und Russland) können die Bildung von Rückstellungen erfordern. Denkbar wären dabei Rückstellungen für drohende Verluste oder belastende Verträge, bspw infolge steigender Rohstoffpreise oder gar Exportstopps für gewisse Produkte, sowie für Vertragsstrafen, zB weil geplante Fertigstellungstermine nicht länger eingehalten werden können (§ 198 Abs 8 Z 1; IAS 37.14 iVm .66). Rückstellungen können ebenso für geplante Umstrukturierungen erforderlich sein, bspw wenn Unternehmen aus Anlass der aktuellen Situation entscheiden, mittel- bis langfristig ihre Niederlassungen in diesen Ländern aufzugeben (§ 198 Abs 8 Z 1; IAS 37.14 iVm .70). |
- | Verluste oder Vermögensschmälerungen, die ein Unternehmen durch den Ukraine-Krieg erleidet, können zum Bruch von Kreditbedingungen (Covenants) führen. Dies führt im Regelfall zu einer vorzeitigen Rückzahlungsverpflichtung, wodurch sich zwar nicht der Erfüllungsbetrag der Verbindlichkeit, aber deren Fristigkeit ändert (§ 225 Abs 6; IAS 1.69). |
- | Eventualverbindlichkeiten, insb aus Haftungsverhältnissen wie Garantien oder Bürgschaften, können schlagend werden. Diese sind sodann in der Bilanz anzusetzen (§§ 237 Abs 1 Z 2 iVm 198 Abs 1; IAS 37.27 ff). |
Wertschwankungen der Fremdwährungen
Der aktuelle Krieg zwischen Russland und der Ukraine sowie die damit verbundenen Wirtschaftssanktionen haben einen starken Absturz des russischen (RUB)8 und belarussischen (BYN)9 Rubel ausgelöst. Die ukrainische Währung (UAH)10 verlor gegenüber dem Euro ebenso an Wert. Diese Wertschwankungen wirken sich auf die Bewertung der Aktiva und Passiva aus und es ist damit zu rechnen, dass vermehrt Fremdwährungsverluste realisiert werden. (AFRAC 38: Währungsumrechnung (UGB) (Dezember 2020); IAS 21)
Nächste Schritte
Diese und weitere Auswirkungen des aktuellen Krieges zwischen Russland und der Ukraine, insb auf die Konzernrechnungslegung, werden ausführlich in Brandstetter/Nitschinger, Bilanzielle Auswirkungen des Ukraine-Krieges, RWZ 3/2022 (in Erscheinung) aufgezeigt.
Das IDW hat die Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die Rechnungslegung zum Stichtag 31. 12. 2021 und deren Prüfung ausführlich in einem fachlichen Hinweis erörtert. Eine vergleichbare Stellungnahme ist von Seiten des AFRAC zu erwarten.
Vgl VO (EU) 833/2014 ABl L 229/1; Beschluss 2014/512/GASP ABl L 229/13.
Vgl Durchführungs-VO (EU) 2022/260 ABl L 42 I/3; VO (EU) 2022/328 ABl L 48/1; VO (EU) 2022/334 ABl L 57/1.
Vgl Beschluss (GASP) 2022/266 ABl L 42 I/109; Beschluss (GASP) 2022/335 ABl L 57/4.
Der aktuelle Stand der EU-Sanktionsmaßnahmen gegen Russland und die besetzten Gebiete Donezk und Luhansk ist auf der WKO-Website, Außenwirtschaft Austria, abrufbar und wird von der WKO regelmäßig aktualisiert.
Vgl dazu ausführlich in der Rechtsnews 32169 vom 3. 3. 2022 von Brandstetter/Nitschinger, Bilanzielle Auswirkungen der Ukraine-Krise; zustimmend auch das IDW in einem fachlichen Hinweis vom 8. 3. 2022, veröffentlicht auf der IDW-Website (abgerufen am: 8. 3. 2022).
Vgl sinngemäß AFRAC-Fachinformation: COVID-19 (März 2021) Rz 30.
Vgl sinngemäß AFRAC-Fachinformation: COVID-19 (März 2021) Rz 31.
Vgl den aktuellen Wechselkurs EUR : RUB auf der Website der Europäische Zentralbank (abgerufen am 4. 3. 2022).
Vgl den aktuellen Wechselkurs EUR : BYN auf der Website finanzen.at (abgerufen am 9. 3. 2022).
Vgl den aktuellen Wechselkurs EUR : UAH auf der Website der Wiener Börse (abgerufen am 9. 3. 2022).