News

BMF: Primäre Vorschreibung der KESt an ausschüttende Körperschaft

Bearbeiter: Birgit Bleyer

BMF 5. 10. 2015, BMF-010203/0276-VI/1/2015

EStG: § 95 Abs 4 Z 1 und § 100 Abs 3 - Für die Einbehaltung und Abfuhr der KESt haftet dem Bund gem § 95 Abs 1 EStG der Abzugsverpflichtete; Abzugsverpflichteter ist in Fällen von verdeckten Ausschüttungen die ausschüttende Körperschaft.

Durch das StRefG 2015/2016, BGBl I 2015/118, LN Rechtsnews 20063 vom 17. 8. 2015, wurden § 95 Abs 4 Z 1 und § 100 Abs 3 EStG dahin gehend ergänzt, dass die Vorschreibung der KESt bzw der Abzugsteuer an den Empfänger der Kapitalerträge ausnahmsweise dann zu erfolgen hat, wenn die Haftung des Abzugsverpflichteten nicht oder nur erschwert durchsetzbar ist.

Unter Berücksichtigung der Änderungen durch das StRefG 2015/2016 und der Rsp des VwGH wurde nun eine neue BMF-Information zur Vorgehensweise bei der Vorschriebung der KESt veröffentlicht, der ua folgende wichtige Punkte zu entnehmen sind:

Haftung der ausschüttenden Körperschaft für KESt bzw Abzugsteuer

Folgende Umstände sprechen ua für eine vorrangige Haftungsinanspruchnahme des Abzugsverpflichteten:

-Wenn die Einbringlichkeit bei der Körperschaft nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, spricht die Verwaltungsökonomie für eine Haftungsinanspruchnahme. Verdeckte Ausschüttungen werden idR im Zuge einer Außenprüfung festgestellt. Es entspricht den Grundsätzen einer sparsamen Verwaltung, wenn im Zuge des Verfahrens beim Abzugsverpflichteten, in dem der Sachverhalt entdeckt, gewürdigt und vorgehalten wird, die Vorschreibung der Abgabe erfolgt. Auch wenn mehrere Empfänger der Kapitalerträge vorliegen, kann die Haftungsinanspruchnahme zweckmäßiger sein.
-Das Verschulden der ausschüttenden Körperschaft an der nicht vorschriftsmäßigen Kürzung der Kapitalerträge ist auch in die Ermessenserwägung miteinzubeziehen.
-Auch die erschwerte Durchsetzbarkeit der KESt beim Steuerschuldner ist ein Umstand, der in die Ermessensentscheidung einbezogen werden kann.

Direktvorschreibung an Steuerschuldner

Beispiele für eine nicht durchsetzbare Haftung sind:

-die Vollbeendigung einer Gesellschaft oder die Löschung einer Gesellschaft nach § 39 und § 40 FBG sowie
-eine fehlende und nicht feststellbare (Zustell-)Adresse.

Beispiele für eine erschwerte Durchsetzbarkeit der Haftung sind:

-mangelndes Vermögen zur Begleichung der Haftungsschuld,
-erfolglose Einbringungsversuche der gesamten oder eines Teils der Haftungsschuld oder
-die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Haftungsschuldners.

Bevor daher die KESt dem Steuerschuldner vorgeschrieben werden kann, ist zu prüfen, ob bei der (potenziell) haftenden Gesellschaft die Haftung nicht oder nur erschwert durchsetzbar wäre bzw ist.

Die Inanspruchnahme des Steuerschuldners ist somit ausgeschlossen, wenn von vornherein feststeht, dass die Durchsetzung der Haftung beim Abzugsverpflichteten ohne Probleme möglich ist. In solchen Fällen ist die KESt mittels Haftungsbescheid dem Abzugsverpflichteten vorzuschreiben. Die Frage des Auswahlermessens stellt sich in einem solchen Fall nicht, weil die einzige Möglichkeit der Vorschreibung der KESt die Haftungsinanspruchnahme nach § 95 Abs 1 EStG 1988 ist.

Ist die KESt (zur Gänze oder zum Teil) beim Abzugsverpflichteten erschwert durchsetzbar, rechtfertigt dieser Umstand die ausnahmsweise Direktvorschreibung der KESt. Worauf sich die Annahme der erschwerten Durchsetzbarkeit der KESt beim (pot.) Haftungspflichtigen gründet, ist im Bescheid zu begründen. Damit erfolgt auch die vom VwGH geforderte Auseinandersetzung der Abgabenbehörde mit der Frage, wem die KESt vorzuschreiben ist (Auswahlermessen).

Die DBA-Entlastungsverordnung (BGBl III 2005/92) kommt bei der Direktvorschreibung gem § 95 Abs 4 Z 1 EStG 1988 bzw § 100 Abs 3 Z 1 EStG 1988 in Analogie zur Vorschreibung an den Abzugsverpflichteten bzw dem Schuldner der Abzugsteuer zur Anwendung.

Steuersatz

Verdeckte Ausschüttungen zählen zu den sonstigen Bezügen iSd § 27 Abs 2 Z 1 EStG 1988 und unterliegen gem § 27a Abs 1 EStG dem besonderen Steuersatz von 25 % (ab 1. 1. 2016 von 27,5 %).

Wird die KESt vom Abzugsverpflichteten übernommen, stellt diese Übernahme einen weiteren Vorteil dar und es ergibt sich somit eine rechnerische Steuerbelastung von 33,33 % (ab 1. 1. 2016 von 37,93 %). Stellt sich nach Haftungsinanspruchnahme des Abzugsverpflichteten heraus, dass die KESt bei diesem nicht oder nur erschwert durchsetzbar ist, kann die KESt gem § 95 Abs 4 Z 1 EStG 1988 auch dem Steuerschuldner („zusätzlich“) vorgeschrieben werden.

Die Direktvorschreibung der KESt beim Steuerschuldner hat aber in jedem Fall mit dem besonderen Steuersatz von 25 % (ab 1. 1. 2016 mit 27,5 %) zu erfolgen, auch wenn aufgrund der Annahme, dass die KESt vom Abzugsverpflichteten getragen wird, die Haftungsinanspruchnahme eine rechnerische Steuerbelastung von 33,33 % (ab 1. 1. 2016 von 37,93 %) ergeben hat. Durch die Haftungsinanspruchnahme der abzugsverpflichteten Gesellschaft und der Direktvorschreibung der KESt beim Steuerschuldner wird ein Gesamtschuldverhältnis begründet. Wird die KESt vom Empfänger der Kapitalerträge im Zuge der Direktvorschreibung der KESt bezahlt, so hat dieser insoweit keinen weiteren Vorteil aus der (gewollten) Übernahme der KESt des Abzugsverpflichteten erhalten.

Die Bezahlung der KESt durch den Steuerschuldner selbst stellt in Bezug auf die Haftungsinanspruchnahme ein rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO dar, weil somit ein weiterer Vorteil durch die Übernahme der KESt durch den Abzugsverpflichteten nicht stattgefunden hat. Der Haftungsbescheid ist insoweit gem § 295a BAO zu ändern (die KESt-Haftungsinanspruchnahme zu reduzieren).

Hinweise:

Die neue Rechtslage (§ 95 Abs 4 Z 1 EStG 1988 bzw § 100 Abs 3 Z 1 EStG 1988) ist in Bezug auf die Direktvorschreibung der KESt bzw der Direktvorschreibung der Abzugsteuer ab 15. 8. 2015 anzuwenden. Für bereits mittels Bescheid festgesetzte KESt bzw Abzugsteuer kommt die Änderung nicht zur Anwendung.

Der Volltext der neuen BMF-Info ist unter Eingabe der oben genannten Geschäftszahl unter https://findok.bmf.gv.at/findok abrufbar.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 20353 vom 07.10.2015